Versicherer setzen auf Effizienz statt Wachstum
Die Versicherungsbranche steht insbesondere vor den beiden Herausforderungen der wirtschaftlichen Unsicherheit sowie dem steigenden Effizienzdruck. Wo Versicherer jetzt den Hebel ansetzen, zeigt eine aktuelle Studie.

Angesichts einer unsicheren Weltwirtschaft und unberechenbarer Kapitalmärkte müssen Versicherungsunternehmen derzeit gleich mehrere Baustellen bewältigen. Die aktuelle Horváth-Studie „Assekuranzen 2025“ zeigt deutlich: „Die Markt- und Wettbewerbssituation ermöglicht aktuell kein Stückewachstum auf breiter Front, sondern nur in spezifischen Segmenten. Umso mehr Fokus liegt daher auf der Ergebnisverbesserung“, sagt Martin Müller, Partner und Insurance-Experte bei Horváth.
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Deshalb rückt die Verbesserung von Kosten- und Gewinnstrukturen im strategischen Ranking weiter nach oben. Kostenoptimierung belegt hinter der Digitalisierung Platz zwei. Das ist ein Sprung um zwei Positionen. Themen wie Nachhaltigkeit und Cybersecurity verlieren dagegen an Relevanz. Letztere fällt nach den intensiven Vorbereitungen zur DORA-Umsetzung sogar von Platz drei auf Platz acht.
„Viele Versicherer sind gezwungen, sich wieder stärker auf das Fundament ihres Geschäfts zu konzentrieren. Es geht darum, Beitrags-, Kosten- und Schadenstrukturen gezielt zu optimieren und gleichzeitig in die Zukunftsfähigkeit des Geschäftsmodells zu investieren“, betont Müller.
KI bleibt oft in der Pilotphase stecken
Obwohl die digitale Transformation Top-Priorität hat, stagniert der Einsatz von Künstlicher Intelligenz. „Jeder zweite Versicherer befindet sich, über alle Einsatzbereiche hinweg, noch mehrheitlich in Pilotphasen. Ausgereifte Lösungen sind bislang erst bei jedem zehnten Unternehmen im Betrieb“, so Müller. Skalierte und voll integrierte KI-Technologien sind mit nur zwei Prozent Verbreitung die Ausnahme. Doch das Management will nun aus der Experimentierphase heraus: „Anstatt möglichst viele Use Cases zu verfolgen, setzt nun eine Fokussierung auf wenige ein, die mit konkreten Effizienz- und Einsparzielen hinterlegt sind,“ erklärt Müller.
Ein zentrales Hindernis bleibt an dieser Stelle die gewachsene IT-Landschaft mit verteilten Datensilos. 60 Prozent der Befragten wollen daher verstärkt in IT-Modernisierung und Cloud-Migration investieren.
Im Bereich der Privaten Krankenversicherung profitiert die Branche derzeit von einem „klaren Preis-Leistungsvorteil gegenüber der GKV“. Vor allem im oberen Tarifsegment würde die Wechselbereitschaft wachsen. 64 Prozent der Unternehmen setzten auf die Optimierung der Schadenquote, beispielsweise durch präventive Maßnahmen oder eine gezieltere Steuerung der Leistungserbringer.
In der Schaden- und Unfallversicherung zählt dagegen Ertrag vor Volumen. Fast zwei Drittel der Versicherer planen Beitragsanpassungen, um gestiegene Werkstattkosten und Ersatzteilpreise auszugleichen. „Wer sich im Privatkundengeschäft durchsetzen will, braucht aktuarielle Pricing-Exzellenz und gleichzeitig eine hohe Servicequalität, die auch bei Beitragsanpassungen überzeugt,“ betont Müller.
Die gestiegenen Zinsen haben den Druck in der Lebensversicherung etwas gelindert, teilweise wird sogar über eine Rückkehr von Garantieprodukten nachgedacht. Doch Müller warnt: „Die Kostentragfähigkeit ist unter Druck geraten. Es geht jetzt darum, gezielt die ertragreichsten Segmente zu identifizieren und dort Wachstum zu realisieren – ohne dabei den Kundennutzen aus dem Blick zu verlieren.“
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Überdies würde der Druck aufgrund externer Einflüsse ansteigen. „Die wirtschaftliche Unsicherheit stresst den Vertrieb, die anstehende Verrentungswelle bei den eigenen Mitarbeitern die Operations, der Regulator über Wohlverhaltensaufsicht die Kostenstrukturen“, so Müller. Resulierend daraus wollen 43 Prozent der Befragten das Kostenverhältnis optimieren. 34 Prozent der Versicherungsunternehmen legen einen starken Fokus auf die aktive Steuerung der Portfoliostruktur hin zu ertragreichen Produkten.
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