Regulierung als Chance für den Vertrieb


Nach der Begrüßung durch den Geschäftsführer Markus Rosenbaum bildete der Vortrag von Prof. Dr. Beenken der Fachhochschule Dortmund den Auftakt zur Veranstaltung. In dessen Fokus standen die Regulierung und deren Folgen für den Versicherungsvertrieb.

Beenken stellte heraus, dass jene Regulierungsmaßnahmen, die im Zuge der ersten europäischen Vermittlerrichtlinie (IMD1) den Vertrieb umstellten, grundsätzlich zwar gelungen sein, aber dennoch Fragen offen gelassen hätten. Insbesondere würden die Pflicht zur Information, Beratung und Dokumentation sowie zum Schadensersatz von den Vermittlern als hohe Belastung wahrgenommen. Die Versicherungsgesellschaften ihrerseits reagierten darauf jedoch nur mäßig hilfreich. Vorrangig sind die Verkaufsprozesse nicht an die Regulierungsvorschriften angepasst worden. Insgesamt attestierte er der Branche mangelhafte Regelkonformität. Die Folge ist, dass die Chancen, welche die gesetzlichen Maßnahmen mit sich bringen, weniger gut umgesetzt würden.

Mit der neuen Vermittlerrichtlinie (IMD2, MiFID) komme nun auch ein Paradigmenwechsel auf den Versicherungsvertrieb zu: Nicht länger ist die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit der selbstständigen Vertreter und Makler Hauptanliegen, sondern der Verbraucherschutz. Als Hauptauslöser dafür gilt die Finanzkrise.

Den Versicherern dürfe es nicht gleichgültig sein, wie der Vertrieb gelebt werde, so Beenken. Für den Markt wären weniger, dafür aber professionalisierte Vermittlerbetriebe mit mehr Personal und Beratungsstandards daher ergiebiger. Auch über den Angestelltenstatus könnte man wieder nachdenken.

Vermittler hätten grundsätzlich die Möglichkeit, sich über Bildung deutlich zu differenzieren und als „Ehrbare Kaufleute“ das Image des Berufes aufzubessern. In diesem Zusammenhang lobte Beenken die Initiative des Bundesverbands Deutscher Versicherungskaufleute e.V. (BVK).

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»Marktplatz für neue Ideen« - Versicherungen und Digitalisierung


„Neue Ideen“ beinhaltete auch der Beitrag von Dr. Marco Sebastian Arteaga, Vorstandsmitglied und Verantwortlicher für den Bereich Betriebliche Altersversorgung der Zurich Versicherung. Die Rentenreformen der letzten Jahre kürzen die gesetzliche Renten, dadurch wird eine zusätzliche private oder betriebliche Absicherung nötig. Dabei gilt im besonderen bei der Entgeltumwandlung in der betrieblichen Altersvorsorge der Grundsatz von Freiwilligkeit und Eigenverantwortlichkeit.

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Im internationalen Vergleich zeigt Arteaga, dass die Palette der Ausgestaltung einer betrieblichen Altersvorsorge jedoch von der Freiwilligkeit bis hin zu einer obligatorischen Vorsorge breit ist. In Deutschland hat man derzeit Anspruch auf betriebliche Altersvorsorge. Den Durchführungsweg kann bisher allein der Arbeitgeber vorgeben. In Schweden gebe es eine Informationspflicht, in Neuseeland eine automatische Einbindung der betrieblichen Vorsorge mit der Möglichkeit zum Ausstieg. In Italien gibt es eine Pflichtteilnahme, die allerdings Wahlmöglichkeiten beinhalte. Deutschland habe also die Möglichkeit, stärker zu reglementieren, ohne die betriebliche Vorsorge wie etwa in Frankreich, der Schweiz oder in Australien zu einem Obligatorium zu machen.

