Obwohl die Wirtschaftslage in Deutschland relativ gut ist, gibt es immer mehr Menschen, die unter einer Schuldenlast leiden. Fast 6,6 Millionen Bundesbürger können ihre Zahlungsverpflichtungen in absehbarer Zeit nicht begleichen, wie aus dem Schuldneratlas 2013 der Wirtschaftsauskunftei Creditreform hervorgeht. Im Durchschnitt ist jeder Deutsche privat mit 33.000 Euro verschuldet; insgesamt summiert sich der Schuldenberg auf 221 Milliarden Euro.

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Für die Betroffenen sind die Konsequenzen oft bitter. Mieten und Krankenkassenbeiträge können nicht mehr gezahlt werden, die Bank sperrt das Konto, Mahnschreiben sammeln sich im Briefkasten. Für viele Bundesbürger bleibt dann nur der Weg in die Privatinsolvenz, um den Schuldenberg nicht ein Leben lang mit sich schleppen zu müssen. 91.200 Bundesbürger beantragten 2013 ein Verbraucherinsolvenzverfahren, das seit der großen Insolvenzrechtsreform von 1999 die Chance bot, sich innerhalb von sechs Jahren zu entschulden.

Doch nun hat die Bundesregierung nachgebessert und will den Bürgern noch schneller die Chance auf einen Neustart bieten. Zum 01. Juli 2014 trat eine Reform der Verbraucherinsolvenz in Kraft, die unter bestimmten Voraussetzungen eine Entschuldung schon nach drei Jahren erlaubt. Dafür müssen die Betroffenen aber strenge Entbehrungen in Kauf nehmen.

Schon vor einer möglichen Pleite beraten lassen!

Was aber kann man tun, um eine Schuldenlast abzuwenden? Noch vor Beantragung eines Privatinsolvenzverfahrens gibt es Möglichkeiten. Experten raten dazu, sich möglichst früh von einem kompetenten Schuldenberater oder Insolvenzverwalter beraten zu lassen. Denn je länger man wartet, desto höher wird der Schuldenberg – gesellen sich doch schnell Mahnkosten und Verzugszinsen hinzu. Für sozial Bedürftige bieten Sozialverbände wie die Caritas oder die Verbraucherzentralen auch eine kostenlose Beratung an.

Der Berater wird dann gemeinsam mit seinem Klienten das Gespräch mit den Gläubigern suchen, um Kompromisse bei der Rückzahlung der Schulden auszuhandeln. Denn viele Gläubiger zeigen sich durchaus gesprächsbereit, nützen doch Forderungen, die niemals zurückgezahlt werden können, niemandem etwas. Die Gläubiger werden dann in der Regel eine Liste ihrer Forderungen erstellen, der Grundlage für einen Schuldenbereinigungsplan ist. Der kann zum Beispiel so aussehen, dass statt hoher Einmalzahlung eine Forderung mit Ratenzahlungen bedient wird.

Restschuldbefreiung nun bereits nach drei Jahren möglich

Hatte das Gespräch mit den Gläubigern keinen Erfolg, dann kann der Schuldner beim Gericht ein Verbraucherinsolvenzverfahren mit Restschuldbefreiung beantragen. Im Anschluss muss der Betroffene eine „Wohlverhaltensperiode“ von mehreren Jahren durchlaufen, die letztendlich eine Befreiung von den Schulden zur Folge hat. Ein Freibetrag von 1.045 Euro sichert das Einkommen, doch der Rest des verdienten Gehaltes muss für die Schuldentilgung an die Gläubiger abgetreten werden. In bestimmten Fällen dürfen weitere 30 Prozent des Einkommens, das über diesem Freibetrag liegt, behalten werden.

Hier ermöglicht die Insolvenzrechtsreform zum 01. Juli 2014, sich zukünftig noch schneller von der Schuldenlast zu befreien. Bisher erstreckte sich die Verbraucherinsolvenz über sechs Jahre, mit der Neuregelung des Insolvenzrechts soll nun eine Entschuldung bereits nach drei Jahren möglich sein. Allerdings ist die schnellere Entschuldung an strenge Bedingungen geknüpft, die dafür sorgen werden, dass nur ein Bruchteil der Schuldner den schnelleren Weg wird gehen können.

Hohe Hürden für schnellere Schuldbefreiung

Das Problem: nur wer innerhalb von drei Jahren mindestens 35 Prozent der Gläubigerforderungen sowie zusätzlich (!) die Kosten für das Gerichtsverfahren und den Insolvenzverwalter stemmt, kann vorzeitig von der Restschuld befreit werden. „Unsere Erfahrung ist, dass kaum ein Schuldner die 35 Prozent schafft“, sagt Michael Bretz, Sprecher von Creditreform, der Leipziger Volkszeitung. Zudem betragen die Verfahrenskosten bis zu 2.000 Euro, für die ein Schuldner zusätzlich aufkommen muss.

Hier zählt durchaus der Leistungsgedanke: nur wer sich mit einem Höchstbetrag entschuldet, profitiert von der Neuregelung. Verbraucherschützer gehen deshalb davon aus, dass die Mehrheit der Betroffenen weiterhin erst nach 6 Jahren von der Restschuld befreit ist. Es gibt allerdings auch einen Kompromiss zwischen Turbo-Entschuldung und der bisherigen Regelung, denn wer die Verfahrenskosten selbst zahlt, kann auch bereits nach 5 Jahren schuldenfrei sein.

Kritik von Verbraucherverbänden wegen zu strenger Anforderungen

Verbraucherverbände und Insolvenzverwalter sehen die Neuregelung wegen der hohen Hürden kritisch, ist es doch in anderen Ländern Europas durchaus üblich, dass man sich nach drei Jahren von der Schuldenlast befreien kann. „Wir bewegen uns leider wegen der hohen Hürden nicht in diese Richtung“, sagt Christoph Niering, Vorsitzender des Verbandes der Insolvenzverwalter Deutschlands (VID).

Als weitere Neuerung können Schuldner zukünftig auch ein Insolvenzplanverfahren in Anspruch nehmen, wie es das für Unternehmen schon länger gibt. Bei einem solchen Planverfahren werden Höhe und Zeitraum der Entschuldung individuell zwischen dem Gläubiger und Schuldner ausgehandelt, die restlichen Schulden können dann schneller erlassen werden. Aber auch bei dieser Regelung gilt: Schuldner profitieren nur, sofern sie die Verfahrenskosten selbst zahlen!

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Ein solches Insolvenzplanverfahren ist sinnvoll, wenn etwa Verwandte dem Schuldner Geld zur Verfügung stellen wollen. Damit ist eine Entschuldung umso schneller möglich: im Idealfall kann sie schon nach wenigen Monaten beendet werden.

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