Das Geschäft mit den Zahn-Policen boomt! Rund 13 Millionen Menschen besitzen in Deutschland eine Zahnzusatzversicherung. Kein Wunder, denn die Krankenkassen haben viele Zahnarzt-Leistungen aus ihrem Katalog gestrichen und auch Privatversicherte müssen je nach Tarif Einbußen beim Zahnschutz in Kauf nehmen. Doch laut einer Studie des Verbrauchermagazins Öko-Test (Heft 7/2012) halten viele Zahnzusatzversicherungen nicht das, was sie versprechen. Von undurchsichtigen Verträgen, plötzlichen Beitragssteigerungen und teils scheinheiligen Leistungsverweigerungen ist da die Rede.

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Offensive Werbung, Intransparente Verträge

In seinem Testbericht bemängelt Öko-Test die teils vollmundige Werbung, die in der Versicherungspraxis oft keine Entsprechung findet und falsche Erwartungen beim Kunden weckt. Vielfach würden die Werbeprospekte Leistungen versprechen, auf die der Versicherungsnehmer dank weiterer Einschränkungen in den Verträgen keinen Anspruch hat. Ein Grund: Manche Verträge seien so intransparent, dass selbst Fachleute nicht immer sagen können, was versichert ist. Wer dann tatsächlich auf eine hundertprozentige Kostenübernahme der Zahnarztrechnung hofft, wie es die Werbebotschaften der Versicherer nahelegen -auch bei kostenintensiven Eingriffen wie etwa Inlays, Brücken oder Implantaten-, wird bitter enttäuscht.

Als Beispiel führt Öko-Test den Tarif „Biss 80“ der Halleschen an. Laut Versicherungsvertrag begrenzt er die Zahlung auf einen „erstattungsfähigen Rechnungshöchstbetrag von 1.000 Euro im 1. und 2. und 3.000 Euro im 1. bis 4. Kalenderjahr“. Dies würde jedoch nicht bedeuten, dass der Versicherte tatsächlich im besten Fall 3.000 Euro erhält – sondern lediglich, dass Rechnungen bis 1.000 Euro anteilig erstattet werden. Im Musterfall eines 40jährigen Mannes würde der Versicherte höchstens 604,10 Euro erhalten, obwohl er im zweiten Jahr bereits 472,80 Euro an Beiträgen eingezahlt hat, eine gleichaltrige Frau zu diesem Zeitpunkt sogar Beiträge in Höhe von 532,32 Euro entrichtete. Der Verdacht liegt nahe, dass hier der Vertrag bewusst missverständlich formuliert wurde, um ein Plus an Leistungen zu suggerieren.

Interessenten könnten demnach eine leistungsschwache Police abschließen, weil sie die Versicherungsbedingungen falsch interpretieren, gibt Öko-Test zu bedenken. Thorsten Rudnik vom Bund der Versicherten (BdV) mahnt diesbezüglich mehr Realismus von Seiten der Versicherten an. "Wer glaubt, dass er mit wenigen Euro im Monat Platin und Gold vom Versicherer für seine Zähne bekommt, hat sich getäuscht", sagt Rudnik. Man könne nicht mal eben 4.000 Euro für die schnelle Sanierung der Zähne erwarten.

Verweigern Versicherer im Leistungsfall die Zahlung?

Doch Öko-Test hat noch mehr zu bemängeln. So sei es schwierig für den Patienten zu überprüfen, ob der Versicherer nach einem Eingriff die Leistungen richtig abgerechnet hat. Zudem würden manche Versicherer versuchen, sich um ihre Leistungspflicht zu drücken.

Konkrete Zahlen kann Öko-Test für diese Behauptung nicht nennen, verweist aber auf Fallbeispiele in Online-Foren wie ciao.de oder zahnzusatzversicherungs-forum.de. Auf diesen Portalen würden zahlreiche Verbraucher sich über ihre Versicherung beschweren oder um Rat suchen. Als Beispiel wird ein Kunde genannt, der seit über einem Jahr auf die Bearbeitung seines Heil- und Kostenplanes wartet: „Ich habe natürlich Angst, auf sämtlichen Kosten sitzenzubleiben, wenn ich vorher keinerlei Bestätigung einer Übernahme erhalten habe.“ Auch der Bund der Versicherten bestätigt, dass sich Patienten mit Beschwerden an den Verband wenden.

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Voreilige Aussagen über die allgemeine Versicherungspraxis will Öko-Test aus den Foreneinträgen nicht ableiten. „Weil wir wissen, wie viel Unsinn im Internet verbreitet wird, sind wir generell sehr vorsichtig“, schreibt der Verbraucherverband.

