In der Hausratversicherung ist auch der Einbruchsdiebstahl versichert. Für Wertgegenstände freilich gelten hier besondere Bedingungen. Zum einen werden – je nach Versicherungssumme und Prämie – Entschädigungsgrenzen definiert. Zum anderen greift eine untere Entschädigungsgrenze für alle Wertgegenstände, die nicht in einem Tresor aufbewahrt werden.

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Weil die Tresorklausel mittlerweile ein „gerichtsfestes“ Allgemeingut ist, war auch der Versuch einer Klägerin vor dem Oberlandesgericht Hamm vergebens, die Wirksamkeit dieser Klausel anzugreifen. Und doch hatte sie über zwei Instanzen hinweg den vollen Erfolg: Ihr Hausratversicherer wurde dazu verurteilt, an die Klägerin 30.726,56 Euro nachzuzahlen. Der Grund: ein Agent hätte die Frau besser über die Tresorklausel aufklären müssen. Das Urteil veranschaulicht exemplarisch das Haftungsrisiko durch Tresorklauseln für Vermittler.

Klägerin lagerte teureren Schmuck außerhalb des Tresors

Was führte zum Streit vor Gericht? Bei der Klägerin wurde im November 2017 eingebrochen. Die Diebe erbeuteten unter anderem Schmuck im Wert von rund 52.000 Euro. Das Problem: Die Frau hatte ihren Schmuck, anders als in den Vertragsbedingungen gefordert, nicht sachgerecht in einem Tresor gelagert. Also weigerte sich die Versicherung, den vollen Betrag zu ersetzen.

Der Hausratversicherer konnte sich hierbei auf seine Vertragsbedingungen berufen. Denn dort ist zu lesen: „Ferner ist die Entschädigung für (…) Wertsachen je Versicherungsfall begrenzt, wenn sich diese außerhalb verschlossener mehrwandiger Stahlschränke mit einem Mindestgewicht von 200 kg und auch außerhalb eingemauerter Stahlwandschränke mit mehrwandiger Tür, oder außerhalb besonders vereinbarter sonstiger verschlossener Behältnisse mit zusätzlichen Sicherheitsmerkmalen befinden.“ Diese untere Wertsachen-Grenze war bei 21.000 Euro festgeschrieben. Also zahlte der Hausratversicherer, statt der geforderten 52.000 Euro, nur 21.000 Euro.

Weil die Frau aber meinte, ihr würden die restlichen 31.000 Euro auch noch zustehen, zog sie vor Gericht – und gewann erst vor dem Landgericht( LG) Essen (Az. 30 - 18 O 201/19) und dann (nachdem der verklagte Hausratversicherer in Berufung ging) auch noch vor dem Oberlandesgericht Hamm (Az. 20 U 266/19). Und das, obwohl es an der Gültigkeit der Klausel keinerlei juristischen Zweifel gibt, wie das Oberlandesgericht Hamm in aller Deutlichkeit herausstellte.

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An der Wirksamkeit der Tresorklausel gibt es keinen juristischen Zweifel

Zum Scheitern verurteilt war von vorn herein der Versuch der klagenden Versicherungsnehmerin, die Klausel für unwirksam erklären zu lassen. Denn bereits am 16.03.1983 definierte der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Grundsatzurteil die „Pflicht des Versicherungsnehmers zur sachgerechten Aufbewahrung wertvoller Gegenstände“ (Urteil vom 16.03.1983/ Az. IVa ZR 111/81). Ein Urteil, auf das in nachfolgenden Gerichtsentscheiden immer wieder Bezug genommen wurde. So stellte auch das Oberlandesgericht Hamm in aller Deutlichkeit heraus: „Die Klägerin … beruft sich zu Unrecht auf die Unwirksamkeit der Tresor- / Verschlussklausel.“ An der Klausel, die eine Wertobergrenze für nicht im Tresor gelagerte Wertgegenstände festlegt, gibt es also aus juristischer Sicht nichts zu rütteln.

Beratungsfehler: warum die Frau dennoch erfolgreich klagte

Warum aber bekam die Frau dennoch vor beiden Gerichten Recht? Der Grund lag in einem Beratungsfehler. Denn die Hausratversicherung kennt mehrere Wertsachen-Grenzen für gestohlenen Schmuck und gestohlene Wertsachen:

  • Tresorklauseln: Diese legen eine Obergrenze fest für Wertgegenstände, die nicht im Tresor gelagert wurden. Die Klauseln definieren in der Regel auch Mindeststandards für den Wertschutzschrank – zum Beispiel DIN-Normen, ein Mindestgewicht oder Vorgaben, wie der Tresor fest zu verbauen ist.
  • Allerdings gibt es auch Entschädigungsgrenzen für Wertgegenstände, die ordnungsgemäß in geeigneten Wertschutzschränken gelagert werden. Diese werden über einen bestimmten Prozentsatz der Versicherungssumme festgelegt.

