PKV im Härtetest: Rating zeigt Gewinner und Verlierer der aktuellen Bilanzen
Das neue Bilanzrating für private Krankenversicherer aus dem traditionsreichen MAP-Report ist da. Im Fokus stehen die wirtschaftliche Stabilität der Anbieter und ihre Anpassungsfähigkeit an steigende Gesundheitskosten. Und erstmals gibt es einen neuen Spitzenreiter an der Spitze des Rankings. Versicherungsbote stellt ausgewählte Ergebnisse vor.

- PKV im Härtetest: Rating zeigt Gewinner und Verlierer der aktuellen Bilanzen
- Gewinner und Verlierer: Eine engere Spitze, ein breiteres Mittelfeld
Kaum ein Thema ist so spannend und zugleich so kontrovers wie die private Krankenversicherung. Denn es geht um ein System, das sich – ebenso wie die gesetzliche Krankenversicherung – zunehmend fragil zeigt, wenn es mit steigenden Ausgaben und dem demografischen Wandel konfrontiert wird. Die Probleme sind nicht neu: Gesundheitskosten steigen seit Jahren, die Alterung der Gesellschaft verstärkt den Druck, moderne Therapien treiben die Ausgaben zusätzlich in die Höhe.
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Im Vorwort des neuen MAP-Reports spricht Chefredakteur Reinhard Klages jedoch eine weitere unbequeme Wahrheit an: „Steigende Sozialausgaben treffen alle. Sie verteuern Arbeit, schwächen die Wettbewerbsfähigkeit und mindern die Kaufkraft. Und naturgegeben sind sie nicht, obwohl es gern so verkauft wird.“ Für ihn liegt das Problem weniger allein in der Demografie, sondern in systemischen Fehlanreizen: überhöhte Medikamentenpreise, falsche Diagnosen, doppelte Abrechnungen. „Der Schaden für das System geht in die Milliarden – Geld, das am Ende bei der Versorgung fehlt und die Beiträge hochtreibt.“
Digitalisierung als Hoffnungsschimmer
Wenn die PKV auch in Zukunft stabil bleiben soll, braucht es Antworten auf diese Herausforderungen. Klages sieht Potenzial in konsequenter digitaler Kontrolle: „Der Ausbau der Digitalisierung könnte Abrechnungsbetrug massiv erschweren. KI-gestützte Prüfungen sind längst in der Lage, Muster zu erkennen, die menschlichen Kontrolleuren entgehen.“ Für die PKV ist das mehr als eine technische Option – es geht um die Glaubwürdigkeit, Beiträge langfristig stabil zu halten.
Hinzu kommt ein weiterer Dauerbrenner: die Verwaltungskosten. Sie geraten in der politischen Diskussion immer wieder unter Druck, weil sie vergleichbar sind und als Gradmesser für Effizienz gelten. Auch hier eröffnet digitale Technik neue Spielräume: Prozesse lassen sich verschlanken, Kosten reduzieren. Damit verbindet sich für die PKV ein Hoffnungsschimmer – dass steigende Beiträge zumindest teilweise durch Effizienzgewinne abgefedert werden können.
Was zeigen die Bilanzen aktuell?
So dringend die Zukunftsfragen auch sind – am Ende entscheidet die wirtschaftliche Basis, wie stabil die PKV bleibt. Und genau hier setzt das aktuelle Bilanzrating des MAP-Reports – erneut – an. Es untersucht die Bilanzen der Jahre 2020 bis 2024 und zeigt, wie solide die Versicherer derzeit wirtschaften.
Und wieder ist es eine umfangreiche Analyse, die weit über Einzelzahlen hinausgeht. Ein Bilanzrating misst nicht nur, wie hoch Erträge und Kosten im letzten Geschäftsjahr waren. Es zeigt, ob ein Unternehmen in der Lage ist, über längere Zeiträume verlässlich Rücklagen zu bilden, seine Verwaltung effizient zu organisieren und die Versicherten am wirtschaftlichen Erfolg zu beteiligen. Kurz: Es ist ein Gradmesser dafür, wie krisenfest und nachhaltig ein Krankenversicherer tatsächlich aufgestellt ist. Umso spannender ist der Blick in die Ergebnisse.
