Geklagt hatte die Verbraucherzentrale Hamburg gegen den Lebensversicherer Deutscher Ring, da bestimmte Klauseln in Lebensversicherungsverträgen den Kunden benachteiligen würden. Und tatsächlich hatte der Bundesgerichtshof zugunsten des Verbraucherschutzes entschieden (der Versicherungsbote berichtete). Nun wurde die schriftliche Urteilsbegründung auf der Webseite des Bundesgerichtshofes nachgereicht.

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Im konkreten Fall ging es um die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für eine kapitalbildende Lebensversicherung, eine aufgeschobene sowie eine fondsgebundene Rentenversicherung, die der Lebensversicherer Deutscher Ring zwischen 2001 und 2006 verwendet hatte. Verhandelt wurden speziell Klauseln zur Kündigung und Umwandlung in eine prämienfreie Versicherung sowie zur Berechnung des Rückkaufwertes.

Klauseln wegen Intransparenz unwirksam

Das Gericht betonte, dass die Klauseln zur Abwicklung von Versicherungsverträgen wegen ihrer Intransparenz im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam seien. Dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer werde bei der Kapitallebensversicherung die Berechnung des korrekten Rückkaufswerts eines Vertrages bzw. der prämienfreien Versicherungssumme vorenthalten.

So würden die Vertragsbedingungen nicht unterscheiden zwischen einerseits dem Zeitwert der Lebensversicherung, der nach anerkannten versicherungsmathematischen Methoden zu ermitteln sei, sowie andererseits dem Auszahlungsbetrag, der sich bei vorzeitiger Kündigung des Vertrages nach Vornahme eines Stornoabzugs ergebe. Kündigt ein Sparer vorzeitig seine Renten- oder Lebensversicherung, so zieht ihm die Versicherung eine bestimmten Summe ab, um damit ihre Verwaltungskosten für den vorzeitigen Rückkauf zu decken. Wie hoch dieser Stornoabzug ist, muss dem Versicherungskunden laut Urteilsspruch ersichtlich gemacht werden.

Hier sind die Versicherungsanbieter zu Transparenz verpflichtet. Die entsprechenden Klauseln in den Lebensversicherungsverträgen seien unwirksam, da sich der Versicherungsnehmer von der Höhe des Stornoabzugs kein Bild machen könne und entgegen § 309 Nr. 12a BGB nicht erkennen könne, dass die Beklagte zunächst die Angemessenheit des vorgesehenen Abzugs darzulegen habe, argumentiert das Gericht.

Kleinstbeträge sind kein Kleinkram

Auch betrachteten die Richter eine Klausel als gesetzeswidrig, die undifferenziert vor angeblichen Nachteilen einer vorzeitigen Vertragskündigung warnt. Dies vermittle dem Kunden nicht, dass eine vorzeitige Kündigung und Umwandlung des Versicherungsvertrages durchaus wirtschaftlich sinnvoll sein könne. Die Regelungen zu den Abschlusskosten zeigten die Dauer der aus der Verrechnung resultierenden Nachteile und die Zusammensetzung der Kosten nicht in nachvollziehbarer Weise auf, kritisierte der Bundesgerichtshof.

Keinen Zweifel ließen die Richter daran, dass Rückkaufswerte von weniger als 10 Euro an die Kunden auszuzahlen sind. „Der Vorbehalt der Beklagten, Rückkaufswerte von weniger als 10 € nicht auszuzahlen, benachteiligt den Versicherungsnehmer unangemessen“, heißt es in der Urteilsbegründung. Die entsprechenden Regelungen für die Rentenversicherung und die fondsgebundene Rentenversicherung seien daher ebenfalls unwirksam.

Zillmerung mit Interessenausgleich

Der Bundesgerichtshof betonte noch einmal ausdrücklich, dass das Vertragsziel der Vermögensbildung bei einer Renten-bzw. Lebensversicherung auch im Falle einer vorzeitigen Vertragsbeendigung nicht vereitelt werden dürfe. Insofern stand auch das sogenannte Zillmer-Verfahren zur Debatte, bei dem die ersten Monatsbeiträge des Kunden zur Tilgung der Abschlusskosten und Provisionszahlungen herangezogen werden.

Eine Zillmerung der Verträge ist auch weiterhin möglich, allerdings unter Vorbehalten. So setze eine zulässige Abschlusskosten-Verrechnung einen gerechten Ausgleich im Sinne aller Beteiligten voraus. Deshalb dürfen die Abschlusskosten Neuversicherungsnehmern nicht überproportional aufgebürdet werden. Bereits im Jahr 2006 hatte das Bundesverfassungsgericht betont, es sei nicht hinzunehmen, dass wegen der Verrechnung von Abschlusskosten mit der Prämie in den ersten Jahren ein Rückkaufswert nicht vorhanden oder nur sehr niedrig ist (BvR 1317/96).

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Im Falle der Zillmerung müssen die Kosten des Versicherungsnehmers in einem angemessenen Verhältnis zu den erbrachten Leistungen des Versicherers stehen, wobei eine mögliche vorzeitige Beendigung des Vertrages und damit die Verkürzung der Laufzeit nicht außer Acht gelassen werden dürfen. Bei der Zillmerung müssen die Kosten deshalb auch mit Blick auf eine vorzeitige Vertragsauflösung gleichmäßig verteilt werden.

Bundesgerichtshof/ M.W.

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