Es ist das wohl schwerste Unglück in der deutschen Luftfahrtgeschichte: Eine Maschine der Lufthansa-Tochter Germanwings mit 150 Menschen an Bord ist am Dienstag in Südfrankreich abgestürzt. Nahezu ausgeschlossen ist, dass es Überlebende geben könnte, unfassbar groß das Leid der Angehörigen. Unter den aktuell 72 deutschen Opfern befand sich auch eine Schulklasse aus Haltern am See, die zu einem Sprachaustausch in Barcelona weilte. „Ich weiß nicht einmal, wie ich den nächsten Tag überstehen soll“, sagte bei einer Pressekonferenz Schulleiter Ulrich Wessel vom betroffenen König-Gymnasium – ein Satz, der die Verzweiflung der Hinterbliebenen anschaulich in Worte kleidet.

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Allianz ist Hauptversicherer des verunglückten Fluges

In diesem Moment der Trauer und des Innehaltens über finanzielle Dinge zu sprechen, könnte als pietätlos empfunden werden. Und so traute sich die Allianz Versicherung nur vorsichtig aus der Deckung, um bekanntzugeben, dass man der Hauptversicherer des verunglückten Fluges sei.

„Wir bestätigen, dass Allianz Global Corporate & Specialty der führende Versicherer der Kasko- und Haftpflichtversicherung für Germanwings und deren Flug 4U 9525 ist", erklärte eine Sprecherin am Dienstag laut dpa. Und fügte hinzu: „Es wäre zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht angemessen, dieses tragische Ereignis zu kommentieren. Wir können nicht mehr sagen, als dass unsere Gedanken bei jenen sind, die von diesem Unglück betroffen sind."

Wie in der Luftfahrtversicherung üblich, trage der Konzern die Deckung gemeinsam mit anderen Versicherern. Im Konsortium sollen unter anderem AIG und Talanx sein. Die Höhe der Entschädigung hängt dabei auch von der Absturzursache ab. Versichert sind bei einer Luftfahrtversicherung in der Regel Personenschäden und Schäden am Rumpf des Flugzeuges, nicht aber Terrorrisiken. Diese werden häufig von einem Versicherungssyndikat von Lloyds in London übernommen.

Absturzursache weiter ungeklärt

Warum das Flugzeug abstürzte, ist zum jetzigen Zeitpunkt völlig unklar. Innerhalb von acht Minuten vor dem Aufprall hat die A320 fast zehntausend Meter an Höhe verloren, obwohl es keine Wetterturbulenzen gegeben habe. Einen Notruf sendeten die Piloten nicht. In den Medien wurde über das Alter der Maschine als Unglücksursache spekuliert – am 29. November 1990 hob die verunglückte Maschine erstmals zum Jungfernflug ab.

Aber dass derart alte Flugzeuge noch im Einsatz sind, ist durchaus üblich. "Wenn ein Flugzeug gut gewartet ist, wovon ich in diesem Fall ausgehe, spielt das Alter keine Rolle", erklärt Klaus Wolf, Professor am Lehrstuhl für Luftfahrzeugtechnik der TU Dresden. Der letzte große Check, bei dem die Maschine bis auf das Grundgerüst zerlegt wird, fand im Sommer 2013 statt.

Auch vereiste Sensoren werden als mögliche Unfallursache genannt. Die Sensoren sollen eigentlich dem Computer anzeigen, ob das Flugzeug steigt oder sinkt. Wenn sie vereisen, kann es sein, dass die Messfühler falsche Daten liefern – etwa, dass die Maschine steigt, obwohl sie eigentlich geradeaus fliegt. Im schlimmsten Fall zwingt der Bordcomputer die Maschine steil nach unten, auch gegen den Willen des Bordpersonals. Die Piloten müssen dann erst die Automatik ausstellen, um wieder Zugriff zu haben. Die Europäische Flugsicherheitsbehörde hatte nach Airbus-Zwischenfällen sowohl im Dezember 2012 als auch im Dezember 2014 Warnungen veröffentlicht, um möglichst alle Piloten über das Problem zu informieren.

Germanwings beteiligt sich nicht an Spekulationen

Die Lufhansa-Tochter Germanwings will sich an Spekulationen zur Absturzursache nicht beteiligen. „Noch liegen uns dazu keine gesicherten eigenen Informationen vor ...“, twitterte die Fluggesellschaft gestern Mittag: Dies ist auch heute 14:00 Uhr noch der aktuelle Stand. Aufschluss könnte die Auswertung des Voice Rekorders geben, mit dessen Hilfe die Gespräche im Cockpit aufgezeichnet werden. Wie der Branchendienst Aviation Safety bei Twitter mitteilt, hat die französische Behörde für Luftsicherheit ein Foto des geborgenen Voice Recorders veröffentlicht. Auch deutsche Behörden haben sich mittlerweile eingeschaltet. Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf wird nach Informationen von SPIEGEL ONLINE noch am Mittwoch ein Todesermittlungsverfahren wegen des Absturzes einleiten. Die Staatsanwaltschaft Marseille hatte bereits zuvor Ermittlungen wegen des Verdachts auf fahrlässige Tötung aufgenommen.

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Bitter für die Allianz: Es ist bereits der vierte schwere Unglück innerhalb von 12 Monaten, bei dem der Konzern für die Haftpflicht einspringen muss. Auch Flug MH17 der Malaysia Airlines, der über der Ukraine abgeschossen wurde und 298 Menschen mit in den Tod riss, war zu großen Teilen von der Allianz versichert, gleichsam der verschollene AirAsia-Flug QZ 8501. Die Prämien für Flugversicherungen haben sich seit diesen Abstürzen um über 300 Prozent erhöht, berichtet die Financial Times.

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