Seit der Öffnung des Internets 1994 für Jedermann hat sich die Geschäftswelt gravierend geändert. Mitteilungen schreibt man sich per E-Mail, Produkte bewirbt man auf Webseiten. Neue Kunden gewinnt man durch Kontaktformulare, indem man jenen, die sich freiwillig registriert haben, anschließend mehr oder weniger informative E-Mails sendet. Es lässt sich auch längst der komplette Prozess der Versicherungsvermittlung automatisieren. Auf einigen Internetportalen, wie Geld.de oder Check24, läuft von der Produktauswahl bis zum Antrag alles elektronisch. Solche Plattformen gewinnen Kunden „en masse" für den Abschluss von Versicherungsverträgen. Die simple Policierung bringt aber auch Nachteile. Auf konkrete Nachfragen sind die Portale kaum vorbereitet, oft werden Kundenanliegen über Call-Center abgewickelt.

Anzeige

Makler – Interessenvertreter und Sachverwalter des Kunden

Versicherungsmakler beraten ihre Kunden von Angesicht zu Angesicht, ermitteln deren Bedarf und suchen passende Versicherungsprodukte. Der Versicherungsmakler vertritt per Definition die Interessen des Kunden, er ist sein Sachverwalter (BGH am 22.5.1985, AZ: IV a ZR 190/83). Bis zum endgültigen Abschluss ist meist mehr als ein Kundentermin notwendig. Dabei hilft ihm etwa der Antragsversand via Internet nur wenig. Kommt es zum Vertragsabschluss, ist das gute alte Papier eine bewährte Lösung. Aus diesen Grund versenden viele Makler ihre Anträge noch immer per Briefpost.

Vorteile für Versicherer

Für die Versicherungsgesellschaften sind automatische Prozesse, die über das Internet erledigt werden, hingegen gar absolutes Muss: Die elektronische Antragsverarbeitung spart Personal und Kosten. Digital vorhandene Anträge müssen nicht erst händisch erfasst werden. Das reduziert die Fehlerquote. Verzichtet das Unternehmen konsequent auf Papier, kann es sich den teuren Druck der Antragsformulare sparen. Im Falle von Produktänderungen kann die Gesellschaft flexibler reagieren, denn der Aufwand für den Neudruck bzw. die Entsorgung alter Antragsformulare entfällt. Insgesamt bleibt der Versicherer dadurch wettbewerbsfähig. Die Vorteile, den die Versicherungsgesellschaften mit der elektronischen Antragsverarbeitung haben, sollte natürlich auch der Versicherungsmakler spüren.

Vorteile für Versicherungsmakler

Auch für Makler bietet die elektronische Antragsübermittlung einige Vorteile. Anträge müsse nicht per Hand ausgefüllt werden. Stattdessen führt eine Software durch die Antragsfragen.
Die Software errechnet sofort die korrekte Prämie für das konkrete Produkt und wird dem Makler sofort angezeigt. Er spart Porto durch den elektronischen Antragsversand. Nutzt der Makler eine Beratungssoftware, kann er auf bereits erfasste Daten zugreifen und muss diese nicht jedes Mal neu eingeben.

Anzeige

Allerdings ist eine elektronische Bearbeitung ohne Computer nicht möglich, für die Berechnung der Tarife ist meist eine Internetverbindung notwendig. An einer ausreichenden Verbindung ins World Wide Web scheitert auch im Jahre 2013 noch so mancher Kundenbesuch und nicht jeder Makler möchte Kunden mit einem Notebook gegenübersitzen.

Das Problem mit der Unterschrift

Die elektronische Antragsbearbeitung ist jedoch nur ein Aspekt, denn damit Anträge rechtsgültig sind, wird eine Unterschrift benötigt. Elektronische Dokumente lassen sich allerdings nicht so einfach unterschreiben.

Makler verfügen in den allermeisten Fällen über eine im Original unterzeichnete Maklervollmacht ihres Kunden. Damit könnten sie in dessen Auftrag handeln und bei den meisten Versicherungsprodukten auf eine Unterschrift ihres Mandanten verzichten. Viele Versicherungsgesellschaften akzeptieren so eingereichte Anträge auch ohne Einwilligungserklärung des Kunden. Die Vorgehensweise ist aber für Makler nicht generell empfehlenswert. Im Streitfall müssen sie nachweisen, dass der Antrag dem Willen ihres Kunden entsprochen hat. Nur mit dessen Originalunterschrift unter dem Antrag kann der Makler sich entsprechend absichern. Gleiches gilt für die gesetzlich vorgeschriebene Dokumentation der Beratung bzw. für den erteilten Rat.