Was wurde gemacht?
Der MAP-Report 940 bewertet die Bilanzen privater Krankenversicherer für den Zeitraum von 2020 bis 2024. Längere Zeiträume sind wichtig, weil sie kurzfristige Effekte – etwa außergewöhnlich hohe Kapitalerträge oder Verluste – glätten. Auf diese Weise wird sichtbar, wie stabil ein Unternehmen tatsächlich wirtschaftet. Für das Gesamtrating wurden folgende neun zentrale Bilanzkennzahlen analysiert:
- Nettorendite: misst den Erfolg der Kapitalanlagepolitik. Für private Krankenversicherer ist sie von entscheidender Bedeutung, da Kapitalerträge neben den Beiträgen die wichtigste Einnahmequelle darstellen.
- RfB-Zuführungsquote: zeigt, wie viel der verdienten Bruttobeiträge in die Rückstellung für Beitragsrückerstattung fließt.
- RfB-Quote: stellt den Bestand dieser Rückstellung ins Verhältnis zu den verdienten Beiträgen und macht sichtbar, wie gut ein Versicherer für künftige Anpassungen vorsorgt.
- Versicherungsgeschäftliche Ergebnisquote: spiegelt wider, ob die kalkulierten Prämien ausreichen, um Schäden und Kosten zu decken.
- Überschussverwendungsquote: misst, in welchem Umfang der Gesamterfolg an die Versicherten zurückgegeben wird.
- Vorsorgequote: zeigt, welcher Anteil der Bruttobeiträge für die Vorsorge im Alter zurückgelegt wird.
- Abschlusskostenquote: bewertet, wie viel ein Versicherer für den Neuabschluss von Verträgen ausgibt.
- Verwaltungskostenquote: zeigt die Effizienz der internen Strukturen.
- Solvabilitätsquote (SCR-Quote): misst die Risikotragfähigkeit und gibt an, ob ein Versicherer auch in Krisenzeiten über ausreichend Eigenmittel verfügt.
Neu hinzugekommen sind im aktuellen MAP-Report zwei zusätzliche Wachstumsgrößen:
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- die Entwicklung der Beitragseinnahmen,
- sowie die Veränderung der Zahl der Vollversicherten.
Ihr Gewicht bleibt mit zusammen weniger als 3,5 Prozent zwar gering, sie ergänzen aber das Bild, wie dynamisch ein Versicherer im Markt agiert.
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Wie die Bilanznoten ermittelt wurden
Die Bewertung der privaten Krankenversicherer im MAP-Report 940 basiert auf einem Punktesystem. Für jede der neun Kernkennzahlen konnten Punkte vergeben werden, insgesamt bis zu 300. Besonders wichtige Größen – wie die Nettorendite oder die Solvabilitätsquote – wurden dabei höher gewichtet, da sie am unmittelbarsten Auskunft über die langfristige Stabilität und Krisenfestigkeit eines Unternehmens geben. Weniger ausschlaggebende Kennzahlen wie die Abschluss- oder Verwaltungskostenquote flossen zwar in die Bewertung ein, hatten aber geringeren Einfluss auf das Gesamtergebnis.
Gewinner und Verlierer: Eine engere Spitze, ein breiteres Mittelfeld
Nachdem im Vorjahr noch die LVM die Rangliste anführte, gibt es im aktuellen MAP-Report einen Führungswechsel: Erstmals gelingt es der Universa, den Spitzenplatz zu erobern. Mit 276,5 Punkten (92,2 Prozent) steigt sie zum bilanzstärksten privaten Krankenversicherer Deutschlands auf. Nur knapp dahinter folgt die LVM mit 273,5 Punkten (91,2 Prozent) – jahrelang hatte sie im MAP-Rating das Siegertreppchen für sich gepachtet. Die Alte Oldenburger komplettiert mit 272,5 Punkten (90,8 Prozent) die Spitzengruppe.
„Der Vorsprung auf das Verfolgerfeld könnte knapper kaum sein“, kommentiert MAP-Chefredakteur Reinhard Klages. Tatsächlich liegen zwischen den drei Erstplatzierten nur vier Punkte – ein Beleg dafür, wie dicht die Spitze zusammengerückt ist.
