Der Dachverband der Betriebskrankenkassen (BKK) warnt aktuell vor massiv steigenden Zusatzbeiträgen. Schon zum Jahreswechsel 2025 könnte sich dieser von heute durchschnittlich 1,7 Prozent auf dann 2,45 Prozent erhöhen, heißt es in einem Papier, das exklusiv dem „Handelsblatt“ vorliegt. Der Zusatzbeitrag ist der Anteil vom Bruttolohn, der zusätzlich zum Basissatz von 14,6 Prozent des Bruttolohns gezahlt werden muss. Der Krankenkassenbeitrag wirft von Arbeitgebern und Arbeitnehmern je zur Hälfte gezahlt.

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Ein Grund für den höheren Finanzbedarf der Krankenkassen sind teure Reformen, die Bundesfinanzminister Karl Lauterbach (SPD) plant. Diese sollen mittel- und langfristig zu niedrigeren Ausgaben im Gesundheitssystem führen, verschlingen aber zunächst zusätzliche Milliarden Euro für den Umbau der Strukturen. Bereits der vor allem aus den Beiträgen der gesetzlich Krankenversicherten finanziert werden sollen. Bereits der Verwaltungsrat des GKV-Spitzenverbands hatte kritisiert, dass diese Zusatzkosten vor allem durch die Beiträge der gesetzlich Versicherten finanziert werden sollen.

Laut „Handelsblatt“ nennt der BKK-Dachverband mehrere Reformen, die für gesetzlich Krankenversicherte teuer werden können:

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  • Die Krankenkassen stehen laut BKK-Papier schlechter da als ursprünglich kalkuliert, weil bereits im laufenden Jahr höhere Kosten entstanden seien. Das bedeutet: Der Kapitalpuffer in der sogenannten Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds könnte 2025 aufgebraucht sein. Um finanzielle Löcher zu stopfen, müssen die Krankenkassen dann den Zusatzbeitrag anheben.
  • Karl Lauterbach plant eine umfassende Klinikreform, um langfristig Kosten einzusparen. Das Bundesgesundheitsministerium rechnet mit zusätzlichen Kosten von 50 Milliarden Euro über zehn Jahre verteilt. Denn zunächst muss die Kliniklandschaft umgebaut werden. Der dafür vorgesehene Transformationsfonds soll hälftig kassenfinanziert werden, allerdings erst ab dem Jahr 2026. Komplizierte Eingriffe sollen künftig nur noch in spezialisierten Kliniken vorgenommen werden, kleinere Operationen dagegen ambulant in kleineren Notfallzentren. Davon erhofft sich das Gesundheitsministerium, dass Menschen weniger lang in Kliniken bleiben, weil einfachere Eingriffe vermehrt ambulant durchgeführt werden.
  • Zukünftig sollen die Ergebnisse von Preisverhandlungen zwischen Krankenkassen und Pharmafirmen nicht mehr öffentlich gemacht werden. So sieht es das Medizinforschungsgesetz vor. Stattdessen soll es den Pharmafirmen erlaubt sein, die Preise für neue Medikamente geheim zu verhandeln. Nicht nur die gesetzlichen Anbieter, sondern auch der PKV-Dachverband befürchten, dass die Pharmaanbieter dann deutlich mehr abrechnen als die üblichen Listenpreise für Medikamente. Bereits im ersten Jahr erwartet die BKK dadurch Mehrkosten von 2,8 Milliarden Euro, in zehn Jahren bereits 21,3 Milliarden Euro. Hier war es unter anderem die FDP, die auf Liberalisierungen drängte.
  • Auch soll es keinen Honorardeckel mehr für Hausärzte geben („Entbudgetierung“). Dieser Deckel hat dazu beigetragen, dass Hausärzte gerade zum Ende eines Quartals weniger Leistungen und Therapien verschrieben haben bzw. auf Mehrkosten sitzen blieben - auch für solche Behandlungen, die medizinisch notwendig sind
  • Gestrichen hat Karl Lauterbach hingegen ein Förderprogramm für zusätzliche Medizinstudienplätze. Diese werden dringend benötigt: Auch im Gesundheitssystem macht sich der Fachkräftemangel bemerkbar, gerade in ländlichen Regionen fehlen Ärzte. Doch die hierfür erforderlichen Kosten von 660 Millionen Euro wurden laut „Handelsblatt“ aus dem Gesetzentwurf getilgt. Auch die Gesundheitskioske seien nicht mehr im Gesetz enthalten: stark vereinfacht Beratungsangebote in sozial benachteiligten Regionen.

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