Ein Twitter-Konto hat die @AxaDeutschland schon, aber seit 2010 nichts getwittert. Und den Twitterboom seit 2010 bisher verschlafen. Nun ein neuer Anlauf. Im Großen, im ganz Großen. Global sozusagen. Der Axa-Konzern, Europas Versicherer Nummer zwei nach der Allianz, meldet auf seiner französischen Presseseite die Geburt seiner neuen Firma namens Kamet. Das Unternehmen wird mit 100-Millionen Euro ausgestattet und werde ein „Insurtech-Unternehmen“. Neu Begriffe helfen, Verwirrung zu nähren. Mit 100 Millionen Euro Mitgift soll Kamet neue Fin-Töchter zur Welt bringen und mit Geld ausstatten, die für Axa abseits eingefahrener Pfade (disruptiv halt) neue Produkte und Dienste (er)finden.

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FinTechs sägen am Kundenzugang und an Beständen

Damit ist Kamet, recht verstanden, mehr als nur eine Denkfabrik. Es ist eher gar keine. Eher soll das Unternehmen junge kreative Gründerinnen und Gründer wohl bei deren kreativem Denken wirtschaftlich unterstützen. Offenbar einem Fortschrittsdenken (und handeln), zu dem der Axa-Konzern selbst nicht in der Lage ist, könnte man fürchten. Versicherungsbote-FinTech-Experte Dominik Groenen sieht es so. Mit der noch recht frischen 100-Millionen-Meldung vom 7. September für kommende Axa-Gründer konfrontiert sagt er: „Die Axa müsste doch nur einmal nachsehen, an welchen Ästen die FinTechs zurzeit sägen. An neuen Kundenkontakten und alten Pfründen der Versicherer, vulgo Bestands-Provisionen“.

Bestandsschmuser, Bestandspiraten oder „Schweinestecher“

„Genau diese Zugangskanäle der Startups würde ich buchstäblich zuschütten. Für Neukunden attraktiver werden, werben und viral via Social Media anfangen zu kommunizieren. Dann erledigen sich auf absehbare Zeit Bestandsschmuser, die in der App lauern“. Mit letzteren meint Groenen FinTech und Apps, die über eine App oder eine (nach Turnvater Jahn) frisch, fromm, fröhlich freie Webseite als eine Art „Makler light“ versuchen, dem Klassik-Makler Bestands-Courtagen abzugraben.

App-Werbung bekämpfen

„Schweinestecher und Bestandspiraten am Markt mit Marktmitteln bekämpfen“, sagte zu der seiner Meinung nach unweidmännischen Art der Kundenwerbung kürzlich ein Makler, der zunehmend von FinTechs app-zuwerbende Kunden über den in seinen Augen Nicht-Service von Clark, Friendsurance (beide Makler) informieren muss. Doch! Die Kunden des genannten Maklers, sei seinen Namen hier nicht geschrieben sehen will, finden die „Komfort-Apps“ (ein Zitat seines Kunden) gut.

Axa Labs und mehr

Nicht gut finden seine Kunden aber, sagt er, und das erkennen nach den oft verworrenen Angaben der FinTech-Apps im Kleingedruckten zu wenige Kunden, meint auch der Makler, dass FinTechs nur „sparsamen“ Service liefern, gegenüber dem Versicherungsboten. Und Axas neue Kamit? Der neue 100 Millionen Euro schwere Brüter wird nach Angaben von Axa-Konzernchef Henri de Castries „neben der Kooperation der AXA-Labs in San Francisco und Shanghai sowie dem globalen AXA Strategic Ventures Programm einen weiteren Pfeiler unserer Strategie bilden, und dafür sorgen, dass AXA sich im Ökosystem der Insurtech positionieren kann“, heißt es in schwer verschwurbeltem Marketing-Englisch; hier mit Sorgfalt eingedeutscht.

Und das deutsche Axa Labor?

Kamet startet am 1. Januar 2016, an seiner Spitze stehe dann Stéphane Guinet, bisher Chef von AXA Global Direct, berichtet der Konzern. In Deutschland drückt die Axa inzwischen auch auf Twitter auf das Gaspedal @AxaLab. Nicht für Verbraucher, der Account spricht international, also englisch, doch für die FinTech-Gemeinde, pardon Community mit seiner Affinität für technische Novationen. An diesem Mittwoch berichtete der Twitter-Kanal von der aktuellen Produktshow von Apple.

Und dann gibt es noch einen Axa Innovation Campus, der mit solchen Aufforderungen an die innovative Gemeinde, pardon Community aufwartet:

„Finde innovative Wege, um einen kontinuierlichen Datenloop zum Kunden zu etablieren und daraus neue Erkenntnisse zu generieren. Ziel ist es, einen proaktiveren Kundenservice zu leisten, Risiken schneller und präziser bestimmen und den Versicherungsbetrug eindämmen bzw. identifizieren zu können.“

Blablameter.de, ein Textprüfportal, stets auf wissenschaftlicher Basis um die Reinhaltung und Ausdruckskraft der deutschen Sprache bemüht, gibt diesem Text folgendes Urteil:

Insgesamt wartet der Axa Campus mit fünf, sprachlich für neuzeitliche Verhältnisse bemerkenswert sperrig bemüht erklärten, Innovationsfeldern auf, die Startups demnächst bedecken mögen.

