Die Frankfurter Rundschau thematisierte in ihrer Freitagsausgabe das schlechte Image des Geburtstagskindes – und bemängelte, dass es bisher kaum Erhebungen gibt, wer eigentlich von der Riester-Reform profitiert. Die Kunden, die Vermittler oder die Anbieter? Die Rentner oder die Finanzindustrie? Weder die rot-grüne noch die schwarz-gelbe Koalition hätten es für nötig befunden, hierzu systematische Untersuchungen durchzuführen. Die Datenlage sei „eklatant unzureichend“, schlussfolgert auch Kornelia Hagen vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW).

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Zugleich verwies das Frankfurter Blatt auf die hohen Zulagen zur Riester-Rente von Seiten des Staates. Fast 8,7 Milliarden Euro seien bis 2010 in die Verträge geflossen, bis zum Jahr 2015 sollen weitere 17,3 Milliarden hinzu kommen. Doch wohin sickern diese Gelder? Das Sozialministerium kann dazu keine befriedigende Auskunft geben. Damit nicht genug: die steuerliche Begünstigung der Riester-Produkte reißt zusätzlich ein Loch ins Staats-Säckel.

Der hohe finanzielle Aufwand scheint begründungsbedürftig, wenn man bedenkt, dass immer mehr Sparer unzufrieden mit den Riester-Produkten sind. Bis zum Jahreswechsel 2008 haben rund 1,4 Millionen Kunden ihre Riesterverträge gekündigt, weitere 1,8 Millionen ihre Policen „ruhend gestellt“, zahlen also keine Beiträge mehr. Infolge dessen werden den Vertragsinhabern staatliche Zulagen nicht mehr in voller Höhe erstattet oder ganz gestrichen. „Viele Versicherte haben aufgegeben“, schlussfolgert die Frankfurter Rundschau - zu hohe Kosten, mangelnde Transparenz und Rückforderungen von Zuzahlungen hätten das Vertrauen der Sparer erschüttert.

Wer hat noch Leichen im Keller?

Auch die FAZ widmete sich in einem Artikel vom Wochenende noch einmal der Undurchsichtigkeit von Riesterverträgen. Anlass hierfür waren erneut die Ungereimtheiten bei der Ergo-Gruppe ("Der Skandalversicherer" vom 26.06). Diese hatte bekanntlich von ihren Kunden höhere Kosten kassiert, als auf ihren Formularen ausgewiesen waren. Obwohl man bereits 2005 von den zu niedrig berechneten Zahlen wusste, machte man die Kunden nicht auf den Fehler aufmerksam, wie der Konzern nun eingestehen musste.

Doch ist die Ergo ein Einzelfall, oder profitieren noch andere Anbieter in der Branche von der fehlenden Transparenz der Verträge? Versicherungsmathematiker Axel Kleinlein äußerte gegenüber der FAZ, ihn wundere es nicht, dass die Kunden den Irrtum nicht bemerkt haben: „die wahren Kostensätze kann kaum einer aus der jährlichen Standmitteilung ersehen. Selbst mit einem Studium der Versicherungsmathematik tun Sie sich da schwer. Das zeigt doch nur, wie intransparent die Branche ist.“ Kleinlein äußerte den Verdacht, dass auch andere Versicherer Fallstricke in ihren Verträgen versteckt haben. Hier könnten in den nächsten Monaten weitere böse Überraschungen für Schlagzeilen sorgen – und der Schaden für die Branche enorm sein, wenn sich heraus stellen sollte, dass Ergo nicht das einzige schwarze Schaf ist.

Wie Image aufbessern?

Trotz der negativen Schlagzeilen lässt sich nach wie vor feststellen, dass die Riesterrente beliebt ist – ungefähr 14,6 Millionen Verträge wurden bisher abgeschlossen. Doch dass das Vertrauen der Sparer erschüttert wurde, lässt sich ebensowenig von der Hand weisen.

„Das Interesse an der Altersversorge nimmt ab“, hatte Union Investment erst vor einer Woche anlässlich einer Umfrage gemeldet und gleichsam darauf verwiesen, dass es einen deutlichen Zusammenhang zwischen Einkommen und Vorsorge gibt. Bei den Befragten mit einem monatlichen Haushaltsnettoeinkommen von weniger als 1.300 Euro hätten sich nur 31 Prozent der Befragten mit privater Altersversorge befasst. Und 35 Prozent der Befragten gaben an, einfach kein Geld für die Riesterrente zu haben: für diese Menschen könnte die Reform von 2001 schlichtweg eine Rentenkürzung bedeuten. Als Gegenargument hatte Wolfgang Ehrling, Leiter der Zukunftsvorsorge bei Union Investment eingewendet, dass man nur 60 Euro im Jahr einzahlen müsse, um von den vollen Zulagen zu profitieren. Der Markt scheint also noch immer nicht ausgereizt.

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Die vom Bundesministerium für Finanzen eingeleitete Initiative, mit einem einheitlichen und verbesserten Produktblatt Altersvorsorgeprodukte transparenter zu gestalten, findet weitestgehend Zustimmung. Wobei Versicherungsmathematiker Axel Kleinlein auch hier Möglichkeiten zur Schummelei vermutet. In einer aktuellen Stellungnahme auf seiner Homepage heißt es zum Beispiel: „Nach jetzigem Entwurf kann der Kunde nicht erkennen, ob die Rente eher günstig gerechnet ist oder ihm mit einer Lebenserwartung von 106 Jahren sehr hohe Biometriekosten angelastet werden.“ Zugleich betont der Finanzwissenschaftler, dass die bisher vorgeschlagene Variante, die Kosten des Vertrages nach der „Reduction in Yield“-Methode auszuweisen, zusätzliche Möglichkeiten der Irreführung biete: für den Laien seien die Angaben schlichtweg unverständlich.

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