Nürnberger Versicherung bleibt nach Übernahme eigenständig
Die Nürnberger Versicherung hat sich mit der Vienna Insurance Group (VIG) auf eine strategische Partnerschaft geeinigt. Die Österreicher wollen eine Mehrheitsbeteiligung übernehmen und bieten dafür 120 Euro pro Aktie. Beide Konzerne wollen gemeinsam Wachstum, Transformation und Stabilität vorantreiben.

Im Mai hatte die Nürnberger per Ad-hoc-Meldung verkündet, die eigene strategische Unabhängigkeit ergebnisoffen zu überprüfen. Der Vorstand sprach dabei erstmals auch offen über mögliche Handlungsoptionen – inklusive Partnerschaften oder eines Verkaufs. Nach dem sich die Vienna Insurance Group als Favorit herauskristallisiert hatte, wurde in dieser Woche ein unverbindliches Angebot in Höhe von 115 Euro je Aktie in Aussicht gestellt.
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Nun haben sich die Nürnberger Beteiligungs-AG und die Vienna Insurance Group (VIG) eine umfassende strategische Partnerschaft vereinbart. Nach erfolgreichem Abschluss der Due-Diligence-Prüfung unterzeichneten beide Seiten eine Zusammenschlussvereinbarung, die den Einstieg der VIG als Mehrheitsaktionärin vorsieht. Ziel ist es, die Nürnberger in ihrer Transformation zu einem Präventionsversicherer mit nachhaltigem, profitablem Wachstum zu unterstützen und die Marktposition beider Partner in Deutschland und Zentraleuropa zu stärken.
Rekordangebot: 120 Euro je Aktie
Im Rahmen der Vereinbarung verpflichtet sich die VIG, allen Aktionären ein freiwilliges öffentliches Erwerbsangebot zu unterbreiten. Der Angebotspreis beträgt 120 Euro pro Aktie in bar. Das entspricht einer Prämie von 173 Prozent auf den volumengewichteten Dreimonatsdurchschnittskurs sowie 154 Prozent auf den XETRA-Schlusskurs vom 13. Mai 2025. Eine unabhängige Fairness Opinion der Investmentbank ParkView Partners bewertet das Angebot als finanziell angemessen.
Die VIG hat zudem bestätigt, dass sich die Großaktionäre, zu denen unter anderem Munich Re, die Versicherungskammer Bayern, die Daido Life Insurance Company und Swiss Re zählen, im Rahmen unwiderruflicher Andienungsvereinbarungen verpflichtet haben, rund 64,4 Prozent des Grundkapitals in das Angebot einzubringen. Auch der Vorstand der Nürnberger will seine Anteile andienen. Damit ist der Weg zu einer kontrollierenden Mehrheitsbeteiligung für die Wiener geebnet.
Beide Parteien haben zudem vereinbart, für mindestens drei Jahre nach Vertragsabschluss keinen Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrag abzuschließen. Damit bleibt die Eigenständigkeit der Nürnberger zunächst gesichert.
„Mit der VIG gewinnen wir einen starken Partner, der unsere Werte teilt und unsere strategische Weiterentwicklung unterstützt“, sagt Harald Rosenberger, Vorstandsvorsitzender der Nürnberger. „Die Partnerschaft gibt uns die Möglichkeit, als eigenständiges Unternehmen unsere Transformation signifikant zu beschleunigen und damit auch unsere Marktposition weiter zu stärken.“
„Ziel der Investition ist, nachhaltiges und profitables Wachstum für die Nürnberger-Gruppe zu ermöglichen und mit der Diversifikation über den deutschen Markt auch die langfristige Wachstumsstrategie der VIG in CEE zu unterstützen. Mit unserer Mehrmarkenstrategie bieten wir ideale Voraussetzungen zur Standortsicherung sowie zum Identitätserhalt der starken Marke Nürnberger.“, sagt Hartwig Löger, Generaldirektor und Vorstandsvorsitzender der VIG.
Nürnberger: Standort, Marke und Arbeitsplätzen gesichert
Ein zentraler Bestandteil der Vereinbarung ist die Sicherung des Standorts Nürnberg sowie der bestehenden Arbeitsplätze und Betriebsvereinbarungen. VIG hat weitreichende Zusagen zur Mitarbeiterbindung und -förderung gegeben und sich verpflichtet, die Marke Nürnberger als eigenständiges Aushängeschild zu erhalten.
Darüber hinaus sagte die VIG erhebliche Investitionen zu. Insbesondere in die digitale Infrastruktur soll Geld fließen. Geplant ist die Finanzierung eines Großprojekts zur IT-Transformation, um eine moderne und effiziente Systemlandschaft zu schaffen. Diese Investitionen sollen die Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft der Nürnberger langfristig stärken.
Die Kooperation soll zwei Unternehmen mit komplementären Stärken verbinden: Die Nürnberger soll ihre führende Expertise in Biometrie, Einkommensschutz und Personenversicherung einbringen, während die VIG ihre starke Position in Zentraleuropa und ihr Know-how in der Digitalisierung und Risikosteuerung beisteuert. Durch die enge Zusammenarbeit sollen Synergien in Vertrieb, Produktentwicklung und Risikomanagement gehoben werden. Die Nürnberger will sich im Verbund mit der VIG am Standort Nürnberg zu einer dynamischen Wachstumsplattform für den deutschen Markt entwickeln. Die VIG profitiert zugleich vom Zugang zum deutschen Markt und der Erfahrung der Nürnberger im Bereich Beratung, Vertrieb und Kundenbindung.
Nächste Schritte: Angebotsunterlage und Delisting
Das Angebot steht noch unter dem Vorbehalt behördlicher Genehmigungen. Die Angebotsunterlage soll in den kommenden Tagen veröffentlicht werden; anschließend beginnt die Annahmefrist. Vorstand und Aufsichtsrat der Nürnberger begrüßen das Angebot ausdrücklich und beabsichtigen, es nach Prüfung der Unterlage den Aktionären zur Annahme zu empfehlen.
Im Zuge der Transaktion ist zudem geplant, die Nürnberger-Aktien von allen Handelsplätzen zu delisten, sobald dies gesetzlich möglich ist. Ein separates Delisting-Angebot ist nicht erforderlich, da die Aktien im unregulierten Markt notieren.