Dabei sei das größte technische Hindernis, dem Computer Situationen "beizubringen", die man im Stadtverkehr erlebt. Guido Reinking, Chief Editor bei House of New Mobility ging sogar so weit, zu behaupten: "Der Mensch ist eigentlich gar nicht in der Lage, ein Fahrzeug zu fahren, weil er so viele Dinge gleichzeitig tun muss."

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Die Hummel kann eigentlich nicht fliegen und der Mensch eigentlich nicht fahren

Aber dann geht es doch, denn vieles geschieht intuitiv, wie das Schalten der Gänge oder das Blinken vor dem Abbiegen. Zwar ist der Computer viel stärker zu Multitasking fähig als Menschen. "Aber er muss auch viel lernen, was wir aus unserer Alltagserfahrung wissen. Zum Beispiel, wenn ein Ball auf die Straße rollt, weiß ein Mensch, es könnte ein Kind hinterher laufen - wir wissen das, der Computer nicht, der hat keine Alltagserfahrung."

Goslar Diskurs 2016 Podiumsdiskussion

Dr. Thomas Funke, Rechtsanwalt für Wettbewerbs- und Produkthaftungsrecht, sagt: Wir kommen dahin, dass wir dem Auto das Fahren in unkomplizierten Situationen anvertrauen können. Der Mensch muss aber in absehbarer Zeit noch in der Lage sein und bleiben, selbst die Kontrolle jederzeit wieder zu übernehmen. Das heißt, der menschliche Fahrer sei nach aktueller Rechtslage noch zwingend nötig, er muss das Fahrzeug jeder Zeit beherrschen können oder jedenfalls die Kontrolle kurzfristig wieder zurück übernehmen können.

Autonom fahren - autonom haften? Gesetzgeber muss Haftungsfragen klären

Alles andere müsste der Gesetzgeber erst einmal regeln. Zum Datenschutz sagte Funke, der Verbraucher müsse gefragt werden, solange es um seine personenbezogenen Daten ginge. Und er, der Verbraucher, solle sich bewusst machen, dass er widersprechen könne. Funke betonte, dass er auf stärkere Sanktionen hoffe, wenn es zu Datenrechtsverletzungen käme.

Werner Hülsmann als Datenschutzexperte pflichtete Funke bei. Fahrdaten seien überaus sensibel: UBA beispielsweise konnte anhand von Fahrdaten herausfinden, ob jemand fremdgeht. Da stellt sich die Frage, wer darf auf diese Daten zu welchen Zwecken zugreifen? Wenn es ein persönliches Fahrzeug ist, dann sind alle Fahrten zuordenbar, es ergeben sich umfassende Bewegungsprofile.

Sicherheit der Daten vernachlässigt

Das sei ein sehr hohes Risiko, so Hülsmann, weil Hersteller dieser Systeme sich bisher um Sicherheit sehr wenig gekümmert hätten. In Tests wurde gezeigt: Man kann in die Systeme autonomer Fahrzeuge eingreifen, sie manipulieren, fremdsteuern. Hülsmann fordert deshalb, Auto- und Komponentenhersteller müssten noch viel tun, bis das Auto ohne Lenkrad zum Alltag auf der Straße gehört. Er fordert zertifizierte Sicherheit und die Erfüllung von IT-Standards.

Weniger Unfälle, weniger Schäden - steht das Geschäftsmodell Kfz-Versicherung vor dem Aus? Klaus Jürgen Heitmann, Vorstandsmitglied der Huk-Coburg, sagt: Nein, diese Sorge habe er noch nicht. Doch beschäftige man sich bereits intensiv mit dem Thema, denn irgendwann werden doch Wirkungen spürbar sein.

Unfälle gibt es immer

Aktuell ereigneten sich aber mehr Schäden auf den Straßen - trotz vieler bereits eingebauter Systeme in den Autos. Auf die nächsten fünf Jahre sei das autonome Fahrzeug keine Bedrohung für die Kfz-Versicherung. Und bis dahin wisse man, wie man damit umgeht. Wie man mit den erhobenen Fahrdaten umgeht, was die Tariferstellung angeht, probt man bereits. Wenn es dann soweit ist, dass Autonomes Fahren zur Serienreife gereift ist, werden Autoversicherer auch hochautomatisierte Fahrzeuge versichern und völlig neue Ansätze im Tarifbereich anbieten. Beispielsweise "Pay as you drive".

Goslar Diskurs 2016 Reportage

Gerhard Steiger, Vorsitzender des Bereichsvorstandes Chassis System Control, Robert Bosch Gmbh, findet autonome Fahrzeuge sicherer als menschlich gesteuerte, wenn sie erst einmal richtig funktionieren. Weil sie in jeder Situation aufmerksam sind, denn die elektronisches Systeme haben keinen Biorhythmus, sie fallen nicht in Sekundenschlaf. Auch ein Blick auf die Unfallstatistik zeige: Tödliche Unfälle sind darauf zurück zu führen, das Menschen Fehler machen. Wer macht die meisten Fehler? Genau. Die Jungen und die Alten.

Kfz-Versicherung: Neue Märkte, neue Zielgruppen

Das autonome Fahren erschließe also auch neue Märkte und Zielgruppen, sagte Reinking. Gerade junge Menschen zahlten doch bislang wahnsinnig hohen Versicherungsbeiträge, wenn sie ein Fahrzeug besitzen und versichern wollen. In Reinkings Schlussfolgerung kommt die neue Technologie den jungen Menschen, die in der Regel sehr aufgeschlossen gegenüber diesen neuen Technologien seien, zugute.

Guido Reinking sagte im Hinblick auf weitere Zielgruppen des autonomen Fahrzeugs: Das seien auch alte Menschen, die im Straßenverkehr nicht mehr so gut sehen, nicht mehr so gut reagieren können und die leicht abgelenkt werden. Für sie sei das autonome Fahrzeug extrem wichtig, um individuell mobil zu bleiben. Neben den ganz Jungen werden also auch die Älteren zu einer Kernzielgruppe der Automobilindustrie.

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Aber innerhalb der nächsten fünf bis zehn Jahre werde es keine autonomen Autos in der Stadt zu sehen geben. Eher erst einmal nur auf Autobahnen, weil das ein vergleichsweise übersichtlicher Verkehrsraum ist. Und danach dann vielleicht auf der Landstraße. Bis das führerlose Auto sich sicher im Stadtverkehr bewegen kann, dauert es laut Reinking aber bestimmt noch 15-20 Jahre. Genug Zeit, alles perfekt auszutüfteln.

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