Auch für in Tresoren gelagerte Wertsachen gibt es Entschädigungsgrenzen – bis zu einem bestimmten Prozentsatz der Versicherungssumme

Die meisten Hausratversicherungen leisten auch nicht unbegrenzt für Wertsachen, die sachgemäß in Tresoren gelagert werden. Stattdessen wird ein Prozentsatz der Versicherungssumme als Obergrenze angegeben. Zumeist lässt sich mit Erhöhung der Prämie auch der Prozentsatz der Entschädigungssumme für Wertsachen erhöhen – und hier kommt die Beratungspflicht der Vermittler ins Spiel.

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Warum das OLG Hamm von einem Beratungsfehler ausging – und der Klage stattgab

Die Frau bekam ihre Hausratversicherung durch einen Agenten vermittelt – aus diesem Grund haftet hier das Versicherungsunternehmen selber für einen Beratungsfehler. Wäre ein Makler der Vermittler gewesen, wäre er in der Haftungspflicht. Warum aber gingen Landesgericht und Oberlandesgericht von einem Beratungsfehler aus?

Grund sind die besonderen Umstände des Einzelfalls, wobei aber jeder Einzelfall zu einer Aufklärungspflicht über die Tresorklausel führen kann (was folglich zu prüfen ist): Die Frau erbat sich die Beratung zu einer Hausratversicherung. Der Agent wollte der Frau einen Vertrag vermitteln, der bei Diebstahl von Wertgegenständen bis zu 20 Prozent der Versicherungssumme leistet. Die Versicherungssumme betrug 104.000 Euro – bei Diebstahl der Wertsachen also hätte die Hausratversicherung 20.800 Euro geleistet. Die Summe liegt noch unterhalb der Begrenzung durch die Tresorklausel; in diesem Fall hätte die Tresorklausel für die Höhe der Entschädigung keinerlei Rolle gespielt.

Die Frau erbat eine Erhöhung der Entschädigungsgrenze – und war bereit, dafür mehr Geld zu bezahlen

Es war nun aber die Klägerin, sprich: die Versicherungsnehmerin, die den Agenten darauf hinwies, dass die Entschädigungssumme für Wertsachen viel zu niedrig angesetzt ist. Denn sie hätte Schmuck von hohem Wert im Haus. Also bat sie, die Entschädigungsgrenze für Wertsachen auf 50 Prozent der Versicherungssumme zu erhöhen: und war auch bereit, hierfür eine höhere Prämie zu leisten.

Das Vertragsrisiko war groß, durch die Tresorklausel einen Großteil des Versicherungsschutzes zu verlieren

Zu den neuen Bedingungen des Vertrags lag nun aber für die Frau ein hohes Risiko vor, einen Großteil des Versicherungsschutzes zu verlieren, sobald sie die Wertsachen nicht sachgemäß in einem Tresor lagert. Denn nun lag die Entschädigungsgrenze für ihren Schmuck bei 52.000 Euro. Das Oberlandesgericht formuliert: "Im vorliegenden Einzelfall musste sich jedem Agenten aufdrängen, die Klägerin auf die Tresor- / Verschlussklausel hinzuweisen. Dies wäre auch unschwer möglich gewesen."

Die Klägerin hätte nicht selbst in den VHB recherchieren müssen

Im Kontext des Urteils weist das Oberlandesgericht auch darauf hin: anhand der geschilderten konkreten Umstände dieses Einzelfalls hätte sich die Versicherungsnehmerin auch auf eine sachgerechte Beratung verlassen dürfen. Denn dem Agenten war der Wunsch, eine höhere Entschädigung für den Schmuck zu erreichen, sehr deutlich ersichtlich.

In einem solchen Fall muss der Agent auch über Bedingungen aufklären, die den gewünschten Versicherungsschutz gemäß Vertragsbedingungen gefährden – und muss demnach auf die Tresorklausel. Aufgrund der konkreten Umstände des Antragsgesprächs durfte die Versicherungsnehmerin auf eine richtige Beratung vertrauen, statt selber in den Versicherungsbedingungen zu recherchieren, erklärt das Oberlandesgericht.

Weil der Schaden der Frau durch vernachlässigte Informationspflichten entstand und weil die Falschberatung für ihren Schaden ursächlich war, wurde also die Hausratversicherung verurteilt, 30.726,56 Euro zu den bereits gezahlten 21.000 Euro nachzuzahlen. Das Urteil ist auf den Seiten der Justiz Nordrhein-Westfalen verfügbar.

Fazit

Was aber lehrt das Urteil für Vermittler? Im Grunde sollte stets über die Tresorklausel und damit verbundene Risiken aufgeklärt werden, sobald die gewünschte Entschädigungssumme für Wertsachen die Entschädigungssumme der Tresorklausel wesentlich übersteigt. Riskiert doch ein Versicherungsnehmer bei nicht sachgerechter Unterbringung seiner Wertsachen, einen Großteil des Versicherungsschutzes wieder zu verlieren.

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Und natürlich sollte auch der Hinweis auf die Tresorklausel während der Beratung dokumentiert werden. Denn nur so kann sich ein Vermittler später sicher sein, nicht wegen Falschberatung zu haften.

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