In der Mitteilung zu dem geplanten Geschenk an die Belegschaft, die dem Versicherungsboten vorliegt, spricht das Unternehmen wohlgemerkt von den „letzten fünf Jahren“. Das Wort „Jubiläum“ kommt in dem Dankesschreiben, das sich auch an die Allianz-Agenturen richtet, nicht vor. Das Geschenk „sollte etwas zeitloses Schönes sein, das auch in zehn Jahren noch tragbar ist“, wird Allianz-Deutschland-Chef Markus Rieß in dem Text zitiert. „Schnell fiel die Wahl auf einen Zeitmesser“, heißt es in dem Text der Allianz weiter.

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Schnelle Wahl der Allianz?

Die Allianz-Belegschaft wird sich an den vergangenen September erinnern, als klar wurde: es gibt keinen finanziellen Jubiläumsbonus. Eigentlich hatten die Männer und Frauen an den Arbeitsplätzen des blauen Riesen aus München mit einer Gratifikation in Geld gerechnet. Die „schnelle“ Wahl, nach mehr als sechs Monaten, einer Uhr als Geschenk statt Geld wirkt nicht überzeugend. Aber offiziell geht es in dem aktuellen Uhr-Schreiben nicht ums das Jubiläum, sondern um die letzten fünf Jahre (siehe Graphik).

39.000 Uhren – Aber 39.000 mal kein Bonus?

Kein Jubiläumsgeld gibt es für knapp 30.000 Innendienstler und 8.600 selbstständige Vertreter. Das führte im vergangenen September zu einer regen Diskussion im Allianz-internen Chat. Man könnte auch sagen: zu einem Shitstorm mit überwiegend negativen Kommentaren enttäuschter Werktätiger. Dass auch die Allianz-Aktionäre keinen Jubiläumsbonus auf die Dividende bekommen, war den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vor einem halben Jahr kaum Trost.

Nun werden aus knapp 39.000 Betroffenen ohne Bonus andererseits 39.000 Beschenkte. Die Mitarbeiter der Allianz Deutschland bekommen eine „hochwertige Uhr von Wempe. Der renommierte Hamburger Juwelier hat diese speziell für die Allianz gestaltet“, schreibt das Unternehmen. Die Uhren lassen sich derzeit in Glasvitrinen an den Hauptstandorten des Unternehmen bewundern. Auf „Mitarbeiterfesten wird die Allianz-Uhr den jeweils Standortveranwortlichen stellvertretend für die Mitarbeiter und Vertreter überreicht“; das verkündet die Allianz in dem Brief an die Mitarbeiter auch (siehe Graphik 2).

Uhr-Kosten 2015: 20 Millionen Euro?

Über die technische Ausführung der Wempe-Uhr ist nur bekannt, dass ein Quarzwerk verbaut ist. Einfache Wempe-Uhren starten preislich bei etwa 600 bis 700 Euro; das zeigt ein Klick im Online-Shop von Wempe. Nimmt man ein Einzelpreis-Niveau und eine entsprechend höhere Uhr-Qualität von 1.000 Euro an und zieht man die wegfallende Händlerspanne ab, dann dürfte die Allianz etwa 500 Euro je Uhr ausgeben; höchstens. Mal 39.000 Beschäftigten entspricht dies einer Summe von aufgerundet 20 Millionen Euro.

Jubiläumsbonus 1989: 50 Millionen

Vor 25 Jahren, als die Allianz ihre ersten 100 Jahre feierte, wurden andere Zahlen und Zahlungen aufgeboten. In Bezug auf die 1989 gezahlte Gratifiktion zitierte im vergangenen September die „Süddeutsche Zeitung“ (SZ) aus einem internen Allianz-Chat: „Wir freuen uns, dass wir Ihnen damit auch in dieser Weise (100 Millionen DM für den Innen- und Außendienst) eine deutliche Anerkennung zuteil werden lassen“. Dies habe, so die SZ, der kommentierende Mitarbeiter aus dem Jubiläumsschreiben anno 1989 wiedergegeben.

Pech für Mitarbeiter in Elternzeit

100 Millionen DM sind heute rund 50 Millionen in Euro. Ohne Inflations- und Erfolgsbereinigung (seit 1989 ist die Allianz erheblich gewachsen): Der Allianz war das Hundertjährige damals mit 50 Millionen Aufwand etwa das Zweieinhalbfache wert als heute im 125. Jahr. Rein rechnerisch. Stichtag für die Beschenkten ist der 30. April. Bedingung für das Uhr-Geschenk ist ein ungekündigtes Vertragsverhältnis per ultimo 30.04. „Mütter und Väter in Elternzeit sind berechtigt, sofern das Kind zum 30.04.2015 weniger als sechs Monate alt ist“, regelt die Allianz in ihrem Brief. Pech für Mitarbeiter in Elternzeit und sechs Monate alten Kindern.

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Das „Handelsblatt“ hat im vergangenen Jahr ein Allianz-internes Interview mit Deutschland-Chef Markus Rieß zum ausbleibenden Jubiläumsbonus für die Öffentlichkeit dokumentiert.

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