Kein gutes Zeugnis für Zahnzusatzversicherungen

Teils saftige Beitragssteigerungen

Die Beitragserhöhungen mancher Versicherer sorgen laut Öko-Test ebenfalls für Verärgerung bei den Kunden. Hierfür könnten die Versicherungsgesellschaften aber nur zum Teil verantwortlich gemacht werden – Unter anderem hätte die neue Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) dafür gesorgt, dass Zahnarztleistungen seit Anfang 2012 um rund 20 Prozent teurer wurden.

Aber auch die trickreiche Kalkulation mancher Tarife würde Beitragserhöhungen begünstigen. So hätten einige Versicherer die Verträge ohne Altersrückstellungen berechnet – junge Kunden zahlen zunächst wenig, doch im Alter steigen die Kosten für einen Vertrag überproportional. Als Beispiel wird der Tarif ZB + BZG20 + ZG70 der Württembergischen gennant. Für eine Musterfrau könnten bei diesem Angebot in nur 5 Jahren Zusatzkosten von bis zu 3.000 Euro entstehen.

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Einen wichtigen Grund für Beitragserhöhungen unterschlagen die Verbrauchertester. So weist die IAK Industrie Assekuranz Kontor GmbH in einer Pressemitteilung darauf hin, dass auch die steigende Zahl an Leistungsfällen Beitragsanpassungen notwendig machte. „In den letzten fünf Jahren hat die Zahnzusatzversicherung erheblich an Bedeutung gewonnen, immer mehr Zahnarztpatienten haben diese Ergänzung parallel zur gesetzlichen Krankenversicherung gewählt.“ Nun seien eben auch die Leistungsfälle eingetreten, die bei den Gesellschaften so richtig ins Geld gegangen sind, teilweise mit einer Erstattung im fünfstelligen Bereich, argumentiert die Maklergesellschaft. Schließlich müssen auch die Versicherungsgesellschaften kostendeckend arbeiten – Wenn sie mehr Geld an die Kunden ausschütten, kann sich das in steigenden Beiträgen niederschlagen.

Das Testergebnis: Nur wenige leistungsstarke Tarife

Wie sehen nun konkret die Testergebnisse aus? Ökotest untersuchte 56 „Normaltarife“ der Privatversicherer sowie 27 Kooperationsangebote, die nur von Versicherten bestimmter Krankenkassen abgeschlossen werden können. Dabei sind die Verbrauchertester davon ausgegangen, dass für einen 40jährigen Mann bzw. eine 40jährige Frau im zweiten und vierten Versicherungsjahr Kosten von insgesamt 4412,40 Euro anfallen für zwei Zahnreinigungen, zwei Keramikinlays, eine Goldkrone, zwei Keramikkronen, ein Implantat, zwei Kunststofffüllungen sowie eine Wurzelkanalbehandlung. Zur Berechnung wurden dann noch die gezahlten Beiträge und die fest einkalkulierten Beitragssteigerungen für Tarife ohne Altersrückstellungen von den Erstattungen abgezogen.

Dabei erreichten nur vier Tarife jeweils bei den Männern und den Frauen den ersten Rang - Sie erstatten Frauen zwischen 49 und 56 und Männern zwischen 51 bis 60 Prozent der Kosten. Testsieger wurden bei den Frauen die Tarife:

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Bei den Männern sind die Testsieger die Tarife
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Ökotest betont, dass gerade in den ersten Jahren strikte Leistungsbegrenzungen bestehen. So liegt die durchschnittliche Übernahme der Kosten bei allen Tarifen im zweiten Versicherungsjahr bei lediglich 27 Prozent, während im vierten Jahr fast 36 Prozent ausgezahlt werden. Zudem würden die Versicherer bereits bei der Antragstellung zahlreiche Kunden durch eine Gesundheitsprüfung aussieben. Das Fazit: Je früher und je gesünder ein Patient eine Zahnzusatzversicherung abschließt, desto höher ist die Chance, einen günstigen Tarif zu erhalten.

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Auffallend sind Unterschiede bei der Bewertung der Tarife im Vergleich zu der Zeitschrift Finanztest, die vor zwei Monaten ebenfalls Zahnzusatztarife testete. Dort erhielten immerhin 33 Tarife die Bestnote „Sehr gut“. Ein Grund besteht darin, dass Finanztest die Tarife nach einer Vertragslaufzeit von 5 Jahren untersuchte: Kunden können zu diesem Zeitpunkt auf weitaus umfangreichere Leistungen hoffen. Auch setzte Finanztest den Schwerpunkt der Analyse anders und konzentrierte sich stärker auf die Vertragsbedingungen. Die detaillierten Ergebnisse der Studie können hier heruntergeladen werden.

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