Unter dem Titel „Abschlagsfreie Rente mit 63“ wirbt das Bundesarbeitsministerium auf seiner Seite www.rentenpaket.de für das neue Gesetz. „Langjährig Versicherte können nach 45 Beitragsjahren mit 63 Jahren abschlagsfrei in Rente gehen. Kurzzeitige Unterbrechungen der Erwerbsbiografie werden angerechnet“, heißt es da auf der Seite.

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Lang und breit wird zunächst erklärt, welche Unterbrechungen anerkannt werden, wie Frühverrentungen vermieden werden sollen und warum die Rente mit 63 überhaupt eingeführt wird. Erst 42 Zeilen später erfährt man: „Aus der Rente ab 63 wird schrittweise die Rente ab 65.“ Das heißt, sie gilt im Grunde nur für die Jahrgänge 1951 und 1952. Alle anderen müssen länger arbeiten, um ohne Abschläge nach 45 Jahren in Rente gehen zu können. Wer als Rentenversicherter nach dem 1. Januar 1953 geboren wurde, muss mit jedem Jahrgang zwei Monate länger arbeiten. Schließlich dürfen alle, die nach dem 1. Januar 1964 geboren wurden erst abschlagsfrei in Rente gehen, wenn sie das 65. Lebensjahr vollendet und 45 Jahre gearbeitet haben. Für alle anderen bleibt die Rente mit 67.

Rente mit 63: Keine Abschläge und dennoch Einbußen

Das Kuriose daran ist, dass das auch schon vorher so war. Vom Rentenpaket profitieren also vor allem die Jahrgänge 1951 und 1952 und ein bisschen noch die, die 1950 bzw. zwischen 1953 und 1964 geboren wurden. Wie das ARD-Nachrichtenmagazin „Panorama“ dabei herausgefunden hat, sind auch einige Bundestagsabgeordnete trotz ihrer Abstimmung nicht im Detail informiert und lassen sich offenbar von den Werbeschlagworten blenden. In einer Umfrage war ihnen nicht bewusst, dass nur wenige Jahrgänge mit 63 in Rente gehen können.

Rentenexperten weisen zudem darauf hin, dass jeder, der mit 63 in Rente geht, mit Einbußen rechnen muss. Zwar gibt es unter den genannten Voraussetzungen keine Abschläge, die Einbußen ergeben sich aber daraus, dass Betroffene nicht bis zum 65. Lebensjahr einzahlen.

Der jährliche Rentenbescheid ist aber bis dahin kalkuliert. Für den einzelnen kann das schnell 50 bis 150 Euro weniger jeden Monat auf dem Konto bedeuten, als zunächst angenommen.

Sind Ausnahmeregelungen verfassungskonform?

Nun droht Arbeitsministerin Andrea Nahles weitere Ärger mit dem Rentenpaket. Denn Experten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags haben jetzt Bedenken gegen das Rentenpaket angemeldet, wie die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet. Speziell geht es um die Bestimmungen, wann eine Arbeitslosigkeit in den letzten beiden Jahren vor Renteneintritt angerechnet wird.

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Nach aktuellem Stand geschieht das nur, wenn es sich um eine Kündigung wegen einer Insolvenz oder vollständigen Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers handelt. Nicht jedoch, wenn betriebsbedingt gekündigt wird. Damit wollte man eine Welle von Frühverrentungen mit 61 vermeiden. Doch diese Regelung dürfte „wohl gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3, Abs. 1 GG verstoßen“, heißt es in dem juristischen Gutachten.

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