Nach einen Rundruf in der Versicherungsbote-Gemeinde (wir nennen sie bei Versicherungsbote wirklich so: Gemeinde, nicht Community) an diesem Mittwoch nach der Axa-Pressemeldung, meldete sich bei Versicherungsbote ein Axa-gelittener Startup-Unternehmer mit, wie er sagt, addiert mehr als 40 Jahren und durch Fachpersonen in seinem Unternehmen gebündelter Erfahrung im Versicherungswesen und erzählt seine konkreten Erlebnisse mit Axa und deren Campus – und dessen Innovationsbereitschaft. Wohl nicht repräsentativ, aber recht deutlich:

Monsieur de Castries. Wer ist Thomas Schlenkhoff?

„Ich hatte eine Geschäftsidee, wie man Bestandskunden hält und neue Kunden gewinnt. Diese Idee meldete ich Axa Campus. Konkret sprach ich im Anschuss mit einem so genannten Investment-Manager der AXA. Anschließend habe ich alle Unterlagen aufbereitet und an AXA-Campus geschickt. Das Ergebnis war: keines. Keine Reaktion. Aber statt Axa selbst meldet sich ein Herr Thomas Schlenkhoff.“

Axa: „Null Kompetenz“

Thomas Schlenkhoff, so berichtet der ungenannt bleiben wollende Startup-Unternehmer, ist wohl eine Art strategischer Berater beim AXA Campus, „da Axa selbst null Kompetenz hat, um Startups aus eigener Kompetenz heraus richtig einzuschätzen. Nun schaut Schlenkhoff sich alles an, obwohl er historisch null Ahnung von Versicherung hat. Danach bekommt man eine Absage für eine Hammer-Idee“, die der Versicherungsbote an dieser Stelle mangels Fakten nicht bewerten kann. „Ich habe keine Probleme mit der Axa-Ablehnung, aber mit Diletanttismus beim Axa-Campus“.

Axa-Chance vertan. Statt Axa und Schlenkhoff kaufte ein anderer Versicherer

An dieser Stelle wäre die leidvolle des anonymen Startup-Unternehmers zu Ende. Eigentlich. Doch anschließend, wen auch Wochen später, klingelte dort das Telefon. Am anderen Ende der Leitung ein „Beauftragter“ des Axa-Vorstands. Man wolle sich über die Geschäftsidee des hier anonym bleibenden Ideengebers doch einmal unterhalten, berichtet der (weiter ungenannt wollende) Startup-Unternehmer. Aber er lehnte das ab.

Ein Münchener Versicherer kaufte stattdessen

Mit Recht oder im Unrecht? „Axa hat Porzellan zerschlagen, mein Vertrauen gebrochen“, sagt der erfahrene, wie er sagt erfolgsgewohnte, Startup-Manager. Der zudem seine Idee inzwischen an die große (mehr sagt er nicht)-Versicherung „in München“ verkaufte. Erfolgreich. „Mein Problem war nicht, niemals die Axa selbst, vielmehr ihr Berater. Herr Schlenkhoff als Sachfremder ist da nur Pars pro toto“ (Beispiel für das Ganze; Anmerkung der Redaktion). Ob bei der Axa nun, wie gemeldet, ab 1. Januar 2016 das Geld einfach lockerer sitzt? Versicherungsbote-FinTech-Berater Dominik Groenen sagt dazu: „In meinen Augen fehlen nicht nur dort, aber auch der Axa die Berater mit knallhartem Know-How.“

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Klartext

Die Assekuranz braucht genauso klare Berater, ja knallharte Berater wie Christian Müller für Banken und Fin-Techs“, schließt Groenen. Anmerkung der Redaktion: Branchenbekannt berät Versicherungs- und Unternehmensberater Christian Müller, Kassel, zurzeit „als wahrgenommener Benchmark-Berater“ (Frankfurter Bankkreise) unter anderem Bank-Fin-Techs zu deren strategischen Investments zu Captives-Selbstdeckungs-Organistionen Insurance oder Investments für Banking-/Insurance-FinTechs. Er berät auch die Versicherungsbote-Redaktion zu Startups und hat hierzu fünf neutrale Leitfragen aufgestellt. Seinen „Lackmustest“ für Investoren (Due Dilligence-Prüfungen) für Startups; nicht nur Versicherungen. Denn bei weiteren FinTech-Finanzierungsrunden geht es um viele Millionen Euro. Der Versicherungsbote wird berichten.

AXA/Money Cab

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