Wohngebäudeversicherung 2024: Entspannung mit Vorbehalt
Erstmals seit 2020 liegt die Schaden-Kosten-Quote in der Wohngebäudeversicherung wieder unter 100 Prozent. Doch der leichte Aufwind ist fragil: Sturmjahre blieben aus, während regionale Hochwasser in Süddeutschland Milliardenkosten verursachten. Wie der neue Branchenmonitor zeigt, hängt die Stabilität der Sparte stärker denn je vom Wetter ab.

- Wohngebäudeversicherung 2024: Entspannung mit Vorbehalt
- Branchenergebnis im Minus
- Combined Ratio: Die besten und schlechtesten Quoten 2024
Erstmals seit 2020 liegt die Schaden-Kosten-Quote der Wohngebäudeversicherung wieder unter 100 Prozent. Nach Jahren hoher Verluste sorgt 2024 damit für eine spürbare Entlastung – doch sie fällt fragiler aus, als es die Zahlen vermuten lassen. Denn das Jahr war weniger von strukturellen Verbesserungen geprägt als von einem vergleichsweise günstigen Schadenverlauf. Während flächendeckende Sturmserien ausblieben, verursachten regionale Hochwasser und Starkregen in Süddeutschland erneut Milliardenschäden.
Anzeige
Laut der aktuellen Naturgefahrenstatistik des GDV belief sich das versicherte Schadenvolumen 2024 bundesweit auf rund 5,7 Milliarden Euro – ähnlich wie im Vorjahr. Davon entfielen 4,4 Milliarden Euro auf die Sachversicherung, vor allem durch Starkregen und Überschwemmungen. Besonders betroffen waren Bayern und Baden-Württemberg mit jeweils etwa 1,6 Milliarden Euro Schadenssumme infolge des Juni-Hochwassers. Große Sturmereignisse blieben dagegen aus, was die Bilanz insgesamt dämpfte.
Diese wechselhafte Schadenslage zeigt: Die Ergebnisse in der Wohngebäudeversicherung sind längst nicht mehr allein Ergebnis betriebswirtschaftlicher Kalkulation. Immer häufiger entscheidet das Wetter, ob die Sparte im Plus oder im Minus schließt. Der neue Branchenmonitor Wohngebäudeversicherung 2025 der V.E.R.S. Leipzig GmbH belegt, wie eng die wirtschaftliche Entwicklung inzwischen mit den Naturgefahrenjahren verknüpft ist.
Starke Prämiensteigerungen, aber kein Durchbruch
Die Wohngebäudeversicherer konnten 2024 zwar eine deutliche Verbesserung ihrer Kennzahlen verzeichnen, doch die Erholung bleibt brüchig. Wie der neue Branchenmonitor Wohngebäudeversicherung 2025 zeigt, stiegen die gebuchten Bruttobeiträge der 50 größten Anbieter im Durchschnitt um 12,6 Prozent auf 251,81 Millionen Euro. Damit setzte sich der seit Jahren beobachtbare Trend steigender Prämien fort – und fiel so kräftig aus wie selten zuvor.
Besonders deutlich zeigt sich das in der Durchschnittsprämie je Vertrag: Sie stieg von 632,98 Euro auf 717,65 Euro – ein Plus von fast 85 Euro. Damit verteuerten sich Wohngebäudepolicen so stark wie seit über einem Jahrzehnt nicht mehr. Der Zuwachs resultiert vor allem aus Anpassungen an die Baukosten, gestiegene Schadenaufwendungen und höhere Rückversicherungskosten. Der Vertragsbestand je Versicherer blieb dagegen nahezu stabil und stieg lediglich um 0,2 Prozent auf durchschnittlich 364.364 Policen. Nach Jahren rückläufiger Bestände ist dies immerhin eine leichte Trendwende.
Anzeige
Auch auf der Schadenseite blieb das Niveau hoch. Die durchschnittlichen Schadenaufwendungen legten 2024 erneut zu – um 8,4 Prozent auf 175,35 Millionen Euro. Damit wurde zwar der Negativrekord aus dem Jahr 2021 (191,84 Millionen Euro) nicht erreicht, doch von einer Entlastung kann keine Rede sein. Pro Vertrag stiegen die Schadenaufwendungen im Schnitt von 450,35 auf 485,26 Euro. Entsprechend sank die durchschnittliche Schadenquote lediglich von 72,7 auf 68,9 Prozent – ein Effekt, der wesentlich den Preisanpassungen zu verdanken ist.
Branchenergebnis im Minus
Während sich die Schaden-Kosten-Quote 2024 erstmals seit Jahren wieder in den auskömmlichen Bereich retten konnte, bleibt das versicherungstechnische Ergebnis (vor Veränderung der Schwankungsrückstellung) im negativen Bereich. Seit 2021 schreiben die Wohngebäudeversicherer hier ununterbrochen rote Zahlen.