Anzeige

Besonders schwierig gestaltet sich der elektronische Versand bei Anträgen, die Gesundheitsfragen enthalten, etwa bei Policen für Lebensversicherungen oder privaten Krankenversicherungen. Die Daten, die bezüglich des Gesundheitszustandes erhoben werden, d.h. die Antworten auf Gesundheitsfragen, müssen in jedem Fall vom Kunden unterzeichnet sein (Bundesdatenschutzgesetz § 4a: Einwilligung). Bei diesen handelt es sich um personenbezogene Daten nach § 3 Abs. 9 im Bundesdatenschutzgesetz. Versicherer bestehen daher auch auf die Originalunterschrift des Kunden bei Antragseinreichung. Im Klagefall sind die Streitwerte besonders hoch. Wohl dem Makler, der dann eine Unterschrift hat.

Zusätzlich kann der Makler mit dem aktuellen Datenschutzgesetz in Konflikt geraten: Kunden müssen mit ihrer Originalunterschrift in die Weitergabe ihrer Daten einwilligen. Wollen Makler die elektronische Unterschrift nutzen, sollten sich bei der für sie zuständigen Landesdatenschutzbehörde informieren, ob diese Form der Unterzeichnung auch für die Datenschutzerklärung im Antrag gilt. Akzeptiert die Behörde dies nicht, so können Bußgelder in erheblicher Höhe für jeden einzelnen Verstoß fällig werden. Ab 2014 gesellt sich auch das SEPA-Mandat hinzu, für das eine Unterschrift notwendig ist. Lediglich in Webshops kann man keine Unterschrift verlangen, daher greift in diesen Fällen eine Ausnahmeregelung. Beim Makler, der den Kunden vor Ort trifft, gilt das jedoch nicht.

Elektronische Unterschrift per Pad

Um die Unterschrift zu digitalisieren und für den elektronischen Antragsversand zu nutzen, ist es geläufig, sich die Verträge auf einem Unterschriften-Pad, iPad oder einem ähnlichen Gerät unterzeichnen zu lassen. Dieses Verfahren wird oft von den Versicherern beworben, hat aber einige Haken.

Die Unterschrift per Pad wird vor Gericht nicht zweifelsfrei anerkannt. Dem Bürgerlichem Gesetzbuch nach genügt diese Art der Unterzeichnung nicht der Schriftform. Das bedeutet, die elektronische Unterschrift gilt ausschließlich gegenüber der Versicherungsgesellschaft; der Kunde aber kann die Gültigkeit seines Signums vor dem Gesetz anfechten. Folglich kann der Makler unmittelbar Schwierigkeiten bekommen, will er die Gültigkeit der Kundenunterschrift nachweisen.

Zulässig ist die Unterschrift dann, wenn sie per Hand auf dem zugrunde liegenden Antrag bzw. Vertrag getätigt wird oder dem Signaturgesetz entspricht. Letzteres ist erfüllt, wenn der Kunde über eine eigene elektronische Signatur verfügt, wie es auf einem e-Personalausweis der Fall ist. Dies nutzen aber bisher die wenigsten.

Eigene elektronische Signaturen kosten im Jahr mindestens 60 Euro, denn bisher dürfen nur wenige Anbieter die Signaturen verwalten und müssen dabei hohe gesetzliche Anforderungen erfüllen. Pads umgehen das Problem damit, dass lediglich eine elektronische Signatur des Maklers hinterlegt wird. Viele Versicherungsgesellschaften verwalten die Signaturen im eigenen Haus. Damit ist die Unabhängigkeit der verwaltenden Instanz, die der Gesetzgeber vorschreibt, nicht gegeben. Hinzu kommt, dass die Signatur des Maklers die Kundenunterschrift nicht ersetzt. Die biometrischen Daten werden zwar per Pad erfasst, aber schließlich mit der Unterschrift des Maklers und nicht mit der des Kunden versehen.

