Europäische betriebliche Altersvorsorgeeinrichtungen wappnen sich für die absehbare Reduzierung von konjunkturellen Anreizen und die damit verbundenen Auswirkungen auf ihre Investmentstrategien.
Dies ist das Ergebnis einer europaweiten Studie von Mercer, in deren Rahmen 1.000 europäische betriebliche Altersvorsorgeeinrichtungen mit einem Vermögen von insgesamt mehr als 500 Mrd. Euro berücksichtigt wurden. 32 Prozent der untersuchten Altersvorsorgeeinrichtungen antizipieren die möglichen Auswirkungen der derzeitigen Konjunkturpakete auf ihre Anlagestrategien und planen konkrete Aktivitäten, um sich gegen eine steigende Inflation zu schützen.

„Angesichts eines weiterhin anhaltenden Niedrigzinsumfelds und einer zunehmenden Staatsverschuldung in den europäischen Ländern besteht die Gefahr eines Inflationsanstiegs. Eine steigende Inflationsrate kann zu steigenden Pensionsverpfllichtungen über die Gehaltsdynamik und einer Erhöhung bestehender Rentenansprüche führen“, so Herwig Kinzler, Leiter des Bereichs Investment Consulting bei Mercer Deutschland. „Klassische Vehikel zum Schutz gegen Inflationsrisiken sind inflationsindexierte Anleihen, die momentan vergleichsweise teuer sind. Interessanterweise suchen viele Investoren eher einen Inflationsschutz über eine Erhöhung ihres Anteils an realen Anlageklassen wie Immobilien, Timber und Infrastructure.“

Trends in den Asset Allokationen der europäischen Altersvorsorgeeinrichtungen

Trotz der jüngsten Markterholung besteht weiterhin ein Trend zur Reduktion der Aktieninvestitionen. Dies ist insbesondere in den reiferen Pensions-Märkten wie Großbritannien der Fall.
Dort ist der Aktienanteil von 54 Prozent in 2009 auf 50 Prozent in 2010 zurückgegangen, während in Irland eine Verringerung von 60 auf 59 Prozent und in den Niederlanden von 28 auf 23 Prozent zu beobachten war.
Dieser Trend wird sich voraussichtlich weiter fortsetzen, wobei für den verbleibenden Aktienanteil eine breitere Länderdiversifikation zu erwarten ist. So planen 29 Prozent der betrieblichen Altersvorsorgeeinrichtungen in Großbritannien und 35 Prozent der europäischen Altersvorsorgeeinrichtungen (ohne UK) weitere Reduktionen ihrer Investitionen in inländische Aktien. Weitere 20 Prozent der betrieblichen Altersvorsorgeeinrichtungen in Großbritannien und 33 Prozent in Europa beabsichtigen, ihre Investitionen in ausländische Aktien zu verringern.

„Eine Verstärkung der Länderdiversifikation reduziert das Konzentrationsrisiko auf dem Heimatmarkt, erhöht aber gleichzeitig das Währungsrisiko. Daher suchen viele Altersvorsorgeeinrichtungen nach Möglichkeiten, Währungsrisiken abzusichern oder überprüfen ihre aktuelle Strategie zum Umgang mit Währungsrisiken“, so Herwig Kinzler.

Obwohl Renten weiterhin den größten Anteil an den Investitionen der europäischen Altersvorsorgeeinrichtungen ausmachen, hat sich die Einstellung zu dieser Assetklasse seit dem letzten Jahr deutlich geändert. So planen 12 Prozent der Pensionspläne in Großbritannien ihre Investitionen in Staatsanleihen zu erhöhen, während noch im letzten Jahr gaben 6 Prozent angaben, diese Investitionen zu reduzieren.
Bezüglich der Unternehmensanleihen hat sich der Trend umgekehrt: Nur 16 Prozent der betrieblichen Altersvorsorgeeinrichtungen in Großbritannien planen ihre Investitionen in Unternehmensanleihen 2010 weiterhin zu erhöhen gegenüber 27 Prozent im letzten Jahr.

In Deutschland haben im Jahr 2009 die regulierten Einrichtungen der betrieblichen Altersvorsorge, wie z.B. Pensionskassen oder berufständische Versorgungswerke, die (Netto)-Aktienquote von etwa durchschnittlich 6 Prozent in 2008 auf ca. 3 Prozent in 2009 reduziert.
Meist erfolgte dies in Form einer Kombination der physischen Reduktion des Aktienengagements mit Sicherungsmaßnahmen, insbesondere im Rahmen von dynamischen Risikooveralystrategien.
2009 standen Altersvorsorgeeinrichtungen angesichts der geschmolzenen Risikobudgets und eines Niedrigzinsumfeldes vor der Frage, wie der Anteil risikobehafteter, ertragsgenerierender Anlageklassen wieder aufgebaut werden kann.

Die sogenannten Contractual Trust Agreements (CTAs), welche insbesondere als Finanzierungsvehikel für DAX-Unternehmen und globale Mittelstandsunternehmen dienen, haben traditionell höhere Allokationen in Aktien und alternativen Anlageklassen. Bei den deutschen CTAs betrug die Quote für Aktien und Alternatives zum Stichtag ca. 35 Prozent.

Ähnlich wie auf europäischer Ebene wurden auch hierzuland die Chancen durch Unternehmens- und Wandelanleihen ausgeschöpft. Darüber hinaus haben Investoren verstärkt auf Diversifikation durch beispielsweise High Yield und Emerging Market Debt gesetzt. Für 2010 ist mit einer Verstärkung dieses Trends zu rechnen.

Herwig Kinzler erklärt: „Die Studie zeigt, dass die Altersvorsorgeeinrichtungen immer aktiver und kreativer hinsichtlich ihrer Investmentstrategien werden. Innerhalb der vergangenen 18 Monate haben die Märkte enorme Opportunitäten geboten. Eine große Anzahl von Altersvorsorgeeinrichtungen hat Ende 2008 diese Chancen, beispielsweise durch Unternehmensanleihen, identifiziert und umgesetzt. Allerdings wächst das Bewusstsein, dass diese Chancen ausgeschöpft sind, und die Aufmerksamkeit der Altersvorsorgeeinrichtungen hat sich rasch anderen Assetklassen, wie zum Beispiel Emerging Market Debt und Distressed Property, zugewandt, um den hohen Anforderungen der Passivseite durch entsprechende ertragsgenerierenden Investitionen gerecht zu werden.“

Der Trend zu nicht-traditionellen Assetklassen verstärkt sich in den meisten Ländern weiterhin.
In Großbritannien und Irland stieg beispielsweise der Anteil von 6 auf 9 Prozent und in der Schweiz von 19 auf 23 Prozent. In Großbritannien werden insbesondere Hedgefonds, GTAA und Private Equity bevorzugt, hier investieren 4 bis 9 Prozent der Pensionsfonds in eine oder mehrere dieser alternativen Anlageklassen. Im übrigen Europa werden speziell Hedgefonds (8 Prozent), hochverzinsliche Anleihen (8 Prozent) und Private Equity (als Fund of Funds (6,6 Prozent) bevorzugt.

Laut Umfrage setzen die betrieblichen Altersvorsorgeeinrichtungen zunehmend darauf, Wachstumschancen in Schwellenländern zu realisieren. So planen etwa 16 Prozent eher in Schuldpapiere aus Schwellenländern oder andere Anlagen als in Aktien zu investieren.

Mercer Deutschland

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