Wer sich auf dem sogenannten „Grauen Kapitalmarkt“ bewegt, der jongliert mit riskanten Produkten. Zwar gibt es auch hoch seriöse Anbieter, doch brachten schwarze Scharfe die Vermittlerbranche immer wieder in Verruf. Termingeschäfte wurden per Telefonwerbung oder Mail vermittelt, abenteuerliche Beteiligungen zu überhöhten Preisen vertrieben. Experten beziffern den Schaden, der Anlegern aufgrund von Betrug, Managementfehlern oder überhöhten Provisionen entsteht, auf jährlich 20 bis 30 Milliarden Euro.

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Am Mittwoch verabschiedete das Bundeskabinett jedoch einen Gesetzentwurf, der strengere Regeln für Graumarktprodukte vorsieht und zugleich die Qualität der Vermittlerberatung verbessern soll. Betroffen sind von diesen Maßnahmen etwa 80.000 freie Vermittler. Für sie bedeutet das Gesetz einen einmaligen Mehraufwand von bis zu 1280 Euro, die etwa für Prüfungsgebühren und die Eintragung in ein Sachvermittlerregister zu entrichten sind.

Mit dem neuen Gesetz will die Bundesregierung eine wichtige Regulierungslücke schließen, denn anders als geplant waren die Regelungen zum neuen Kapitalmarkt aus dem vor kurzer Zeit verabschiedeten Anlegerschutzgesetz ausgegliedert worden. Mehrfach kritisierten sowohl Anlegerschützer als auch Fachverbände, dass für den freien Vertrieb nicht die gleichen Qualitätsanforderungen gelten wie für die Bankenberatung.

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Dies soll sich nun ändern. Wirtschaftsminister Rainer Brüdele erklärte: „Für Banken und freie Vermittler gelten jetzt die gleichen Spielregeln. Anlegerinnen und Anleger können sich damit auf ein einheitliches und hohes Verbraucherschutzniveau verlassen.“ Kritisiert wurde von verschiedener Seite, dass die Gewerbeämter die Aufsicht übernehmen sollen, obwohl sie bereits mit ihren jetzigen Aufgaben völlig überlastet sind. Im Gespräch war auch eine Beaufsichtigung durch die Industrie- und Handelskammern sowie die Bafin.

Auf folgende Neuerungen müssen sich freie Finanzvermittler einstellen:

1. Sachkundenachweis und Eintrag in öffentliches Vermittlerregister

Es ist vorgesehen, dass die Vermittler von Investmenzfonds und Graumarktprodukten zukünftig ihre Qualifikation anhand einer Sachkundeprüfung nachweisen müssen. Dieser Nachweis ist durch eine Prüfung bei der Industrie- und Handelskammer oder einem gleichgestellten Berufsabschluss zu erbringen. Bisher reichte eine einfache Anmeldung beim Gewerbeaufsichtsamt, um vermittelnd tätig zu werden. Auch müssen sich Finanzvermittler in ein öffentlich einsehbares Vermittlerregister bei den IHKn eintragen lassen, wie dies bereits in der Versicherungsbranche gehandhabt wird.

2. Berufshaftpflichtversicherung

Finanzvermittler sind zukünftig verpflichtet, eine Berufshaftpflichtversicherung abzuschließen. Pro Schadenfall ist eine Mindestdeckungssumme von 1,13 Millionen Euro angedacht, für alle Schäden eines Jahres zusammengerechnet 1,7 Millionen Euro. So soll gewährleistet werden, dass die Schadensersatzansprüche der Kunden nicht an der finanziell schlechten Situation des Vermittlers scheitern.

3. Produktinformationsblatt

Ein obligatorisches Produktinformationsblatt soll in klarer und verständlicher Weise den Kunden über die Chancen und Risiken des Produktes informieren. Es darf nicht mehr als zwei Seiten umfassen, jedoch sind bei komplexeren Finanzprodukten wie Derivaten oder Termingeschäften auch drei Seiten Informationsmaterial möglich. Folgende Daten müssen auf dem Beipackzettel ausgewiesen werden:
  • die Art des Anlageproduktes,
  • seine Funktionsweise
  • die damit verbundenen Risiken
  • die Aussichten für die Kapitalrückzahlung und Erträge unter verschiedenen Marktbedingungen sowie
  • die mit der Anlage verbundenen Kosten.

4. Übernahme der anlegerschützenden WpHG-Vorschriften

Die anlegerschützenden Verhaltensvorschriften des Wertpapierhandelsgesetzes werden auch für gewerbliche Vermittler verbindlich vorgeschrieben. Künftig müssen gewerbliche Vermittler die bisher nur für Banken und Wertpapierdienstleistungsunternehmen mit KWG-Erlaubnis geltenden Informations-, Beratungs- und Dokumentationspflichten erfüllen. Dazu gehört die Erstellung von Beratungsprotokollen, die Aushändigung von Produktinformationsblättern und die Offenlegung von Provisionen.

5. Verschärfung der Haftungsregeln und Ausdehnung der Verjährungsfristen

Die Verjährungsfristen für Falschvermittlungen werden ausgedehnt, so dass der Verkauf riskanter Finanzprodukte zukünftig bis zu 10 Jahre anfechtbar ist. Zugleich kann auch fahrlässiges Handeln erstmals juristisch verfolgt werden.

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