In anderen Ländern werden auch nichtfinanzielle Ansätze praktiziert, die deutlich erfolgreicher sind.„Finanzielle Anreize reichen offensichtlich nicht aus, eine Modernisierung der Riester-Rente ist notwendig“, konstatiert eine aktuelle Untersuchung des Deutschen Instituts für Altersvorsorge.

Anzeige

Opting-Out: Die Trägheit positiv nutzen

Beispiel KiwiSaver-Programm in Neuseeland: 2007 wurde dieses Förderprogramm eingeführt, das private Altersvorsorge mit staatlicher und betrieblicher Förderung verbindet. Alle Arbeitnehmer zwischen 18 und 64 Jahren, die eine neue Stelle antreten, werden automatisch aufgenommen und können innerhalb gewisser Fristen austreten (Opting-Out). Neben einer Standardlösung bestehen verschiedene Wahlmöglichkeiten zur Beitragshöhe und Investmentstrategie sowie Wechselmöglichkeiten während der Laufzeit. Drei Jahre nach Auflage des Programms waren bereits 38 Prozent der Teilnahmeberechtigten und etwa die Hälfte der neuseeländischen Haushalte beigetreten. 45 Prozent der automatisch Aufgenommenen gaben an, ohne den Opting-Out- Mechanismus nicht teilgenommen zu haben.

Die Verpackung macht’s – integrierte Kommunikation

Beispiel „orangefarbener Brief“: In Schweden setzt sich die staatliche Grundsicherung aus einer umlagefinanzierten Einkommensrente, einer kapitalgedeckten obligatorischen Prämienrente und einer steuerfinanzierten Garantierente zusammen. Ergänzt wird das System durch eine obligatorische betriebliche Altersvorsorge, aus der 90 Prozent der schwedischen Arbeitnehmer bereits Ansprüche erworben haben. Die private Altersvorsorge als dritte Säule des Systems wird mit steuerlichen Abzugsmöglichkeiten gefördert. Damit die Versicherten den Überblick über ihre vollständige Altersvorsorge behalten, wird ihnen seit 1999 jährlich ein „orangefarbener Brief“ zugeschickt, der zum Markenzeichen des Rentensystems geworden ist. Er gibt Jedem eine konkrete Auskunft über seine Einzahlungen in die staatlichen Systeme und in die kapitalgedeckten Rentenbestandteile inklusive Zukunftsprognosen. Der Versicherte weiß damit auch, wo er noch etwas tun muss. Zusätzlich werden über ein öffentlich getragenes Altersvorsorgeportal „minpension“ sowohl allgemeine Informationen zum Rentensystem als auch zu den individuellen Ansprüchen aus öffentlicher, betrieblicher und privater Altersvorsorge geliefert. Jährliche Befragungen zur Akzeptanz liefern Verbesserungsvorschläge für Form und Inhalt der Informationen.

Anzeige

Finanzbildung am Arbeitsplatz

Beispiel Information in britischen Betrieben: Das Rentensystem in Großbritannien besteht aus einer umlagefinanzierten staatlicher Grundsicherung, sowie kapitalgedeckter betrieblicher und privater Altersvorsorge. Da die Briten traditionell zu wenig sparen, reagierte der Staat (wie in Neuseeland) mit einem Opting-Out-Modell für die Betriebsrente. Hinzu kommt eine breit angelegte Finanzbildungsinitiative unter dem Motto „Make the Most of Your Money“, die auf Aufklärung, Information und Beratung zum Thema Geld abzielt. Diese Maßnahmen finden hauptsächlich während der Arbeitszeit in Unternehmen statt. Seit 2005 wurden auf diesem Weg 4,6 Millionen Teilnehmer erreicht und damit deutlich mehr als prognostiziert. 70 Prozent gaben nach der Teilnahme an, einen besseren Überblick zu haben, 82 Prozent beabsichtigten, in Sachen Finanzen aktiv zu werden. 60 Prozent hatten dies nach drei Monaten auch bereits umgesetzt. „Für sich allein wird keine Einzelmaßnahme das Problem in Deutschland nachhaltig lösen“, weiß DIA-Sprecher Bernd Katzenstein. Ein Gesamtkonzept aus finanzieller Förderung und verhaltensorientierten Maßnahmen wie Opting-Out, besserer Kommunikation und Finanzbildung ist seiner Meinung nach erforderlich. Hauptaufgabe des Staates ist es in diesem Zusammenhang, dem abwartenden Teil der Bevölkerung neuartige Anreize zur Vorsorge zu geben, ganzheitliche und verständliche Informationen zum Stand der individuellen Altersvorsorge (staatlich, betrieblich und privat) zu organisieren und kompetente Beratung sicherzustellen.

Anzeige