Nach einem dramatischen Einbruch der Wirtschaftsleistung hat sich die deutsche Konjunktur zur Jahresmitte stabilisiert. In der zweiten Jahreshälfte 2009 und im Jahr 2010 kommt es zu einer leichten Aufwärtsbewegung. Für das laufende Jahr ist dennoch von einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts in Höhe von 5,0 vH auszugehen. Für das kommende Jahr prognostiziert der Sachverständigenrat eine leichte Erholung mit einer Zuwachsrate des Bruttoinlandsprodukts von 1,6 vH.

So erfreulich das Ende der Abwärtsdynamik ist, die deutsche Volkswirtschaft befindet sich konjunkturell nach wie vor in einem tiefen Tal. Die leicht positiven Signale für das Jahr 2010 geben keinen Anlass zu euphorischen Einschätzungen. Für zusätzliche Ausgaben oder Steuersenkungen bestehen keine Spielräume. Dazu ist die Aufwärtsentwicklung insgesamt zu schwach und zu fragil.

Für die neue Bundesregierung muss es jetzt darum gehen, den Rückzug aus den krisenbedingten staatlichen Eingriffen vorzubereiten, ohne die konjunkturelle Stabilisierung zu gefährden.
Die immense Neuverschuldung der öffentlichen Haushalte muss ab dem Jahr 2011 konsequent zurückgeführt werden. Ohne drastische Ausgabenkürzungen werden Steuererhöhungen nicht zu vermeiden sein.
In Europa bedarf es über die Regeln des Stabilitäts- und Wachstumspakts hinaus eines glaubwürdigen Konsolidierungspakts zur Sanierung der Staatsfinanzen. Damit würde die Geldpolitik beim Rückzug aus ihren krisenbedingten Maßnahmen wesentlich unterstützt.
Im Finanzsektor ist es erforderlich, den Ausstieg aus den krisenbedingten Stützungsmaßnahmen durch weitreichende Reformen zu flankieren. Die staatliche Absicherung privater Risiken ist zu beenden, indem die Möglichkeit einer geordneten Restrukturierung notleidender Finanzinstitute geschaffen wird.
Zudem muss die Finanzmarktaufsicht inhaltlich und institutionell effizienter gestaltet werden. Dies ist umso wichtiger, da ein funktionierendes Finanzsystem Voraussetzung für eine kommende Erholung ist.
Der Deutschlandfonds sollte nicht über das Jahr 2010 hinaus verlängert werden.

Deutschland darf nicht dauerhaft auf einem niedrigen Wachstumspfad verbleiben. Daher muss die erforderliche Exit-Strategie mit einer Ausweitung der Zukunftsinvestitionen − in das Bildungssystem und die Innovationskraft − einhergehen. Trotz angespannter Haushaltslage sollten eine Erhöhung des allgemeinen Bildungsniveaus und der Bildungschancen für bisher benachteiligte Personengruppen höchste Priorität besitzen.
Dies erfordert eine umso entschlossenere Konsolidierung in anderen Bereichen.
Zudem sollte die Standortattraktivität durch Reformen etwa der Arbeitsmarktverfassung oder Unternehmensbesteuerung verbessert werden.

Der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP lässt nur bedingt den Schluss zu, dass die neue Bundesregierung bereit ist, sich diesen Herkulesaufgaben zu stellen. Es fehlt an einem konsistenten Entwurf für eine umfassende Exit-Strategie. Nicht nur mangelt es an konkreten Schritten zur Rückführung der staatlichen Neuverschuldung, stattdessen werden Steuererleichterungen und zusätzliche Ausgaben in Aussicht gestellt.
Das Abwägungsproblem zwischen Konsolidierung, Steuererleichterungen und Zukunftsinvestitionen wird nicht thematisiert, geschweige denn gelöst.
Eine Wirtschaftspolitik, die eine konsequente Exit-Strategie vermissen lässt und zu geringe Spielräume für Investitionen in Bildung und Innovation schafft, läuft Gefahr, die Zukunft aufs Spiel zu setzen.

Sachverständigenrat

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