In den letzten Jahren wurden mehrfach schwere Vorwürfe gegen den Versandhändler Amazon laut. Der Internet-Riese soll unter anderem Mitarbeitern ungerechtfertigt Abmahnungen geschickt haben, wenn sie sich krank meldeten. Buchverlage wie Bonnier klagten, sie werden von Amazon erpresst. Weil die Verlage nicht bereit waren, 50 Prozent Rabatt zu bieten, lieferte Amazon ihre Bücher mit wochenlanger Verzögerung aus. Zudem weigert sich Amazon, seine Mitarbeiter nach dem Einzelhandels-Tarif zu bezahlen. Es drängt sich der Verdacht auf, hier nutzt ein Monopolist seine immense Marktmacht, um Gewinnsteigerungen um jeden Preis durchzudrücken – auch zu Lasten der eigenen Angestellten.

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Jeder fünfte Bundesbürger will nicht mehr bei Amazon einkaufen

Doch all diese Negativschlagzeilen bleiben nicht ohne Folgen, wie eine repräsentative Umfrage des Beratungsunternehmens Faktenkontor zeigt. Demnach will jeder fünfte Bundesbürger nicht mehr bei dem Versandhändler einkaufen, weil die Gewerkschaft Verdi Vorwürfe erhebt, der Konzern nutze seine Mitarbeiter aus. 16,9 Prozent der Deutschen, die 2014 bei Amazon bestellt hatten, wollen dies zukünftig nicht mehr tun. Insgesamt sind die Beschuldigungen für 20,9 Prozent aller Deutschen ein Grund, zukünftig auf Einkäufe bei Amazon zu verzichten.

“Dies verdeutlicht, wie stark sich der Ruf eines Unternehmens auf seinen Geschäftserfolg auswirkt“, kommentiert Dr. Roland Heintze, Experte für Reputationsmanagement beim Faktenkontor. „Solche Effekte sollte Amazon beim Umgang mit der Gewerkschaft bedenken. Geringere Lohnstückkosten bedeuten nicht automatisch mehr Gewinn, wenn dadurch das Image Schaden nimmt und Kunden fernbleiben.“ Für die Studie wurden 1.000 Bundesbürger ab 18 Jahren befragt.

Amazon wuchs trotz Negativschlagzeilen

Trotz der Anschuldigungen entwickelten sich die Umsätze des Internet-Giganten zuletzt positiv: Allein zwischen 2010 und 2013, als bereits schwere Vorwürfe gegen Amazon die Schlagzeilen bestimmten, konnte der Konzern seine Deutschland-Umsätze verdoppeln. Im letzten Jahr ist Amazon hierzulande um 21 Prozent gewachsen – auf 10,5 Milliarden Dollar. Zahlt sich das Geschäftsmodell „Wachstum um jeden Preis“ vielleicht doch aus?

Zuletzt machte Amazon im Rahmen der „Luxemburg-Leaks“-Enthüllungen Schlagzeilen: Auf seine Gewinne in Europa zahlt der Konzern kaum Steuern. Der Vorwurf: Amazon hat mehrere Tochtergesellschaften u.a. in Steueroasen gegründet, die sich gegenseitig Milliarden-Rechnungen ausstellen und so den Gewinn kleinrechnen.

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Mit dem sogenannten „Double Irish With a Dutch Sandwich“-Prinzip vermeidet Amazon weitgehend inländische Ertragsteuerzahlungen und leitet seine deutschen Unternehmensgewinne ins Niedrigsteuerland Luxemburg um. Der Vorsteuergewinn in Deutschland betrug 2012 laut Presseberichten lediglich 10,2 Millionen Euro und die Steuern 3,2 Millionen Euro. Die in Luxemburg angesiedelte Amazon Europe Holding Technologies wies dagegen 2012 einen Gewinn von 118 Millionen Euro aus, entrichtete aber wegen der Luxemburger Steuergesetze dort keine Steuern. So gelang es dem Konzern, seit 2003 über 2 Milliarden Euro in dem Zwergstaat anzusparen.

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