Versicherungsmaklergesetz – brauchen Versicherungsmakler das?

Meine These lautet: Nein, Versicherungsmakler benötigen kein Versicherungsmaklergesetz. Viel notwendiger wäre m.E. eine "kleine" Änderung von § 6 Abs. (6) Versicherungsvertragsgesetz (VVG). Allerdings hätte diese "kleine" Änderung erhebliche Auswirkungen.

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Versicherungsvertragsgesetz (VVG) § 6 Abs. (6) – kleine Änderung, aber große Auswirkung

In Absatz § 6 Abs. (6) VVG haben (nach meiner persönlichen Auffassung) die Lobbyisten der Versicherer erfolgreich verhindert, dass dort zwei Worte Eingang finden. Es handelt sich um die zwei Worte "oder betreut". Unter Einfügung dieser Worte würde der Gesetzestext nämlich lauten:

"Die Absätze 1 bis 5 sind auf Versicherungsverträge über ein Großrisiko im Sinn des § 210 Absatz 2 nicht anzuwenden, ferner dann nicht, wenn der Vertrag mit dem Versicherungsnehmer von einem Versicherungsmakler vermittelt oder betreut wird ...".

Wegen der fehlenden zwei Worte "oder betreut" gilt in Bezug auf die Betreuung § 6 Absatz (4) VVG. In diesem Absatz (4) wiederum ist der Versicherer zur Vertragsbetreuung auch während der Laufzeit des Vertrages verpflichtet. Dazu darf/muss er dann aber eben auch einen Ansprechpartner benennen.

Die Folge von zwei fehlenden Worten

Weil das Betreuungsverhältnis des Maklers im VVG nicht explizit genannt wird, blieb auch dem BGH in einem jüngsten Urteil keine weitere Möglichkeit als festzustellen, dass der Vertreter des Versicherers benannt werden darf/muss, obwohl der Vertrag durch Kundenwunsch (Bestandsübertragung) eigentlich von einem Makler betreut wird. Dies wiederum führt dazu, dass der Versicherer nur dann keinen eigenen Vertreter benennen darf, wenn der Vertrag ursprünglich von einem Makler vermittelt wurde. Auf Versicherungsbote gibt es dazu auch einen Artikel.

Das Fehlen der Worte "oder betreut" macht das eigentliche "Gelämmer" der Makler deutlich. Makler und Kunden haben derzeit keine gesetzliche Handhabe gegen die Versicherer, wenn sich der Kunde für eine Vertragsbetreuung durch einen Versicherungsmakler entscheidet.Dies gilt für die Nennung des Betreuers ebenso wie auch in Sachen Courtage, denn die finale Auswirkung besteht darin, dass durch die fehlenden Worte "oder betreut" der Makler vom Versicherer ggf. lediglich als Korrespondenzmakler akzeptiert werden muss. Dies bedeutet im Ernstfall, dass der Makler ohne Entlohnung für den Kunden tätig werden müsste. Es versteht sich von selbst, dass dies kein haltbarer Zustand ist; sowohl für die Kunden, wie auch für die Makler.

Eines Maklergesetzes bedarf es mithin nicht, sehr wohl aber der oben beschrieben Änderung des § 6 Absatz (6) VVG durch Einfügen der zwei Worte "oder betreut". Eine m.E. weiter erforderliche Änderung des VVG wird von mir - nach Erläuterung der entsprechenden Problematik - nachfolgend noch angesprochen. Zuvor jedoch:

Hinweis zur Umfrage von Herrn Toka

Eine der Fragen dort lautet, ob Versicherer verpflichtet werden sollen mit Versicherungsmaklern zumindest als Korrespondenzmakler zusammenzuarbeiten, wenn der Versicherungsmakler die Betreuung eines Vertrags übernommen hat. Mein Hinweis hierzu lautet, dass dies bereits gerichtlich zugunsten der Makler entschieden ist. Allerdings: Alle gerichtlichen Versuche die Versicherer, weitergehend auch zur Zahlung der Courtage für die Betreuung der Verträge zu verpflichten, sind dagegen bisher gescheitert. Die Ursache liegt m.E. an der vorstehend aufgeführten Problematik der zwei fehlenden Worte in § 6 Abs. (6) VVG.

Offenlegung der Vergütung?

Es ist in Deutschland Usus, dass die Versicherer mit der Prämie des Versicherungsnehmers auch die Vergütung der Versicherungsvermittler (nicht nur der Versicherungsmakler) einziehen. Eine Aufteilung der Prämie findet derzeit nicht statt. Eine Aufteilung der Prämie ist (außer im Bereich der Versicherungsanlageprodukte, die hier nicht Thema sein sollen) auch nicht erforderlich. Dies liegt darin begründet, dass der Verbraucher bei einer Risikoprämie nur am zu zahlenden Endpreis ein berechtigtes Interesse haben kann.

