30 Milliarden Euro – so viel sollen die angeblichen „Wahlgeschenke“ kosten, mit denen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in den Wahlkampf ziehen will. Der Grundfreibetrag für Kinder soll auf das Niveau für Erwachsene angehoben werden und das Kindergeld um 35 Euro im Monat erhöht. Zudem ist eine Verbesserung der Mütterrente und der Berufsunfähigkeitsrente geplant. Sogar die TAZ macht ein „Füllhorn voller Wahlversprechen“ aus und überlegt, warum sich linke Parteien nicht zu ähnlich mutigen Vorhaben hinreißen lassen. „Das ist in etwa so, als würde die schwäbische Hausfrau jedem Kind einen dicken Flachbildschirmfernseher ins Zimmer hängen“, kommentiert die TAZ. Das Handelsblatt ergänzt, die CDU wolle die SPD wieder einmal links überholen.

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Kann sich der Bürger also auf Wohltaten im Falle eines CDU-Wahlsieges freuen? Es sind auch andere Töne aus den Reihen der schwarz-gelben Koalition zu hören. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat bereits angekündigt, am strikten Konsolidierungskurs festhalten zu wollen. „In der kommenden Legislaturperiode kommt es darauf an, das Erreichte zu bewahren und den Erfolg weiter auszubauen“, sagte Schäuble dem Handelsblatt. Im Klartext bedeutet das, mehr Schuldenmachererei ist mit Wolfgang Schäuble nicht zu machen. „Unser Ziel, zum ersten Mal seit vielen Jahrzehnten keine Schulden aufzubauen, sondern im Gegenteil zu beginnen, die Schulden zu tilgen, werden wir bei der Fortsetzung unseres Kurses bereits 2015 erreichen“, so Schäuble. Die Wahlversprechen der CDU müssen also irgendwie gegenfinanziert werden – mit Kürzungen oder Mehreinnahmen an anderer Stelle.

Sparplan sieht Erhöhung der Mehrwertsteuer vor

Doch wie will die CDU zukünftig mehr Geld in die Staatskassen spülen? Aufschluss darüber könnte ein Sanierungsplan geben, der den unverfänglichen Titel „Mittelfristige Haushaltsziele des Bundes“ trägt. Für diesen Plan hat Wolfgang Schäuble eine abteilungsübergreifende Arbeitsgruppe unter dem Vorsitz des Spitzenbeamten Ludger Schuknecht ins Leben gerufen. Erstmals berichtete das Nachrichtenmagazin Spiegel im Dezember 2012 über die darin enthalten Empfehlungen.

Was drin steht in dem Sparprogramm, ist durchaus brisant. Unter anderem schlagen die Beamten des Finanzministeriums vor, den ermäßigten Steuersatz auf Lebensmittel, Bücher und Zeitungen von 7 Prozent auf 19 Prozent anzuheben. Die Lebensarbeitszeit soll auf 68 oder 69 Jahre verlängert und die Witwenrente gekürzt werden. Zudem sollen ältere Erwerbstätige, die vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze in Rente gehen wollen oder müssen, deutlich höhere Abzüge bei den Altersbezügen akzeptieren. Statt wie bisher 3,6 Prozent sind 6,7 Prozent Rentenabschläge pro Jahr geplant. Den Krankenkassen wollen die Beamten 10 Milliarden Euro aus dem Gesundheitsfonds streichen – das fehlende Geld sollen die Bürger fortan als Zuschlag auf die Einkommenssteuer zahlen.

Erhöhung der Mehrwertsteuer, Zuschläge auf die Einkommenssteuer, Anstieg des Renteneintrittalters – eine jede dieser Maßnahmen könnte der CDU wichtige Wählerstimmen kosten, ja sogar den Wahlsieg gefährden. Umgehend dementierte das Finanzministerium im Dezember gegenüber dem Spiegel, dass die Vorschläge des Bundesfinanzministeriums tatsächlich in die Tat umgesetzt werden sollen. Es handle sich vielmehr um eine Art Notfallplan, falls etwa die Eurokrise oder Konjunktureinbrüche den Bundeshaushalt stärker belasten als erwartet.

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Warum aber ruft Schäuble eine derartige Arbeitsgruppe ins Leben – wenige Monate vor einer Bundestagswahl, wenn weder Reformen innerhalb der verbleibenden Regierungszeit umgesetzt werden können noch sonderlich populär wären? Deutet dies bereits auf zukünftige Vorhaben, die erst nach einem neuerlichen Wahlsieg angegangen werden sollen? Die Frage darf zumindest erlaubt sein. Denn das Signal, welches Wolfgang Schäuble sendet, ist so deutlich wie unmissverständlich: Es werden im CDU-geführten Finanzministerium derzeit neue Spar- und Einnahmemöglichkeiten diskutiert, die zu Lasten der Bürger gehen würden. Dabei schreckt man sogar vor unpopulären Maßnahmen wie einer Mehrwertsteuererhöhung nicht zurück. Ob eine wiedergewählte schwarz-gelbe Regierung nach der Bundestagswahl tatsächlich derart drastische Maßnahmen umsetzen will, bleibt vorerst spekulativ. Die Wähler hätten ein Recht, dies zu erfahren.

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