Müssen Sparer die nachträgliche Kürzung von Rentenfaktoren aufgrund des Niedrigzinses hinnehmen? Nein, urteilt das Oberlandesgericht Stuttgart. Im betroffenen Fall hatte die Allianz von der Anpassungsklausel Gebrauch gemacht und den Rentenfaktor bei einer fondsgebundenen Riester-Rente gesenkt. Konkret ging es um die Reduzierung des ursprünglich vereinbarten Rentenfaktors von 41,05 Euro pro 10.000 Euro Vertragsguthaben.

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Das Landgericht Berlin (Az. 4 O 177/23) erklärte die zugrunde liegende Klausel für unwirksam, da die fondsgebundenen Riester-Rentenversicherung den vertraglich zugesicherten Rentenfaktor nicht einseitig zum Nachteil der Kunden herabsetzen darf. Schließlich sei keine Rückanpassung des Rentenfaktors bei verbesserten Rechnungsgrundlagen vorgesehen. Und: Das stelle eine unangemessene Benachteiligung der Verbraucher dar. Zudem räumt die Klausel den Versicherungsnehmern keine ausreichende Möglichkeit ein, die Rentenkürzung durch zusätzliche Einzahlungen zu kompensieren. Auf das Urteil hatte die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer aufmerksam gemacht, die das Verfahren führte und in der Entscheidung ein richtungsweisendes Urteil im Kampf gegen rechtswidrige Rentenkürzungen sieht.

Die Entscheidung des LG Berlin folgt der Argumentation des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 30. Januar 2025 (Az. 2 U 143/23), das bereits eine ähnliche Klausel der Allianz für unwirksam erklärt hatte. Beide Urteile betonen die Bedeutung des Rentenfaktors als wesentliches Leistungsversprechen und kritisieren die einseitige Gestaltung zugunsten des Versicherers.

Im Fall vor dem OLG Stuttgart hatte die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg einen Versicherungsnehmer unterstützt, dessen Rentenfaktor von 38,74 Euro auf 30,84 Euro Monatsrente je 10.000 Euro erspartem Kapital gekürzt worden war. Auch hier hatten die Richter klären müssen, ob es gegen das Äquivalenzprinzip verstoße, wenn der Versicherer mit so einer Klausel einseitig den Rentenfaktor kürzen kann.

Der 2. Zivilsenat des OLG Stuttgart hatte schließlich der Berufung der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg stattgegeben und der Allianz die Verwendung dieser Klausel sowie inhaltsgleicher Klauseln untersagt (Az: 2 U 143/23). Denn mit der Klausel würde allein das Interesse des Versicherers verfolgt, die Rentenhöhe abzusenken. Die Klausel sehe hingegen nicht vor, dass die Absenkung wenigstens teilweise wieder rückgängig gemacht werde, wenn sich die Verhältnisse wieder nachhaltig bessern würden. Damit werde das Recht zur Vertragsanpassung einseitig zugunsten des Versicherers ausgestaltet. Da das Urteil noch nicht rechtskräftig war, wollte die Allianz die Entscheidungsgründe prüfen und entscheiden, ob gerichtliche Schritte gegen das Urteil ergriffen werden soll.

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