Im Dezember 2013 machten Gerüchte die Runde, der traditionsreiche Rechtsschutzversicherer Arag SE wolle mit dem Konkurrenten Roland fusionieren. Dies hätte einen gewaltigen Umbruch für einen der letzten großen Versicherer in Familienhand bedeutet, rund 3.500 Beschäftigte bangten um ihren Job. Doch Paul-Otto Faßbender, Mehrheitsaktionär und scheidender Chef der Arag, bekannte sich nun in einem Interview noch einmal ausdrücklich zur Unabhängigkeit seines Unternehmens.

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“Die große Herausforderung ist es, die Arag weiter zukunftsfähig zu machen“, sagte der 67jährige im Interview mit RP Online. „Wir sind ein Familienunternehmen, das eigenständig und unabhängig bleiben will. Dafür muss mein Nachfolger die Voraussetzungen schaffen. Ein solide wirtschaftendes und familiäres Unternehmen zu sein, beschert uns hohe Glaubwürdigkeit.“ Seine Nachfolge zu regeln sei formal eine Sache des Aufsichtsrates, aber er werde von seinem Vorschlagsrecht Gebrauch machen.

“Ob ein Versicherer am Markt bleibt, ist keine Frage der Größe“

Paul-Otto Faßbender gehört dem Vorstand der Arag bereits seit 1977 an, seit 2000 ist er Vorsitzender des Familienunternehmens. Er hat aber angekündigt, im nächsten Jahr seinen Posten abzugeben, obwohl ihm die Aufgabe „ungeheuer viel Freude“ bereite. Weltweit betreut die Arag rund 5,9 Millionen Policen, davon 2,5 Millionen im Rechtsschutzgeschäft (Stand 2010). Im Geschäftsjahr 2012 konnte der Versicherer ein Wachstumsplus von 2,7 Prozent verbuchen. Das versicherungstechnische Ergebnis betrug 64,2 Millionen Euro.

Explizit wies der studierte Rechtswissenschaftler noch einmal die Behauptung zurück, sein Unternehmen sei zu klein, um in den nächsten zehn Jahren allein überleben zu können. „Den Satz höre ich seit Jahrzehnten und er zeigt eine ziemliche Unkenntnis des Geschäftes. Ob ein Versicherer am Markt bleibt, ist nicht nur eine Frage der Größe. Heute kommt es auf Schnelligkeit, Wissensmanagement und Motivation der Mitarbeiter an“, so Faßbender. Aktuell sei man bei 1,5 Milliarden Euro Beitragseinnahmen, bis 2020 wolle man 2 Milliarden erreichen.

Wachstumspotential im Auslandsgeschäft

Potential für ein Wachstum im Rechtsschutzgeschäft sieht Faßbender vor allem im Ausland. „Zum Beispiel setzen wir ganz aktuell auf Wachstum in Spanien. Dort haben wir soeben die Verträge zum Erwerb des des direkten Rechtsschutzgeschäftes eines unserer Wettbewerber, der DEPSA, übernommen“, erklärt der Unternehmer gegenüber RP Online. Der Bestand in Spanien umfasse 4,9 Millionen Euro, man wolle speziell das strategisch wichtige Maklergeschäft in dem Land stärken. Aktuell generiere die Arag 32 Prozent ihres Geschäftes im Ausland, der deutsche Rechtsschutzmarkt sei hingegen „weitestgehend gesättigt“.

Kritik am Umgang mit dem eigenen Vertrieb

In die Führungszeit von Paul-Otto Faßbender fallen mehrere zukunftsweisende Umstrukturierungen des Konzerns, nachdem er 25 Jahre mit seinem Vetter Ludwig über die Ausrichtung des Unternehmens gestritten hatte. Aber auch unpopuläre Entscheidungen: Kritik hatte die Arag etwa im Umgang mit dem eigenen Vertrieb provoziert.

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So legte die der Versicherer 2004 seinen Vermittlern neue Verträge vor, die nach Einschätzung des Bundesverbandes Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) nachteilig gegenüber bisherigen Regelungen waren. Die Vertreter hätten sogar um „die wirtschaftliche Grundlage ihrer selbständigen Vermittlungstätigkeit“ bangen müssen, wie der Verband damals kritisierte. Teilweise seien die Mitarbeiter zum Unterzeichnen dieser Verträge genötigt worden. Aufsehen erregten auch die ungewöhnlichen Vertriebsmethoden des Düsseldorfer Unternehmens: So wurde die Unfallversicherung „Arag Kids & Klar Kinderschutz“ 2007 in den Supermärkten der Discounterkette PENNY verkauft.

RP Online

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