Versicherungsbote: Was verstehen Sie unter zukunftssicherem Kapitalanlagemanagement?

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Christine Berthold-Poje: Zukunftssicherheit ist eng mit der Thematik Digitalisierung verknüpft. Die digitale Transformation ist nichts Neues und trägt bereits seit vielen Jahren zum Wachstum, zur Agilität und zur Profitabilität von Versicherungsunternehmen bei. Was sich in all den Jahren allerdings gravierend verändert hat, sind die Schlüsseltechnologien, die dabei zur Anwendung kommen. Fortschrittliche Technologien wie unter anderem Cloud und künstliche Intelligenz (KI) haben eine neue Phase der Reife erreicht und eine neue Digitalisierungsphase eingeläutet. Diese fortschrittlichen Zukunftstechnologien sorgen für beispiellose Disruptionen und sind von zentraler Bedeutung, um im Technologiewettwerb des globalen Kapitalmarktes zu bestehen. Wir unterstützen Versicherer mit unseren Kapitalanlagemanagement-Lösungen und Managed Services bei diesem transformativen Wandel.

Maxim Pertl: Man muss hierbei allerdings die Schlüsseltechnologien differenziert betrachten. So ist Cloud nicht gleich Cloud. Während mittlerweile nahezu alle Lösungen im Kapitalanlagemanagement mit dem „cloud-basiert“-Label werben, sind nur die wenigsten tatsächlich von Grund auf für die Cloud konzipiert und entwickelt worden. Die Entscheidung für eine sogenannte cloud-native-Lösung ist ein Ansatz, der Daten zentralisiert betrachtet und verarbeitet – über alle Anlageklassen hinweg. Datensilos werden aufgebrochen und ersetzt. Dies ist ein technologischer Paradigmenwechsel, der über den Erfolg oder Misserfolg im Hinblick auf die Zukunftssicherheit der IT-Infrastruktur und des Betriebsmodells eines Versicherers entscheiden kann – sowohl im Kapitalanlagemanagement als auch darüber hinaus.Christine Berthold-Poje ist Senior Enterprise Sales Lead bei Clearwater Analytics (CWAN). Dort ist sie verantwortlich für die Geschäftsentwicklung im deutschsprachigen Raum.Christine Berthold-Poje ist Senior Enterprise Sales Lead bei Clearwater Analytics (CWAN). Dort ist sie verantwortlich für die Geschäftsentwicklung im deutschsprachigen Raum.Clearwater AnalyticsMaxim Pertl ist Partner Asset Owners & Managers DACH, CEE, bei Clearwater Analytics (CWAN). Dort ist er verantwortlich für die Geschäftsentwicklung im deutschsprachigen Raum.Maxim Pertl ist Partner Asset Owners & Managers DACH, CEE, bei Clearwater Analytics (CWAN). Dort ist er verantwortlich für die Geschäftsentwicklung im deutschsprachigen Raum.Clearwater

Können Sie die Vorteile eines Cloud-nativen Kapitalanlagemanagements näher ausführen?

Maxim Pertl: Systeme, die nachträglich in die Cloud gehoben werden, bringen alle ihre technologischen Altlasten mit. Wenn beispielsweise eine bestehende Legacy-Lösung über einen sogenannten Lift-and-Shift-Ansatz in einer Cloud-Umgebung installiert wird, haben Kunden nach wie vor ihre eigenständige, isolierte Installation und Datenbank. Jede Aktualisierung der Lösung erfordert individuelle Update-Projekte, um neue Funktionen bereitzustellen, Sicherheitslücken zu schließen und die Software auf eine neue Version zu migrieren. Man kennt das von Legacy-Systemen, wo diese Updates Projektzeiten von mehreren Monaten in Anspruch nehmen können, und entsprechend zusätzliche Kosten entstehen.

Bei dem Ansatz einer cloud-nativen-Architektur verwendet jeder Kunde dieselben Ressourcen sowie die gleiche Infrastruktur, was es einfach macht, die Lösung ohne Ausfallzeit zu aktualisieren. Selbstverständlich sind hierbei die individuellen Daten und Konfigurationen des jeweiligen Kunden isoliert und voneinander getrennt. Wir haben im letzten Jahr für unsere Kunden über 1.200 Updates bereitgestellt, ohne das sie davon beeinträchtigt oder dadurch Kosten verursacht werden. Mit der Entscheidung für eine cloud-native Lösung führt man in der Regel keine Migrations- und Updateprojekte mehr durch. Was heißt das jetzt aber insbesondere für die Kapitalanlage? Falls Kunden beispielsweise neue Reporting- oder regulatorische Anforderungen haben, neue Anlageklassen oder Märkte erschließen möchten, dann werden all diese Änderungen zentral über die cloud-native Plattform einfach zugeschaltet. Das Upgrade wird dadurch zum „final upgrade“.