Im Durchschnitt der fünfzig größten Anbieter ergibt sich 2024 ein Minus von 13,85 Millionen Euro – nach minus 14,70 Millionen Euro im Vorjahr. Auch die Jahre zuvor schlossen mit Verlusten: 2022 mit minus 12,75 Millionen Euro, 2021 infolge der Ahrtal-Katastrophe mit minus 23,76 Millionen Euro.
Anzeige
Die besten versicherungstechnischen Ergebnisse 2024
Einige Gesellschaften konnten ihre Ergebnisse deutlich verbessern und wieder in die Gewinnzone zurückkehren, andere behaupteten ihre starke Position aus dem Vorjahr. Insgesamt sind es 17 Versicherer, die einen Gewinn ausweisen konnten. Folgende Unternehmen führen die Tabelle der besten Ergebnisse an:
- Provinzial Versicherung: 39,17 Millionen Euro (2023: 48,86 Millionen Euro). Die Provinzial behauptet die Spitzenposition vom Vorjahr. Wie stark allerdings Naturereignisse die Ergebnisse beeinflussen können, zeigt die Ahrtal-Katastrophe 2021: Damals betrug der Verlust 435,16 Millionen Euro, 2022 lag er noch bei minus 150,66 Millionen Euro. Nun hat sich die Provinzial vom einst letzten Rang wieder auf die eins gekämpft.
- HUK-Coburg VVaG: 38,80 Millionen Euro (2023: 25,57 Millionen Euro). Behauptet Rang zwei und verbessert das Ergebnis erneut deutlich.
- HUK-Coburg Allgemeine: 32,21 Millionen Euro (2023: 24,58 Millionen Euro). Hält Rang drei und bestätigt die stabile Entwicklung innerhalb der Gruppe.
- Debeka Allgemeine: 30,91 Millionen Euro (2023: 9,48 Millionen Euro). Verbessert sich von Rang sechs auf Rang vier und kehrt damit in die Spitzengruppe zurück.
- VGH Landschaftliche Brandkasse: 20,59 Millionen Euro (2023: minus 3,31 Millionen Euro). Steigt von Rang 21 auf Rang fünf und überwindet erstmals seit 2021 wieder die Verlustzone.
- Helvetia Direktion für Deutschland: 16,43 Millionen Euro (2023: minus 7,08 Millionen Euro). Verbessert sich deutlich – von Rang 28 auf Rang sechs.
Die schwächsten versicherungstechnischen Ergebnisse 2024
Auch 2024 blieben zahlreiche große Anbieter deutlich im Minus: Insgesamt schlossen 33 Gesellschaften mit Verlust ab. Zwar konnten einige ihre Defizite verringern, doch die Entlastung am Markt reichte noch nicht aus, um flächendeckend in die Gewinnzone zurückzukehren. Die höchsten Verluste verzeichneten folgende Unternehmen:
- Axa: minus 56,62 Millionen Euro (2023: minus 134,88 Millionen Euro). Nach einem tiefroten Vorjahr verbessert sich die Gesellschaft merklich und steigt von Rang 50 auf Rang 45.
- Gothaer Allgemeine: minus 57,57 Millionen Euro (2023: minus 47,01 Millionen Euro). Trotz leicht rückläufiger Prämienentwicklung verschlechtert sich das Ergebnis und fällt von Rang 43 auf Rang 46.
- Ergo: minus 57,63 Millionen Euro (2023: minus 58,56 Millionen Euro). Das Ergebnis bleibt nahezu unverändert; die Gesellschaft sinkt leicht von Rang 46 auf Rang 47.
- Signal Iduna Allgemeine: minus 81,92 Millionen Euro (2023: minus 50,04 Millionen Euro). Nach einem besseren Vorjahr rutscht das Unternehmen wieder deutlich ab und belegt nun Rang 48.
- Allianz: minus 116,01 Millionen Euro (2023: minus 123,26 Millionen Euro). Der Marktführer kann das Ergebnis leicht verbessern, bleibt jedoch seit 2019 durchgängig in der Verlustzone und hält Rang 49.
- R+V Allgemeine: minus 144,20 Millionen Euro (2023: minus 89,88 Millionen Euro). Sie fällt von Rang 48 auf Rang 50 zurück und zählt damit erneut zu den Verlierern der Sparte. Ein positives Ergebnis gelang auch hier seit 2019 nicht mehr.
