Im Oktober 2023 warnte das Analysehaus Capgemini im Word Life Insurance Report vor dem „größten Vermögenstransfer aller Zeiten“ (Versicherungsbote berichtete). Gemeint ist nichts weniger als massive Kapitalabgänge, die bis 2040 zu erwarten seien. Die Analysten zeigten auf, dass 40 Prozent des verwalteten Vermögens der Lebensversicherer von Versicherten gehalten wird, die das 65. Lebensjahr bereits überschritten haben. Allein bei den 40 größten Lebensversicherern weltweit könnten deshalb bis zum Jahr 2040 circa 7,8 Billionen US-Dollar des verwalteten Vermögens abfließen, so Capgemini.

Anzeige

Freilich: Die Aussagen von Capgemini bezogen sich auf die weltweite Lage der Lebensversicherer. Doch der demografische Wandel - mit all seinen Begleiterscheinungen - lässt sich auch in Deutschland erleben. Und anhand von Zahlen nachweisen. So schrumpften die Einnahmen der deutschen Lebensversicherer von 103,2 Mrd. Euro im Jahr 2021 auf zuletzt 92 Mrd. Euro im vergangenen Jahr. Im selben Zeitraum stiegen aber die Leistungsausgaben von 86,6 Mrd. Euro (2021) auf 98,6 Mrd. Euro (2023).

Der Abwärtstrend lässt sich auch mit der Anzahl der Lebensversicherungsverträge zeigen: Konnte der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) 2021 noch 86,8 Millionen LV-Verträge ausweisen, sind es zwei Jahre später nur noch 84,8 Millionen.

Einmalbeitrags-Geschäft: 'Drama' mit Ansage

Der Neuzugang kann diese Verluste nicht auffangen: So kamen 2023 nur 4,5 Millionen Verträge hinzu. Besonders auffällig dabei: Der massive Einbruch beim Riester-Neugeschäft! Konnten 2021 noch 311.400 Verträge neu abgeschlossen werden, waren es 2022 noch 125.200. Vergangenes Jahr konnten schließlich nur noch 39.000 Riester-Verträge neu abgeschlossen werden. Auch das Geschäft gegen Einmalbeitrag ist stark rückläufig: 2021 umfasste das Neugeschäft in diesem Segment noch 3,7 Milliarden Euro. 2023 waren es 'nur' 2,5 Mrd. Euro. Die Wirtschaftszeitung 'Capital' schrieb angesichts dieser Zahlen von einem „geradezu dramatischen Einbruch“. Doch dieses 'Drama' kam mit Ansage. „Der Rückgang im Einmalbeitragsgeschäft war für uns nicht überraschend. Die Banken passen ihre Konditionen schneller an Änderungen auf dem Kapitalmarkt an. Das galt beim Zinsrückgang und gilt nun auch beim Zinsanstieg. Dadurch verbessert sich zunächst die Wettbewerbsposition der Banken bei eher kurzfristigen Anlagen. Für langfristige Altersvorsorge bieten die Versicherer mittlerweile im Schnitt wieder 3,1 Prozent Gesamtverzinsung. Vom Zinsanstieg profitieren sowohl neue als auch bestehende Kunden“, so der GDV auf Versicherungsbote-Anfrage.

Anzeige

Lebensversicherung: Rollt eine 'Kündigungswelle'?

Im 'Capital'-Beitrag ist auch von einer 'Kündigungswelle' die Rede. Diese 'Welle' wird aus den gesunkenen Vertragszahlen herausgelesen. Doch vergegenwärtigt man sich die eingangs erwähnten Ausführungen von Capgemini und die gestiegenen Leistungsausgaben, ist es wohl richtiger, vom Laufzeitende vieler Verträge und dem Übergang in die Leistungsphase zu sprechen. Gegenüber Versicherungsbote verneinte auch der Branchenverband eine solche Welle: „Es gibt keine Kündigungswelle in der Lebensversicherung“, so ein GDV-Sprecher. Um diese Sichtweise zu untermauern, verwies der Verband auf die Stornoquote. Auf Basis der Vertragsanzahl lag die 2023 bei 2,56 Prozent und damit kaum höher als 2022 (2,51 Prozent).

Anzeige