Nürnberger Versicherung: Übernahme wird konkret
Die Nürnberger Versicherung steht unmittelbar vor der Übernahme. Die Vienna Insurance Group will offenbar rund 1,3 Milliarden Euro für eine Mehrheitsbeteiligung beim fränkischen Versicherer bieten. Mit einem möglichen Angebot von 115 Euro je Aktie würde die VIG den Versicherer deutlich höher bewerten als zuletzt am Markt gehandelt.

Im Mai hatte die Nürnberger per Ad-hoc-Meldung verkündet, die eigene strategische Unabhängigkeit ergebnisoffen zu überprüfen. Der Vorstand sprach dabei erstmals auch offen über mögliche Handlungsoptionen – inklusive Partnerschaften oder eines Verkaufs. Inzwischen hat sich mit der Vienna Insurance Group ein Favorit herauskristallisiert.
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Der österreichische Versicherungskonzern hat ein unverbindliches Angebot in Höhe von 115 Euro je Aktie in Aussicht gestellt. Das entspricht einer Gesamtbewertung des Konzerns von etwa 1,3 Milliarden Euro. Damit wurde erstmals eine konkrete Größenordnung für eine mögliche Übernahme öffentlich. Das geht aus einer Unternehmensnachricht hervor.
Damit wurde erstmals eine konkrete Größenordnung für eine mögliche Übernahme öffentlich. Die Nachricht ließ den Aktienkurs der Nürnberger am Montag in die Höhe schießen: Die Aktie kletterte zeitweise auf 107,50 Euro, ein Plus von über 40 Prozent gegenüber dem Schlusskurs vom Freitag. VIG selbst äußerte sich zunächst nicht zu den laufenden Verhandlungen.
Nürnberger prüft Angebote – Exklusive Gespräche mit der VIG laufen
Die Nürnberger bestätigte, dass sie sich weiterhin in exklusiven Verhandlungen mit der VIG befinde. Gleichzeitig prüfe man aber auch andere Optionen. Insidern zufolge habe die VIG derzeit gute Chancen, den Zuschlag zu erhalten. Ihr Angebot sei nicht nur finanziell attraktiv, sondern auch auf eine vollständige Übernahme der Aktienmehrheit ausgelegt.
Nach Angaben der Nürnberger wurde der VIG zudem gestattet, Gespräche mit den Großaktionären zu führen. Diese halten zusammen den entscheidenden Einfluss auf die mögliche Transaktion. Zu den größten Anteilseignern zählen:
- Munich Re mit 19,1 Prozent,
- Neue Seba Beteiligungsgesellschaft mit 18,8 Prozent,
- Versicherungskammer Bayern (VKB) mit 16,3 Prozent,
- sowie Daido Life aus Japan mit 15 Prozent.
Die VKB, die selbst als potenzieller Käufer gehandelt wurde, erklärte, man werde das Angebot der VIG „intensiv prüfen“. Ein Sprecher der Versicherungskammer betonte gegenüber dem "Handelsblatt", dass man den angekündigten transparenten Prozess begrüße.
Während die Börse positiv auf das mögliche Angebot reagierte, regt sich unter den Aktionären Kritik. Mehrere Investoren monieren, dass der Nürnberger Vorstand sich zu früh auf einen einzigen Verhandlungspartner festgelegt habe. Dadurch seien mögliche Gegenangebote anderer Interessenten ausgeschlossen worden.
Der aktivistische Investor 7Square hatte in einem offenen Brief bereits vor Wochen einen „intransparenten Verkaufsprozess“ kritisiert. Geschäftsführer Thomas Schweppe sprach von weiteren potenziellen Bietern, die bereit wären, deutlich höhere Preise zu zahlen. Seinen Berechnungen zufolge liege der faire Unternehmenswert der Nürnberger zwischen 1,4 und 1,6 Milliarden Euro, was 119 bis 143 Euro je Aktie entspräche. Das nun genannte Angebot der VIG von 115 Euro je Aktie bewege sich damit am unteren Rand dieser Bewertungsspanne.
Zudem werfen einige Aktionäre dem Vorstand vor, der VIG durch interne Zusagen – etwa Jobgarantien für das Management – entgegengekommen zu sein. Dies habe Zweifel geweckt, ob das Management im Sinne der Anteilseigner handle oder eigene Interessen verfolge.