„Bei Großprojekten ist die Komplexität extrem hoch. Umso wichtiger ist ein professionelles Projekt-Risikomanagement, um Planungsrisiken und deren gegenseitige Wechselwirkungen mehrdimensional zu betrachten“, erklärt Hendrik F. Löffler, Geschäftsführer von Funk RMCE, der auf Risikomanagement spezialisierten Beratungsgesellschaft von Funk. „Bei dem Großteil der befragten Unternehmen besteht hier Handlungsbedarf.“

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„Investitionsprojekte setzen ein umfassendes Risiko- und Projektmanagement voraus. Nur so lassen sich die Kosten im Griff halten und Abläufe optimal steuern“, betont Dr. Peter Bömelburg, Geschäftsführender Partner der Beratungs- und Prüfungsgesellschaft Rödl & Partner. „Risiken werden viel zu oft getrennt voneinander betrachtet – dabei können sie sich gegenseitig potenzieren. Die daraus resultierenden Kostenrisiken erreichen für mittelständische Unternehmen schnell existenzbedrohliche Ausmaße.“

Zwar wendet der überwiegende Teil der Unternehmen internationale Standards des Risikomanagements nicht oder nur in geringem Maße an. Bei der Beurteilung von Vertragspartnern, insbesondere im Kontext internationaler Großprojekte, haben aber bereits über ein Drittel der Befragten unternehmensinterne Prozesse zur Überprüfung der Projektpartner eingerichtet. Dabei vertrauen die Unternehmen zum überwiegenden Teil auf externe Dienstleister. „Die Verhinderung von Korruption und Geldwäsche bei Großprojekten ist ein wesentlicher Bestandteil des Risikomanagements“, betont Bömelburg. „Je größer das Projekt, desto mehr nationale und internationale Normen sind zu beachten. Hier ist ein Umdenken spürbar, nachdem große Korruptionsfälle in den vergangenen Jahren die damit verbundenen Risiken deutlich gemacht haben. Trotzdem: Auch bei der unternehmensinternen Compliance ist noch viel Luft für Verbesserungen.“

Versicherungslösungen sind vielen Unternehmen nicht hinreichend bekannt

Um die am häufigsten genannten Projektrisiken zu bewältigen, wünschen sich die Unternehmen zusätzliche Absicherungsmöglichkeiten vom Versicherungsmarkt, beispielsweise im Bereich Personal sowie in Bezug auf politische und konjunkturelle Entwicklungen. „Verhältnismäßig neue Versicherungslösungen zum Beispiel, was die Unterbrechung der Wertschöpfungs- und Logistikkette betrifft, sind den Unternehmen noch nicht hinreichend bekannt“, erklärt Löffler. „Oft sind Versicherungs- und Risikomanagement in Unternehmen noch ablauforganisatorisch voneinander getrennt, so dass Informationslücken zu verfügbaren Instrumentarien entstehen.“

Laufen Großprojekte schief, sieht der überwiegende Teil der Befragten die Gründe im eigenen Haus. Mängel bei der Definition und Konzeption der Projekte in der frühen Planungsphase werden als häufigster Grund für Budgetüberschreitungen genannt, ferner ein ungenügendes Projektmanagement sowie ungeplante Zeitverschiebungen. Allerdings führt dies nach wie vor nicht dazu, das integrierte Projekt- und Risikomanagement zu verstärken.

„2011, bei unserer ersten Studie zum Risikomanagement im Mittelstand hatten wir herausgefunden, dass 4 von 5 Mittelständlern Investitionen planen, um Risiken künftig professioneller steuern zu können. Unsere aktuelle Studie zeigt jetzt aber, dass der Prozess hin zu unternehmensweit implementierten Risikomanagementsystemen noch weit ist“, zieht Bömelburg ein kritisches Fazit. „Aus der Sicht von Kreditgebern, Investoren und Gesellschaftern muss sich hier etwas tun, um gerade bei Unternehmen, die umfassend investieren oder Großprojekte durchführen, eine bessere Unternehmenssteuerung zu gewährleisten.“

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Zur Studie:
Für die aktuelle Studie wurden insgesamt 179 mittelständische Unternehmen zum Risikomanagement bei Großprojekten befragt. Die meisten Teilnehmer waren Kapitalgesellschaften, 39 Prozent der befragten Unternehmen sind inhabergeführt. Das Teilnehmerspektrum deckt einen großen Teil der im Mittelstand stark vertretenen Branchen ab, mehr als die Hälfte der teilnehmenden Unternehmen stammte aus den Bereichen Automobil, Dienstleistung, Baugewerbe, Energie- und Wasserversorgung, Lebensmittelindustrie und Maschinenbau.

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