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Doch auch die Signal Iduna gehört mit 264,5 Punkten (88,2 Prozent) klar zur Spitzengruppe. Sie zählt ebenfalls zu den Gesellschaften mit der Bestnote „hervorragend“ (mmm+). Herausgefallen aus dieser Top-Kategorie ist dagegen die VGH Provinzial, die nun das Feld der Versicherer mit „sehr gut“ anführt.
Zur zweiten Gruppe mit „sehr gut“ (mmm) zählen neben der VGH Provinzial die Inter, die Hallesche, die Allianz, die R+V und die Landeskrankenhilfe. Damit erreichten insgesamt zehn Anbieter Bewertungen in den beiden oberen Kategorien – ein deutliches Signal für die Stabilität weiter Teile des Marktes.
Erneut ein breites Mittelfeld
Wie schon im Vorjahr zeigt sich auch diesmal ein breites Mittelfeld. Neun Versicherer wurden mit „gut“ (mm) bewertet. Hier bestätigt sich, dass solide Ergebnisse möglich sind, auch wenn der Sprung in die Spitze verfehlt wurde.
Hinzu kommen sieben Gesellschaften mit „befriedigend“ (m) – ein Bereich, in dem sich bereits Verbesserungsbedarf abzeichnet. Die Zahl wäre gegenüber dem Vorjahr konstant geblieben, wären nicht zwei Unternehmen weiter abgerutscht. Damit wächst die Gruppe der Versicherer, die nur ein „ausreichend“ (m-) erreichen, von zwei auf vier Gesellschaften.
Die Schlusslichter des Tests
Am Ende des Feldes finden sich diesmal die Concordia (53,3 %), die Huk-Coburg (53,0 %), die VRK (48,7 %) und die Nürnberger (45,0 %). Sie alle erhielten nur die niedrigste Bewertung „ausreichend“ (m-). Damit hat sich die Zahl der Schlusslichter im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt.
Das bedeutet: Diese Gesellschaften erfüllen zwar die aufsichtsrechtlichen Mindestanforderungen, sie zeigen aber deutlich geringere Reserven und Spielräume als die Konkurrenz. Für Klages ist das ein Warnsignal: „Wo die Spielräume enger werden, steigt der Handlungsdruck. Gerade die Gesellschaften im hinteren Feld müssen ihre Stabilität stärken, wenn sie den steigenden Belastungen gewachsen sein wollen.“
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Die Testsieger im Überblick
Nach den Schlusslichtern lohnt der Blick nach oben: Wer gehört zu den Gewinnern des Bilanzratings? Insgesamt zehn Gesellschaften erreichten die beiden besten Noten „hervorragend“ (mmm+) und „sehr gut“ (mmm) – ein Zeichen für Stabilität und nachhaltige Wirtschaftskraft:
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- Universa – 276,5 Punkte (92,2 %) – mmm+
- LVM – 273,5 Punkte (91,2 %) – mmm+
- Alte Oldenburger – 272,5 Punkte (90,8 %) – mmm+
- Signal Iduna – 264,5 Punkte (88,2 %) – mmm+
- VGH Provinzial – 245,0 Punkte (81,7 %) – mmm
- Inter – 238,0 Punkte (79,3 %) – mmm
- Hallesche – 228,5 Punkte (76,2 %) – mmm
- Allianz – 227,0 Punkte (75,7 %) – mmm
- R+V – 226,0 Punkte (75,3 %) – mmm
- Landeskrankenhilfe – 225,0 Punkte (75,0 %) – mmm
Hintergrund: Die aktuelle Ausgabe des MAP-Reports ist bei Franke und Bornberg erschienen – diesmal mit der stolzen Nummer 940. Unter dem Titel „Bilanzrating Private Krankenversicherung 2024“ enthält das Analyse-Instrument eine Vielzahl von Bilanzkennzahlen, die den Zeitraum von 2020 bis 2024 abdecken. Damit bietet der Report einen fundierten Überblick über die wirtschaftliche Stabilität der Branche – und wird zu einem wertvollen Werkzeug für Marktbeobachter, Vermittler und alle, die die private Krankenversicherung im Detail verstehen wollen. Wie immer kann die Studie kostenpflichtig über die Webseite der Rating-Experten bezogen werden.
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