Die Rückmeldung aus den Führungsetagen der Kfz-Versicherer liefert ein gutes Branchenbild zu den Folgen der Abwrackprämie. „So viel ist klar, nicht nur deutsche Autobauer sondern auch die Versicherungswirtschaft zahlt die Zeche dieses Konjunkturprogramms“, fasst Dr. Dirk Schmidt-Gallas, Partner und weltweiter Leiter der Versicherungsaktivitäten bei Simon-Kucher, die Studienergebnisse zusammen.

Effekte in 2009: sinkende Prämien, trotz höherwertiger Produkte

Aufgrund vermehrter Kasko-Abschlüsse beobachteten drei Viertel der Versicherer eine positive Portfolioverschiebung hin zu höherwertigen Produkten. Gleichzeitig melden aber fast alle Versicherer (96 Prozent) sinkende Durchschnittsprämien, da im Zuge der Abwrackprämie verstärkt kleinere und sparsamere Auto gekauft wurden. „Wenn man dann noch berücksichtigt, dass der Großteil der Befragten von steigenden Verwaltungskosten bei teilweisem Bestandsrückgang berichtet, fällt der Gesamteffekt für 2009 klar negativ aus“, resümiert Studienautorin Verena Beeck.

Altbewährte Maßnahmen ohne sichtbaren Effekt

Um vom Sondereffekt ‚Abwrackprämie’ möglichst zu profitieren, haben viele Versicherer ein Bündel an Maßnahmen eingeleitet.
Allerdings beging man hier ausgetretene Pfade. Fast alle intensivierten ihre bisherigen Vertriebsaktivitäten (83 Prozent).
Zwei Drittel setzten auf die Allzweckwaffe der verstärkten Rabattvergabe (67 Prozent).
Kreative Maßnahmen wie der Aufbau neuer Vertriebskanäle oder die Optimierung des Produktportfolios wurden nur selten umgesetzt. Schmid-Gallas meint deshalb auch, dass „die Kfz-Versicherer leider wieder einmal ihre Chance vertan haben, margenstarkes Geschäft zu schreiben“.

Einbrüche im Neugeschäft schüren Preiskampf

„Diese ungenutzte Chance lässt sich in 2010 nicht wieder gut machen“, ergänzt Beeck. „Im Gegenteil, der Druck auf die Kfz-Versicherer wird weiter zunehmen.“
Nach eigenen Angaben erwarten fast alle befragte Versicherer einen Einbruch des Neugeschäfts für Kfz-Versicherungen, ein Drittel sogar einen sehr starken.
Die Zahlen für neu zugelassene Pkw im Januar 2010 bestätigen diese Prognose. Ersatzkäufe wurden schon im letzten Jahr getätigt, um von der Abwrackprämie zu profitieren. Auf das Rekordhoch im Jahr 2009 folgt nun das Rekordtief.
Was das für die Kfz-Versicherer bedeutet, ist offensichtlich. Weil das Ersatzgeschäft während des Jahres einbricht, können Neukunden hauptsächlich während der Abwerberunde zum Jahresende gewonnen werden können. Da bisher noch kein Versicherer eine Abkehr vom reinen Kampf um Verträge verkündet hat, wird der Preiskampf wohl doppelt so hart ausgefochten werden wie bisher.

Umdenken und Werte in den Mittelpunkt stellen

Agieren die Versicherer auch im laufenden Jahr nach der Devise ‚Geschäft zu jedem Preis’ wird die Combined Ratio auch ohne den Effekt des harten Winters deutlich über die 100 Prozent rutschen. Gewinne im operativen Kfz-Geschäft rücken so in weite Ferne.
„Das muss nicht sein. Mit Preisdisziplin und strikter Wertorientierung ist es durchaus möglich, Gewinne in Kfz zu schreiben“, hebt Schmidt-Gallas hervor. Die Pricing-Experten von Simon-Kucher empfehlen folgendes Aktionsprogramm für 2010:
  • Werte schaffen

    Produktinhalte und -strukturen müssen sich an den Bedürfnissen der Kunden orientieren. Nur so wird Zahlungsbereitschaft geschaffen.
  • Werte abschöpfen

    Die interne Kostenkalkulation ist kein Entscheidungsparameter des Kunden. Die Preissetzung muss sich deshalb an der Zahlungsbereitschaft orientieren. Diese muss mit intelligenten Methoden wie Conjoint Measurement direkt beim Kunden gemessen werden.
  • Werte durchsetzen

    Vertriebssteuerung und Verkaufssupport müssen Rabattresistenz systematisch und zielgenau fördern und belohnen. Provisionen, die sich am Umfang der Rabattvergabe orientieren, könnten ein erster Ansatzpunkt sein.


Jetzt liegt es also bei den Versicherern, die negativen Folgen der Abwrackprämie auf das letzte Jahr zu beschränken. Für 2010 ist noch alles möglich.

Dr. Dirk Schmidt-Gallas ist Partner bei der globalen Strategieberatung Simon- Kucher & Partners. Als Head of Insurance berät er führende Versicherer weltweit. Verena Beeck ist Director bei Simon-Kucher & Partners und im Zürcher Büro tätig.

Simon-Kucher

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