Combined Ratio: Die besten und schlechtesten Quoten 2024
Bei der Schaden-Kosten-Quote zeigt sich 2024 ein etwas freundlicheres Bild. Erstmals seit 2020 liegt der Durchschnitt der Branche wieder unter 100 Prozent. Die Combined Ratio sank auf 96,47 Prozent (2023: 101,0 Prozent) – ein spürbarer Fortschritt, der auf höhere Beitragseinnahmen und eine moderate Entspannung der Schadenseite zurückzuführen ist. Insgesamt konnten 28 Gesellschaften ihre Quote unter die kritische Marke von 100 Prozent senken, drei mehr als im Vorjahr.
Die besten Schaden-Kosten-Quoten 2024
Mehrere Unternehmen konnten ihre Effizienzkennzahlen deutlich verbessern und sich im Branchenvergleich nach vorn schieben. Folgende Unternehmen weisen die besten CR bzw. Schaden-Kosten-Quoten aus:
- VGH Landschaftliche Brandkasse: 76,05 Prozent (2023: 85,55 Prozent). Verbessert sich von Rang sieben auf Rang eins.
- HUK-Coburg Allgemeine: 76,50 Prozent (2023: 90,86 Prozent). Steigt von Rang zwölf auf Rang zwei.
- HUK24: 76,81 Prozent (2023: 88,51 Prozent). Verbessert sich von Rang neun auf Rang drei.
- Debeka Allgemeine: 76,97 Prozent (2023: 88,61 Prozent). Klettert von Rang zehn auf Rang vier.
- BGV-Versicherung: 77,52 Prozent (2023: 85,02 Prozent). Rückt von Rang sechs auf Rang fünf vor.
- Helvetia Direktion für Deutschland: 79,17 Prozent (2023: 96,23 Prozent). Macht den größten Sprung unter den Spitzenreitern – von Rang 17 auf Rang sechs.
Die schwächsten Schaden-Kosten-Quoten 2024
Auf der anderen Seite stehen Gesellschaften, deren Aufwendungen auch 2024 deutlich über den Einnahmen lagen. Die schlechtesten Werte verzeichneten:
- Barmenia Allgemeine: 113,25 Prozent (2023: 98,29 Prozent). Fällt von Rang 23 auf Rang 45.
- Bayerischer Versicherungsverband: 114,18 Prozent (2023: 110,28 Prozent). Rutscht von Rang 40 auf Rang 46.
- Mannheimer: 115,78 Prozent (2023: 123,62 Prozent). Verbessert sich leicht – von Rang 49 auf Rang 47.
- Rhion Versicherung: 116,16 Prozent (2023: 118,74 Prozent). Fällt von Rang 46 auf Rang 48.
- Signal Iduna Allgemeine: 117,67 Prozent (2023: 110,00 Prozent). Fällt von Rang 39 auf Rang 49.
- Adler Versicherung: 123,94 Prozent (2023: 119,15 Prozent). Rutscht von Rang 47 auf Rang 50.
Fazit: Wohngebäudeversicherung zeigt fragile Stabilität
Nach Jahren hoher Verluste hat sich die Wohngebäudeversicherung 2024 erstmals wieder spürbar stabilisiert. Steigende Prämien, weitgehend konstante Bestände und eine leichte Entlastung auf der Schadenseite führten dazu, dass die durchschnittliche Combined Ratio unter 100 Prozent fiel.
Schlagzeilen
Krankenversicherung: Diese Vertriebswege dominieren das Neugeschäft
Transportversicherung: Lkw-Diebstähle erreichen neue Dimension
Wohngebäudeversicherung 2024: Entspannung mit Vorbehalt
Oh du schreckliche V – Die #UglyChristmasInsuranceSweaterChallenge geht in die 5. Runde
Nürnberger Versicherung bleibt nach Übernahme eigenständig
Doch der Befund bleibt fragil: Viele Gesellschaften schreiben weiterhin Verluste, und das Ergebnis hängt stärker denn je von der Witterung ab. Jahre mit moderaten Sturmschäden können kurzfristig entlasten – ein einzelnes Extremereignis wie 2021 reicht jedoch aus, um die Bilanz erneut ins Minus zu drehen.
Anzeige
Hintergrund: Die hier präsentierten Zahlen und Analysen stammen aus dem soeben erschienenen Branchenmonitor Wohngebäudeversicherung 2025 der V.E.R.S. Leipzig GmbH. Die Studie untersucht die 50 größten Wohngebäudeversicherer Deutschlands und deckt damit rund 95 Prozent des Marktes ab. Erfasst werden Kennzahlen aus den Geschäftsjahren 2019 bis 2024, darunter Prämienentwicklung, Vertragszahlen, Schaden-Kosten-Quoten und versicherungstechnische Ergebnisse. Neben diesem Report stehen weitere aktuelle Branchenmonitore kostenpflichtig auf der Webseite der Leipziger Experten zum Download bereit.
- Wohngebäudeversicherung 2024: Entspannung mit Vorbehalt
- Branchenergebnis im Minus
- Combined Ratio: Die besten und schlechtesten Quoten 2024