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Die weiteren Vorteile einer cloud-nativen Technologie sind mannigfaltig, aber das genannte Beispiel ist sicherlich ein zentraler Punkt hinsichtlich einer strategischen Entscheidung für diese Technologie.

Versicherer müssen jetzt neue Wege gehen

Inwiefern haben demografische Entwicklungen Einfluss auf die Versicherer? Welche sind das genau? Was kann cloud-natives Investmentmanagement dabei leisten?

Christine Berthold-Poje: Die alternde Weltbevölkerung bringt nicht nur neue Risiken und ein verändertes Kundenverhalten mit sich – auch die Versicherer selbst geraten zunehmend unter Druck. Während der Anteil älterer Versicherungsnehmer steigt, droht der Branche gleichzeitig ein massiver Wissensverlust durch den demografisch bedingten Rückzug von Mitarbeitern in den Ruhestand. Wenn wir bei Kunden Assessment-Analysen durchführen, um deren Betriebsabläufe und Herausforderungen besser zu verstehen, signalisieren Versicherer, dass sie zwischen 33 und 51 % ihrer Fachkräfte in den kommenden 5 bis 10 Jahren an den Ruhestand verlieren werden. Im Kapitalanlagemanagement sind hierbei insbesondere der Middle- und Back-Office-Bereich betroffen. Die Unternehmen wissen, dass die klassischen Antworten auf Fachkräftemangel – sprich via Ausbildung und Recruitment - bei diesem Volumen an ihre Grenzen stoßen werden. Insofern müssen sie bereits jetzt neue Wege gehen. Digitalisierung ist hierbei sicherlich kein alleiniges Patentrezept, kann aber einen wichtigen Beitrag leisten, um diesem zukünftigen Fachkräftemangel zu begegnen.

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Maxim Pertl: Als Antwort hierauf beziehen Kunden neben der zentralisierten Bereitstellung neuer Funktionalitäten auch hochskalierbare Managed Services über die cloud-native Lösung. Im Fall unserer Investmentmanagement-Lösung steht beispielsweise ein globales Team von 800 Datenspezialisten zur Verfügung, das über die verschiedenen Zeitzonen unserer Kunden verteilt ist. Dieses Team sorgt täglich mit Datenbereinigung und -abgleich für eine Datenbasis in Audit-Qualität. Fehlerhafte Daten oder Exceptions werden erkannt und bereinigt, wobei das korrigierte Ergebnis in Echtzeit über die Plattform an alle relevanten Kunden bereitgestellt wird. Dieser Prozess hat grundlegende Auswirkungen auf die Verfügbarkeit und Qualität der Daten, was die nachgelagerten Funktionen erheblich verbessert. Dazu gehören unter anderem die Optimierung des Risikomanagements, das interne und regulatorische Reporting, Benchmarks, (Performance-)Analysen, ein verbessertes Management der Gesamtexposure sowie der Einsatz spezialisierter künstlicher Intelligenz.

Diese Managed Services befreien Versicherer von iterativen und teilweise manuellen Routineaufgaben und helfen ihnen sich auf ihr Kerngeschäft zu fokussieren.

Das heißt, dass sich durch die Implementierung cloud-nativen Investment-Managements die Personalstruktur eines Versicherers verändert? Welche Job Skills werden künftig verstärkt im Mittelpunkt stehen?

Christine Berthold-Poje: Wie bereits von Herrn Pertl angesprochen, gilt die Konzentration auf die wertschöpfenden Kerntätigkeiten im Kapitalanlagemanagement als Erfolgsformel dieses Ansatzes. Die kontinuierliche Anbindung neuer Datenquellen sowie unterschiedlichster Formate, die Gewährleistung der Datenverfügbarkeit, endlose Datenabgleiche mit häufigen Rückfragen über die jeweiligen Abteilungen des Front-to-Back Investmentprozesses sind in der Kapitalanlage an der Tagesordnung. Wertvolle Mitarbeiterressourcen werden durch diese iterativen und teilweise manuellen Tätigkeiten gebunden. Durch den cloud-nativen Managed Service entfallen diese Aufgaben intern, so dass Versicherer die Kapazitäten ihrer Teams für höherwertige Aufgaben, wie das nachgelagerte Reporting und Analytics, einsetzen und darüber hinaus intern Innovation vorantreiben können. Daraus ergeben sich für Versicherer zahlreiche Vorteile im Hinblick auf Agilität, Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit. Des Weiteren ist es aber auch gleichzeitig eine Möglichkeit dem zukünftigen, durch demografische Entwicklungen verursachten Fachkräftemangel zu begegnen.