Die zunehmende Digitalisierung stellte für Verbraucher ein Sicherheitsrisiko dar, erläuterte Anke Heering als Vertreterin der Schufa. Gerade die eigene Identität sehe sie gefährdet und stellte dem Auditorium das Modell „Schufa-IdentSafe“ vor. Die Schufa könne eine zentrale Anlaufstelle für die Verwaltung digitaler Daten sein und somit zur Sicherheit der eigenen Identität beitragen. Auch im Gespräch waren dabei Möglichkeiten der Datensicherung, die in Verbindung mit dem elektronischen Personalausweis stehen. An das Thema der zunehmenden Digitalisierung und die damit einhergehende Datenvielfalt sowie Datenerhebung knüpfte auch der Vortrag von Andreas May an: Der Referent der Tata Consultancy Services Deutschland GmbH präsentierte „Neue Aspekte der Betrugserkennung“. Mithilfe von semantischer Texterkennung soll eine Auswertung von Daten aus Datenbanken (genauer: Data-Warehouse), E-Mails, Dokumenten aber auch aus sozialen Netzwerken, Sprachaufzeichnungen oder (YouTube-)Videos nach unterschiedlichen Gesichtspunkten möglich sein. Konkret ließe sich dies für Versicherungsunternehmen etwa bei der Feststellung von Betrugsfällen anwenden. Dies würde eine häufigere Analyse solcher Fällen voraussetzen, bei denen nur ein geringer Verdacht auf Betrug bestünde.

Versprechen halten: Serviceoptimierung und Kundenorientierung

Zum Themenkomplex der Kundenorientierung ergänzten sich die Beiträge von Ina Kirchhof, Chief Operating Officer der Ergo Versicherungsgruppe, und Heiner Hoefer, verantwortlich für Betriebsorganisation, IT und Kundenorientierung bei der Allianz.

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Kirchhof erläuterte ihre Erfahrungen bei der Serviceumstellung des Ergo-Kundenservice. Mit umfangreichen Kampagnen hatte das Versicherungsunternehmen seit 2010 das Marktversprechen, ein verständlicher und verlässlicher Kommunikationspartner zu werden, abgegeben. Innerhalb von zwei Jahren hat Kirchhof daher die rund 450 telefonischen Anlaufstellen für Kunden und Vermittler auf drei Rufnummern für die Endkunden und wenige, nicht-öffentliche Anlaufstellen für die Vermittler umgestellt. Das Ergebnis präsentierte Kirchhof nicht ohne Stolz: Kunden vergaben bei der Zufriedenheitsbefragung nach Schulnotensystem die Durchschnittsnote 1,65, die Vertriebspartner sogar die Note 1,56. 20 bis 30 Prozent effizienter würde das Unternehmen nun Anfragen bearbeiten. Auch zum Stellenabbau der Ergo (versicherungsbote berichtete) äußerte sich Kirchhof dabei selbstkritisch: 1800 Mitarbeiter hätten in Folge der Umstellung ihren Arbeitsplatz verloren.

Hoefer legte den Fokus seiner Ausführungen darauf, wie Kunden Qualität wahrnehmen. Bei der Produkt- und Beratungsqualität sowie bei den Servicedienstleistungen, die ein Unternehmen stellt, sei vor allem darauf zu achten, wie der Kunde diese Qualität letztlich einschätzt. Einen hohen Anteil an der positiven Wahrnehmung habe dabei der Wunsch nach effizienter Bearbeitung und korrekter Information. Eine besondere Rolle spiele aber auch die Empathie, so Hoefer. Wird sich für das Kundenproblem die nötige Zeit genommen, ihm mit dem nötigen Ernst und Wertschätzung begegnet, ist dies für die Zufriedenheit ein ausschlaggebender Faktor. Denn eben jene Kunden, die von der Qualität des Unternehmens „begeistert“ sind, würden schließlich für die Weiterempfehlung eines Unternehmens zählen.

Heute, am zweiten Veranstaltungstag, haben die Kongressteilnehmer die Möglichkeit, sich in vertiefenden Workshops zum Versicherungsvertrieb der Zukunft, zu neuen Wegen in der Prozessanalyse sowie zu aktuellen Internet-, Mobilitäts- sowie Smartphone-Trends und deren Potenzial für Versicherungen auszutauschen.

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