Wer die Webseite helden.de aufruft, dem blicken auf der Startseite fünf junge Menschen mit dicken Sonnenbrillen entgegen, die vor einem Wohnmobil posieren: ihr Outfit ist eine Mischung aus 70er-Blumenkind und kalifornischer Surfer, Typ Aussteiger und Weltenbummler, vielleicht selbst in der IT- und Start-up-Branche beschäftigt. helden.de ist eines dieser InsurTechs, die sich an eine junge und ambitionierte Zielgruppe richten, zum Beispiel Digital Natives mit E-Bike und Selbstversorgerhaus. Neben Privathaftpflicht- und Hausratpolicen werden unter anderem eine Hundehalterhaftpflicht, Pferdehalterhaftpflicht, eine gewerbliche Drohnenhaftpflicht und eine Büroversicherung offeriert.

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Doch nun sah sich das InsurTech gezwungen, eine Unterlassungserklärung gegenüber der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg abzugeben. Gleich in zweifacher Hinsicht hatten die Verbraucherschützer die Konzernmutter Insurance Hero GmbH abgemahnt:

  • Zum einen erwecke das Unternehmen bei Kundinnen und Kunden den Eindruck, selbst als Versicherer tätig zu sein, obwohl man keine - hierfür erforderliche - Zulassung der Aufsichtsbehörde BaFin habe. So täusche unter anderem der Name „Insurance Hero“ vor, eine eigenständige Versicherung zu sein. Die Bezeichnung „Versicherung“ dürfe hierzulande auch in ihren Übersetzungen („Insurance“) nur von Versicherungsgesellschaften genutzt werden, nicht aber von Vermittlern, die Versicherungsverträge lediglich vertreiben. Das sei Verbrauchertäuschung.
  • Zum anderen würde das Unternehmen gegen das Versicherungs-Vertragsgesetz verstoßen. Stein des Anstoßes für letzteren Vorwurf ist ein vermeintlicher Beratungsverzicht, zu dem Kundinnen und Kunden vermeintlich genötigt wurden, wenn sie über die Webseite eine Versicherung abschließen wollten. Am Ende des Abschlussvorgangs mussten die Antragsteller demnach bestätigen, "dass sie sich eigenständig mit dem als komplex einzuschätzenden Versicherungsschutz vertraut gemacht haben und keine Beratung benötigen“, berichtet die Verbraucherzentrale. Das kann für die Kundinnen und Kunden Nachteile bei Haftungsfragen bedeuten: etwa, wenn sie einen unpassenden Vertrag abgeschlossen haben und sich von ihm trennen wollen.

helden.de reagiert auf Abmahnungen

Die erste Abmahnung sei bereits im April 2022 an die Konzernmutter an helden.de geschickt worden, die zweite ging im Mai desselben Jahres heraus, wie die Verbraucherzentrale berichtet. Hinsichtlich des angeblichen Beratungsverzichts habe Insurance Hero zeitnah eine Unterlassungserklärung akzeptiert und die beanstandete Klausel aus der Antragsstrecke entfernt.

Eine Abmahnung wegen angeblicher Verbrauchertäuschung wollte das Unternehmen aber nicht akzeptieren. Deshalb reichte die Verbraucherzentrale im Juli 2022 eine Klage vor dem Landgericht Hamburg ein. Noch während des laufenden Gerichtsverfahrens lenkte Insurance Hero ein und benannte sich um, wofür die Verbraucherschützer dem Unternehmen drei Monate Zeit eingeräumt hatten. Aktuell heißt die Konzernmutter laut Impressum "helden.de GmbH": ein ohnehin einprägsamerer Markenname als "Insurance Hero", mit dem man möglicherweise auf den internationalen Markt schielte.

Unternehmen und Anwalt weisen jedoch den Vorwurf zurück, man habe Verbraucherinnen und Verbraucher zum schnellen Abschluss bewegen und hierbei bestehende Gesetze bewusst umgehen wollen. Entsprechende Vorwürfe erhebt die Verbraucherzentrale in einer am Mittwoch veröffentlichten Pressemitteilung. „Die Insurance Hero GmbH hat die Versicherungsnehmer durchgängig beraten, weshalb dieser Zusatz, dass der Kunde keine Beratung benötige, letztlich obsolet war. Ein Verzicht auf eine Beratung hat dies, zumindest nach hiesigem Dafürhalten, nicht bedeutet“, zitiert das Versicherungsjournal Rechtsanwalt Fabian Kosch von der Hamburger Kanzlei Michaelis, der das InsurTech vor Gericht vertrat.

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Auch der Namensänderung läge weniger eine juristische Überlegung zugrunde als vielmehr betriebswirtschaftliche, positioniert sich Kosch im Namen des Anbieters. Die Kosten nach derartigen Abmahnungen durch die Verbraucherzentralen würden üblicherweise unter dem Streitwert liegen. "Hier war die Entscheidung relativ eindeutig, dass der Aufwand – in zeitlicher und monetärer Hinsicht – in keinem Verhältnis zu der Streichung steht", so Kosch. So sei das Landgericht Hamburg auch nicht dem Vorwurf gefolgt, das Unternehmen würde auf der Webseite unzureichend über seinen Status als Vermittler informieren - und so Verbraucher täuschen. Vielmehr gebe es einen umfassenden Bezeichnungsschutz für die Begriffe „Versicherung“, „Versicherer“ oder etwa „Assekuranz“ (§ 6 Abs. 1 S. 1 VAG). Versicherungsvermittler dürfen die genannten Bezeichnungen zwar führen, aber nur dann, wenn diese mit einem Zusatz versehen sind, der die Vermittlereigenschaft klarstellt.

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