Gravierend ist zudem die Forderung des Gesetzgebers, dass Unterschriften „mit Mitteln erzeugt werden, die der Unterzeichner unter seiner alleinigen Kontrolle halten kann“. Mit den vorgestellten Lösungen ist die Kontrolle durch den Kunden allerdings unmöglich, sie liegt allein beim Makler. Inwieweit Makler das Unterzeichnungsmittel tatsächlich kontrollieren können, bleibt fraglich. Sie müssten dafür die komplizierten Anforderungen an elektronische Signaturen kennen und auf dem Gerät nachvollziehen können.

Die BiPRO-Norm 262

Das Brancheninstitut Prozessoptimierung (BiPRO) hat in der BiPRO Norm 262 mögliche Verfahren zur elektronischen Signatur beschrieben. Ziel von BiPRO ist es, elektronische Verfahren zwischen beteiligten Parteien in der Versicherungswirtschaft zu normieren. Die Norm 262 "eSignatur und Unterschriftenblatt" ist ein wichtiger Baustein für die automatisierte Antragsverarbeitung. Neben der elektronischen Signatur sieht diese Norm ein zusätzliches Unterschriftenblatt vor. Dieses ist dem Antrag beigefügt und enthält alle notwendigen Unterschriftsfelder. Die Idee verspricht, dass nur noch das Unterschriftenblatt ausgedruckt und auf konventionellem Wege eingereicht, der Antrag selbst aber elektronisch versandt werden kann. Allerdings entspricht auch dieses Vorgehen bisher nicht der Schriftform, die im BGB gefordert wird. Diverse Gerichtsurteile (BGHZ 113, 48, 51 f.) verlangen bisher: „Die Unterschrift muss den Text räumlich abschließen“. Das ist bei einem Unterschriftenblatt, welches den zu unterzeichnenden Text selbst nicht enthält, nicht gegeben.
Die BiPRO Norm 262 unterscheidet zwischen drei verschiedenen Formen elektronischer Signaturen. Die dritte Variante, die qualifizierte Elektronische Signatur (QES), entspricht dem Signaturgesetz (SigG) und stellt die höchsten Anforderungen an die Sicherheit. Die Verfasser der Norm stellten aber selbst fest, dass der Einsatz der qualifizierten Elektronischen Signatur unwahrscheinlich ist, weil die Kosten dafür zu hoch sind. Stattdessen werden Signaturen mit geringeren Sicherheitsanforderungen bevorzugt, mit der Begründung „dass die FES 95% der geschäftlichen und privaten Vereinbarungen rechtlich abdeckt, da für diese Formfreiheit besteht“. Zu den beiden sicherheitsschwächeren Signaturen EES und FES merken die Verfasser an: „Die Beurteilung der EES und FES obliegt im Streitfall dem Gericht.“
Maklern sollte stets bewusst sein, dass Lösungen per Unterschriften-Pad nur der einfachsten Form, der EES, genügen. Die Anforderung „die Signatur wird mit Mitteln erzeugt, die der Unterzeichner unter seiner alleinigen Kontrolle halten kann“ wird nicht erfüllt.

Anzeige

Ein Risiko, das nicht zu unterschätzen ist

Neben unbestreitbaren Vorteilen, welche die elektronische Antragsverarbeitung bietet, verbleibt bei Maklern, die solche Systeme nutzen, ein nicht zu unterschätzendes Risiko. Im Rechtsstreit kann die elektronische Unterschrift durch den Kunden jederzeit angefochten werden, weil sie nicht der Schriftform genügt.
Das stellt auch ein Urteil des OLG München aus dem vergangenen Jahr (AZ 19 U 771/12) heraus. Die Richter entschieden damals, dass bei der Unterschrift auf elektronischem Schreibtablett keine Schriftform gewahrt ist, wenn diese nicht die Voraussetzungen aus § 126a BGB erfülle.
Daher sollten Makler auf Sicherheit setzen und sich Anträge stets im Original vom Kunden unterzeichnen lassen. Das gilt gerade dann, wenn Versicherer im elektronischen Antragsverfahren auf Papier und Nachweis der Originalunterschrift verzichten und sich mit einer Unterschrift per Pad zufrieden geben.

Seite 1/2/

Anzeige