Die Grundrente war lange Zeit eines der heikelsten Projekte der aktuellen Bundesregierung. Obwohl sie im Koalitionsvertrag vorgesehen war, drohte an ihr die große Koalition zu scheitern. Dabei war allen Beteiligten klar: Wer lange in die Rentenkasse eingezahlt hat, dessen Rente soll über das Grundsicherungs-Niveau gehebelt werden. Jedoch wollte die Union eine Bedarfsprüfung, die Sozialdemokraten hingegen die Rente unabhängig von der Bedürftigkeit auszahlen. Erst nach monatelangem Streit und gegenseitigen Drohungen fand man im November 2019 einen Kompromiss.

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Nun hat das Bundeskabinett den Gesetzentwurf von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) verabschiedet. Ab dem 1. Januar 2021 sollen bis zu 1,3 Millionen Rentnerinnen und Rentner von der neuen Regelung profitieren. Ein Großteil davon dürften Frauen sein. Sie erreichen in der Rentenkasse oft die 45 Beitragsjahre für den vollen Rentenanspruch nicht, weil sie ihre Arbeit für die Kinder oder Pflege Angehöriger unterbrochen haben. Auch arbeiten sie oft in Teilzeit, so dass sie grundsätzlich einen niedrigeren Rentenanspruch erwerben. In Deutschland erhalten Frauen im Schnitt 26 Prozent weniger Rente als Männer, wie eine Studie der Universität Mannheim und der niederländischen Tilburg University ergab. Hochgerechnet auf 15 Jahre Rentenbezug fehlten Frauen im Schnitt rund 25.000 Euro Altersrente.

Finanziert werden soll die Rente durch Steuermittel, da die Bekämpfung von Altersarmut eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sei. Im Startjahr 2021 solle die Grundrente Kosten in Höhe von rund 1,3 Milliarden Euro verursachen. Bricht man diesen Betrag auf einen einzelnen Empfänger herunter, bekäme jeder Rentner mit Anspruch auf Grundrente rund 83 Euro im Monat zusätzlich.

Grundsätzlich solle es erst dann den vollen Anspruch auf Grundrente geben, wenn der oder die Versicherte 35 Beitragsjahre in die Rentenkasse eingezahlt hat. Es darf einerseits für die Dauer der maßgebenden Jahre durchschnittlich nicht unter 30 Prozent des jährlichen Durchschnittseinkommen aller Versicherten liegen und 80 Prozent nicht übersteigen. Die Werte lagen anno 2019 zwischen knapp 972 und 2.593 Euro brutto. Zudem solle eine Gleitzone erlauben, dass auch jene von einer höheren Rente profitieren, die zwischen 33 und 35 Jahren in die Rentenkasse eingezahlt haben. Dabei werden neben Rentenbeiträgen aus Beschäftigung auch solche aus Kindererziehung und Pflege anerkannt.

Die volle Grundrente erhalten alleinstehende Ruheständler, wenn ihr monatliches Einkommen 1.250 Euro nicht überschreitet. Bei Paaren gilt ein monatlicher Einkommensfreibetrag in Höhe von 1.950 Euro. Einkommen über dieser Grenze sollen zu 60 Prozent auf die Grundrente angerechnet werden. Freibeträge soll es darüber hinaus für die Bezieher von ergänzenden Grundsicherungs-Leistungen sowie Wohngeld geben. Denn Empfängerinnen und Empfänger dieser Sozialleistungen hätten im schlimmsten Fall mit der Grundrente keinen Cent mehr in der Tasche, wenn sie auf die Grundsicherung angerechnet wird. Es wird ein Freibetrag von 100 bis maximal 216 Euro geplant.

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Mit Blick auf die lange debattierte Bedarfsprüfung hatten Union und SPD im Vorfeld einen Kompromiss erzielt. Der Gang zum Sozialamt soll den Rentnern damit erspart bleiben, wenn sie Grundrente beantragen. Demnach wird es keine Vermögensprüfung geben. Geschaut wird aber, welches Einkommen die Betroffenen inklusive ihrer Ehegatt*innen erzielen. Dabei sollen neben Mieten und Pensionen auch Einnahmen aus privater Altersvorsorge herangezogen werden.

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