Die Prämien für die Absicherung eines reinen Risikos können mithin ähnlich gestaltet sein wie im übrigen Handel, denn der Käufer von 100 Gramm Leberwurst entscheidet gewöhnlich nach Qualität und Endpreis, ob ihm das Händler-Angebot angenehm ist. So verhält es sich auch bei reinen Risikoprodukten der Versicherungswirtschaft. Zu nennen wären als reine Risikoprodukte z.B. Risikolebens-, Berufsunfähigkeits- oder Unfallversicherungen ohne Sparanteil, Privathaftpflicht-, Hausrat-, Wohngebäude- und Kfz-Versicherungen etc.).

Courtagehöhe

Eine weitere Frage von Herrn Toka in seiner Umfrage bezieht sich darauf, ob es einheitliche Courtagen geben soll. Eine solche Regelung würde m.E. in den freien Wettbewerb eingreifen, denn schließlich verhandeln hier zwei Kaufleute miteinander (Versicherer/Makler).

Pflicht zur Courtagezusage

Weitergehend wird in der Umfrage von Herrn Toka das Thema Courtagezusage thematisiert. Gefragt wird, ob Versicherer verpflichtet werden sollen, Versicherungsmaklern eine Courtagezusage zu erteilen. Ein solches Vorgehen ist m.E. ebenfalls nicht möglich, da auch mit einer solchen Regelung in den freien Wettbewerb eingegriffen werden würde.

Was m.E. jedoch möglich erscheint ist eine gesetzliche Regelung, die Versicherer verpflichtet, dem Makler eine zumindest durchschnittliche Betreuungscourtage bzw. die bisher an den Ursprungsvermittler gezahlte Betreuungsvergütung auch ohne Courtagezusage zu zahlen. Abschlussvergütungen für Mehrjahresverträge sind dabei auf die Laufzeit umzurechnen. Vorstehendes soll für den Fall gelten, dass der Versicherungsnehmer fortan die Betreuung durch einen Versicherungsmakler wünscht, der Versicherer seinerseits aber keine Courtagezusage mit dem Makler schließen möchte, weil er im Bereich des Neugeschäftes nicht mit Versicherungsmaklern zusammenarbeitet.

Auch dazu bedarf es m.E. der schon anfangs angesprochenen zwei Worte "oder betreut" in § 6 Abs. (6) VVG. Hinzu käme eine Klarstellung in der Begründung zum Gesetz bzw. eine entsprechende Durchführungsbestimmung. In dieser müsste - zur Auslegung des dann geänderten § 6 Abs. (6) VVG - die Zahlungspflicht der Versicherer zur Courtage für durch Versicherungsmakler übernommene Bestände geregelt sein. Dass folglich auch § 6 Abs. (4) VVG angepasst werden müsste, versteht sich von selbst.

Kundeninteresse ist entscheidend für ernsthaften Verbraucherschutz

Abschließend will ich anmerken, dass es am Ende um den Verbraucherschutz an sich geht. Da die Vergütung der Versicherungsvermittler in der Prämie des Verbrauchers enthalten ist, ist letztlich nicht der Verbraucher, sondern der Versicherer Herr darüber, wem er diese Vergütung auskehren möchte. Dies ist in Sachen Verbraucherschutz ein unhaltbarer Zustand. Denn selbst wenn der Verbraucher eine Betreuung durch einen Versicherungsmakler wünscht, kann diese Betreuung daran scheitern, dass der Versicherungsmakler durch den Versicherer nur als Korrespondenzmakler ohne Vergütung akzeptiert wird. Der Versicherungsmakler müsste in diesem Fall eine kostenlose Betreuung vornehmen, was kaufmännisch nicht tragbar ist. Alternativ müsste der Verbraucher seinen Versicherungsmakler zusätzlich bezahlen, was m.E. jedoch zumindest den Begriff eines „Missstandes“ erfüllen würde, da die Vermittler-Vergütung in der Prämie bereits enthalten ist.

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Fazit: In Anbetracht dessen bedarf es m.E. keines Maklergesetzes, sehr wohl aber der beschriebenen Änderungen des § 6 Absatz (6) VVG durch einfügen der zwei Worte "oder betreut" zuzüglich der vorstehend beschriebenen Durchführungsbestimmungen und Folgeänderungen involvierter Gesetzestexte.

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