Betriebliche Altersversorgung: Mehrheit wünscht Kapitalmarktchancen und sozialen Ausgleich
Die Mehrheit der Arbeitnehmer wünscht sich in Bezug auf die betriebliche Altersversorgung (bAV) mehr Chancenorientierung, soziale Ausgleichsmechanismen und eine einfachere Teilnahme. Überraschend viele wären sogar bereit, auf eigene Vorteile zu verzichten, um mehr Gerechtigkeit zu schaffen.

Die betriebliche Altersversorgung (bAV) gilt als eine der wichtigsten Ergänzungen zur gesetzlichen Rente. Doch ihre Durchdringung stagniert seit Jahren. Trotz des zunehmenden Drucks auf die Rentenkassen und der demografischen Entwicklung nutzen viele Beschäftigte die bAV noch immer nicht. Eine aktuelle Studie des Beratungsunternehmens Aon zeigt nun, woran das liegen könnte und wie eine moderne Betriebsrente aussehen müsste, um Akzeptanz und Beteiligung zu steigern.
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Kapitalmarkt statt Zinsgarantie – aber mit Augenmaß
Zwei Drittel der Befragten (68 Prozent) wünschen sich, dass die bAV stärker die Chancen kapitalmarktorientierter Anlagen nutzt. Besonders jüngere und besserverdienende Arbeitnehmer sprechen sich für renditestärkere Modelle aus. Dennoch bleibt das Sicherheitsbedürfnis hoch: 55 Prozent bevorzugen weiterhin garantierte Leistungen, selbst wenn dadurch mögliche Renditechancen eingeschränkt werden.
Die Studie zeigt deutlich, dass mit steigendem Einkommen die Risikobereitschaft wächst. Während Beschäftigte mit einem monatlichen Einkommen unter 2.500 Euro Garantien deutlich wichtiger finden, sind Besserverdienende eher bereit, auf Sicherheit zugunsten höherer Erträge zu verzichten. Alter und Nähe zum Ruhestand spielen ebenfalls eine Rolle. Je näher der Rentenbeginn ist, desto größer ist der Wunsch nach Stabilität und Planbarkeit.
Ein zentrales Ergebnis betrifft die geschlechtsspezifischen Unterschiede in der Altersversorgung. Frauen verfügen im Durchschnitt über rund 37 Prozent weniger Alterseinkommen als Männer. Doch nur sieben Prozent der Männer und 14 Prozent der Frauen schätzen die tatsächliche Lücke korrekt ein. Ursache ist nach wie vor die Erwerbsbiografie: Frauen arbeiten häufiger in Teilzeit oder unterbrechen ihre Karriere für Kindererziehung und Pflege. Diese strukturellen Unterschiede führen zu geringeren Beitragszeiten und niedrigeren Versorgungsansprüchen. Auffällig: Nur etwa ein Drittel der Befragten sieht in der bAV-Struktur eine Benachteiligung von Frauen, bei den tatsächlich Betroffenen ist es immerhin die Hälfte.
Hohe Bereitschaft zum sozialen Ausgleich
Ein überraschendes Signal sendet die Studie beim Thema Solidarität: Eine Mehrheit der Beschäftigten ist bereit, eigene Vorteile zugunsten benachteiligter Gruppen einzuschränken. Bis zu zwei Drittel der Befragten befürworten, dass die bAV einen sozialen Ausgleich fördert. Das geht etwa durch kollektive Modelle, die Einbußen bei Erziehung, Pflege oder Krankheit abfedern.
„Unsere Untersuchung zeigt ein überraschend hohes Bekenntnis zum sozialen Ausgleich. Die Befragten sind bereit, für sich selbst niedrigere Versorgungsansprüche in Kauf zu nehmen, um im Gegenzug für benachteiligte Gruppen den Pension Gap zu reduzieren“, betont Angelika Brandl, Partnerin bei Aon. Arbeitgeber, die solche Komponenten in ihre Versorgungssysteme integrieren, könnten auf breite Zustimmung stoßen.
bAV bleibt Top-Priorität bei Zusatzleistungen
Der hohe Stellenwert der betrieblichen Altersversorgung zeigt sich auch in einer weiteren Frage: Wenn Arbeitgeber ein zusätzliches Budget zur Verfügung stellen, würden die meisten Beschäftigten dieses am liebsten in die bAV investieren. Auch beim Thema Auto-Enrollment, also der automatischen Einbeziehung in die Entgeltumwandlung mit Opt-out-Option, zeigt sich Aufgeschlossenheit. Zwei Drittel der Befragten befürworten ein solches Modell.
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Für Arbeitgeber ergibt sich daraus eine klare Botschaft: Eine moderne bAV, die Chancenorientierung, soziale Gerechtigkeit und Flexibilität miteinander verbindet, kann ein entscheidender Wettbewerbsvorteil im Kampf um Fachkräfte sein. „Die Studie bestätigt einmal mehr die hohe Wertschätzung, die die betriebliche Altersversorgung bei Arbeitnehmenden genießt“, sagt Stephanie Zelosko, Senior Consultant bei Aon. „Sie zeigt Präferenzen und Erwartungen auf und liefert damit Arbeitgebern zahlreiche wertvolle Anhaltspunkte für eine erfolgreiche Neueinführung oder Umgestaltung ihrer Versorgungssysteme.“
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