Seniorinnen und Senioren müssen höhere Prämien für ihre Kfz-Versicherung zahlen: So zahlt zum Beispiel eine 80-jährige Autofahrerin nach einer Auswertung der „Stiftung Warentest“ im Schnitt doppelt so viel für ihren Kaskoschutz wie eine 55-Jährige. Eine Auswertung des Statistischen Bundesamtes zeigt nun erneut, warum Versicherer ältere Menschen stärker zur Kasse bitten. Danach sind Seniorinnen und Senioren deutlich häufiger die Unfallverursacher, wenn sie in einen Unfall mit Personenschaden verwickelt sind.

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So tragen ältere Autofahrerinnen und Autofahrer häufiger die Hauptschuld an einem Unfall mit Personenschaden, wenn sie daran beteiligt sind. Im Jahr 2022 waren die mindestens 65-Jährigen in mehr als zwei Dritteln der Fälle (68,7 Prozent) Hauptverursacher, wie das Statistische Bundesamt mitteilt. Bei den mindestens 75-Jährigen waren sogar gut drei von vier Beteiligten die Hauptverursacher (76,6 Prozent).

Damit sind Seniorinnen und Senioren der Altersgruppe 75plus sogar noch häufiger Hauptverursacher bei einer Unfallbeteiligung als Fahranfänger. Saßen junge Erwachsene im Alter von 18 bis 20 Jahren am Steuer eines Pkws, waren sie in 70,8 Prozent der Fälle für den Unfall hauptverantwortlich. Im Schnitt der unter 65-jährigen waren Autofahrerinnen und -fahrer zu 55,2 Prozent Hauptverursachende.

57,1 Prozent aller unfallbeteiligten Pkw-Fahrerinnen und -Fahrer haben den Unfall hauptverursacht

Insgesamt waren im Jahr 2022 gut 309.300 Pkw-Fahrerinnen und -Fahrer an einem Unfall mit Personenschaden beteiligt, berichtet Destatis weiter. In 57,1 Prozent der Fälle waren die Personen hinter dem Steuer Hauptverursacher des Unfalls.

Die Unfallursachen unterscheiden sich bei älteren Menschen von denen jüngerer Altersgruppen. So wurde den Seniorinnen und Senioren anteilig häufiger als den unter 65-Jährigen vorgeworfen, die Vorfahrt oder den Vorrang anderer Fahrzeuge missachtet zu haben (21,1 Prozent gegenüber 16,6 Prozent). Auch Fehlverhalten beim Abbiegen, Wenden, Rückwärtsfahren sowie beim Ein- und Anfahren wurde häufiger als bei den Jüngeren festgestellt (22,3 Prozent vs. 19,2 Prozent). Deutlich seltener wurde den Älteren hingegen vorgeworfen, den Abstand nicht eingehalten zu haben (10,8 Prozent vs. 16,3 Prozent), mit nicht angepasster Geschwindigkeit gefahren zu sein (5,2 Prozent vs. 11,4 Prozent) oder unter Alkoholeinfluss gefahren zu sein (1,1 Prozent vs. 4,3 Prozent).

Ältere Menschen sind seltener in Unfälle verstrickt

Die höhere Beteiligung als Unfallverursacher relativieren sich jedoch wieder, wenn man darauf blickt, wie oft sie in Unfälle verwickelt waren. Denn ältere Menschen sind gemessen an ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung seltener in Verkehrsunfälle verstrickt als jüngere. Im Jahr 2022 waren 77.700 Menschen ab 65 Jahren an Unfällen mit Personenschaden beteiligt, das waren 15,1 Prozent aller Unfallbeteiligten mit Altersangaben. Im Jahr 2022 waren dagegen 22,1 Prozent der Bevölkerung in Deutschland mindestens 65 Jahre alt.

"Die geringere Unfallbeteiligung dürfte insbesondere daran liegen, dass ältere Menschen seltener als jüngere am Straßenverkehr teilnehmen, unter anderem, weil sie nicht mehr zur Arbeit fahren", berichtet Destatis. Die Statistiker verweisen auf eine Studie des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr, wonach die mit dem Auto zurückgelegte Strecke im Straßenverkehr ab 60 Jahren und mit steigendem Alter deutlich zurückgeht. Zudem sind die Zahlen zu den Unfallursachen aber auch ein Indiz, dass Ältere im Straßenverkehr vorsichtiger fahren: etwa, weil sie seltener dicht auffahren oder unter Alkoholeinfluss.

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Doch dürfen Versicherer aufgrund der Unfallzahlen überhaupt höhere Prämien von Seniorinnen und Senioren verlangen - oder ist das diskriminierend? Dass die Versicherer ältere Autofahrer stärker zur Kasse bitten, ist rechtens, wie eine Marktanalyse der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) 2020 bestätigt hat. Höhere Prämien widersprechen demnach nicht dem Benachteiligungsverbot des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG). Eine Ungleichbehandlung ist demnach dann erlaubt, wenn sie „auf anerkannten Prinzipien risikoadäquater Kalkulation" beruht – insbesondere "auf einer versicherungsmathematisch ermittelten Risikobewertung unter Heranziehung statistischer Erhebungen“.