Wenn Software das Risiko trägt: Kfz-Versicherung im Wandel
Autonomes Fahren stellt die Kfz-Versicherung vor einen echten Paradigmenwechsel. Mit jedem Schritt Richtung selbstfahrender Systeme wandern Risiken weg vom Menschen hin zu Sensorik, Software und Herstellerhaftung. Versicherer tüfteln bereits an neuen Lösungen – von klaren Haftungsmodellen bis zu völlig neuen Produktwelten. Versicherungsbote zeigt, wie sich Paradigmen ändern.

Das autonome Fahren ist längst mehr als ein Zukunftsszenario. Es stellt auch die Versicherungsbranche vor tiefgreifende Herausforderungen. Denn einige Gesellschaften arbeiten bereits eng mit Automobilherstellern zusammen, um neue Konzepte für Versicherungsschutz zu entwickeln. „Die Versicherungsrisiken werden sich von menschlichen Fahrern auf die Technologie verlagern und die Art und Weise verändern, wie Versicherer diese Risiken bewerten und verwalten“, erklärt Michael Maicher, Global Partner & Director bei Allianz Partners. Nicht nur klassische Sach- und Personenschäden rücken in den Fokus, sondern auch neuartige Risiken: Reiseunterbrechungen durch Pannen, Geschäftsunterbrechungen oder Notfälle an Bord könnten künftig Teil der Police werden.
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Das autonome Fahren wird in sechs Stufen unterteilt – von Level 0 (kein Automatisierungsgrad) über Level 1 (Fahrassistenzsysteme wie Tempomat) bis Level 5 (vollständig fahrerlos). Derzeit befinden sich die meisten Fahrzeuge auf Level 2, erste Modelle mit Level 3 – wie die Mercedes S-Klasse – sind bereits verfügbar.
Neue Haftungsfragen im Schadensfall
Besonders heikel ist die Frage nach der Haftung. „Die Bestimmung der Haftung wird davon abhängen, ob das Fahrzeug im manuellen oder autonomen Modus unterwegs war“, so Allianz Partners. Im Schadensfall könnten drei Hauptparteien verantwortlich sein: der Fahrzeughalter, der Hersteller oder die Softwareentwickler.
Gesetzliche Regelungen zu Datenaustausch, Unfalluntersuchung und Haftungszuordnung müssen daher angepasst werden. „In dem Maße, wie sich der Sektor weiterentwickelt, müssen auch die Rechtsvorschriften weiterentwickelt werden“, betont Maicher.
Während die Allianz aktuell keine deutlichen Änderungen bei den Prämien erwartet, dürfte sich die Kostenstruktur der Versicherer dennoch verändern. Weniger Unfälle könnten die Frequenz senken, doch die Komplexität moderner Komponenten – etwa mit Sensoren ausgestattete Windschutzscheiben – lässt einzelne Schäden teurer werden.
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Ein weiterer Faktor: Autonome Fahrzeuge tauschen nach Unfällen Daten aus, was neue Fragen bei der Schadenabwicklung aufwirft – insbesondere bei Kollisionen mit nicht-autonomen Verkehrsteilnehmern wie Fußgängern oder Radfahrern. Versicherer müssen künftig also nicht nur die Technik, sondern auch die Interaktion zwischen Mensch und Maschine neu denken.
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Hintergrund: Der Text erschien zuerst im neuen kostenfreien Versicherungsbote Fachmagazin 02-2025. Das Magazin kann auf der Webseite des Versicherungsbote bestellt werden.