Zentralen Herausforderungen der Versicherer

Welches sind die zentralen Herausforderungen, die Versicherer bei der Kapitalanlage zu beachten haben?

Maxim Pertl: Wir beobachten ein kontinuierliches Bestreben, das bestehende Betriebsmodell abzulösen, um angesichts der sich verschärfenden demografischen Entwicklungen, Regulatorik und Kosten zukunftssicher zu werden. Die Versicherungsbranche legt aktuell eine hohe Dynamik bei der Transformation an den Tag: Nahezu alle Versicherer im deutschsprachigen Raum sowie international prüfen ihre Optionen oder haben sich bereits auf diese transformative Reise begeben.

Neben dieser disruptiven Entwicklung gibt es aber auch weitere Fokusthemen, denen wir – als Technologieunternehmen – bei fast allen Häusern begegnen und bei denen wir mit unserer cloud-nativen Lösung unterstützen. Hierzu zählen zum Beispiel das im Rahmen von Solvency II geforderte Look-Through für Private-Markets-Vermögenswerte, um die Risiken einer Kapitalanlage zu erfassen. Auch eine Cross-Asset Exposure-Analye – also eine Risikoeinschätzung über alle Anlageklassen hinweg – in Echtzeit ist eine zentrale Herausforderung bei vielen Versicherungsunternehmen. Für viele dieser Häuser sind diese Fokusthemen mit ihrer aktuellen Systemlandschaft nur mit extremen Aufwänden und auf keinen Fall in Echtzeit realisierbar. Grund dafür sind in der Regel historisch gewachsene Datensilos und -blockaden.

Worin liegt genau die Herausforderung bei Daten in der Kapitalanlage?

Christine Berthold-Poje: Ein effizienter Umgang mit Daten ist für den Geschäftserfolg eines Versicherers von zentraler Bedeutung. In der Praxis zeigt sich jedoch, dass es in Versicherungsunternehmen meist immer noch siloartige Datenarchitekturen gibt. Das Datenvolumen nimmt aufgrund neuer regulatorischer Anforderungen, neuer Anlageklassen sowie Märkte, zunehmender Digitalisierung und Technologie kontinierlich zu, und somit auch die Komplexität, der steigende Aufwand und die Kosten im Datenmanagement. Zusätzlich erschweren isolierte Datenbestände, fehlende Datenintegration und -konsistenz zwischen Legacy-Systemen im Front-, Middle- und Back-Office die Bemühungen, datengetriebene Prozesse strukturierter, transparenter und übergreifender zu managen. Innerhalb einer solchen Architektur wird Datenmanagement zur Sisyphusaufgabe.

Maxim Pertl: Anstatt Daten lediglich für Monats- oder Quartalsberichte aufzubereiten, liefern wir mit unserem skalierbaren Managed Service über die Cloud täglich eine bereinigte, zentralisierte Datenbasis für alle Assetklassen. Datenredundanzen werden eliminiert, und eine Datenkonsistenz über Portfolios, Reporting und Systeme gewährleistet.

Für die schnell voranschreitenden Entwicklungen im Bereich der künstlichen Intelligenz ist eine solide, kapitalmarktweite Datenbasis von immenser Bedeutung und kann massive Wettbewerbsvorteile generieren – denn der Wert von KI steht und fällt mit der Güte und dem Volumen der genutzten Daten. Spezialisierte KI wird entlang der gesamten Wertschöpfungskette des Front-to-Back-Investmentprozesses Anwendung finden. Wir entwickeln beispielsweise via spezialierter KI Co-Piloten für die Umsetzung personaspezifischer Aufgaben sowie zur Erhebung neuer Insights und Analytics, wie Benchmark-Szenarien, Vergleiche mit definierten Peers über unterschiedliche Zeiträume oder zu Marktevents. Kunden können hierdurch neue Erkenntnisse zu Over- oder Underperformance – einschließlich der Ursachen und potenzieller Korrekturmaßnahmen – erhalten.

Welche neuen bzw. zusätzlichen Assetklassen könnten durch cloud-natives Investment Management künftig erschlossen werden?

Maxim Pertl: „The sky has no limit” – unsere datenzentrierte Plattform integriert bereits jetzt mehr als 100 Private- und Public-Market-Assetklassen in einer „Single Source of Truth“. Über die Jahre haben wir immer wieder Assetklassen hinzugefügt, wobei Kunden vom einzigartigen Netzwerkeffekt einer cloud-nativen Lösung profitiert haben. Denn jede neue Assetklasse steht nach der Integration ins System allen unseren mehr als 2.400 Kunden auf Wunsch sofort zur Verfügung.

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