Prof. Dr. Oscar Stolper ist seit 2020 Inhaber der Professur für Behavioral Finance am Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Philipps-Universität Marburg. Dort beschäftigt er sich vorrangig mit Themen der empirischen Kapitalmarktforschung sowie der verhaltensorientierten Finanzmarkttheorie (Behavioral Finance).

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Nun hat Stolper im Auftrag von Union Investment anhand von Daten der Deutschen Bundesbank die reale Wertentwicklung des Gesamtvermögens deutscher Haushalte in Zinsprodukten berechnet. Das Ergebnis: Innerhalb eines Jahres verdreifachte sich der kollektive Kaufkraftverlust auf 324 Milliarden Euro (siehe Grafik).


Erstmals seit 2008 schrumpfte damit auch das Gesamtfinanzvermögen deutscher Privathaushalte auf 7.254 Milliarden Euro.

Ein Grund: Zinssparen blieb auch 2022 sehr beliebt: Sowohl die Bargeldbestände (plus 45 Milliarden Euro) als auch Sichteinlagen (plus 48 Milliarden Euro) und Spareinlagen (plus 17 Milliarden Euro) sind stark gestiegen. Damit erhöhte sich der Bestand beim Bargeld auf 430 Milliarden Euro, bei den Sichteinlagen auf 1.857 Milliarden und bei den Sichteinlagen auf 873 Milliarden Euro. „Bemerkenswert dabei ist, dass 94 Prozent der Sparleistung auf den Zuwachs in Bankeinlagen und Bargeld, nicht auf Verzinsung zurückgeht“, schreibt Union Investment dazu (siehe Grafik).


Von Anlegern gesucht: Höhere Ertragschancen

Auch im Anlegerbarometer von Union Investment hinterlässt die derzeitige Entwicklung deutlich Spuren. Mehr als die Hälfte aller Befragten hat sich im letzten halben Jahr darüber informiert, ob es Geldanlagen mit höheren Ertragschancen gibt, die für sie in Frage kommen (55 Prozent). Dies ist der höchste Wert seit 2016, als diese Frage im Rahmen des Anlegerbarometers zum ersten Mal gestellt wurde, so Union Investment.

Die Anzahl der Befragten, die weiterhin mit steigenden Preisen rechnen, bleibt konstant: Beinahe acht von zehn (79 Prozent) erwarten dies, genauso viele wie im Vorquartal. Von einer konstanten Preisentwicklung gehen 13 Prozent aus, von fallenden Preisen sieben Prozent. Dabei orientieren sich die meisten bei ihrer Einschätzung hierzu vor allem an dem, was sie bei ihren regelmäßigen Einkäufen zum Beispiel an der Supermarktkasse zahlen (90 Prozent).

Mit Blick auf die Zinsentwicklung in den kommenden sechs Monaten, erwarten 71 Prozent der befragten Personen einen Anstieg (4. Quartal 2022: 79 Prozent). 17 Prozent rechnen mit konstanten Zinsen (4. Quartal 2022: neun Prozent), fünf Prozent mit einem Rückgang (4. Quartal 2022: sieben Prozent).

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Aufgrund der eigenen Einschätzung zur Preisentwicklung steigt der Anteil derjenigen, die ihre Geldanlage jetzt häufiger überprüft auf 26 Prozent (2. Quartal 2022: 19 Prozent). Die meisten stellen die eigene Geldanlage jedoch nicht öfter auf den Prüfstand als bisher (70 Prozent). Über die Hälfte (55 Prozent) möchte in puncto Geldanlage alles belassen, wie es ist. Ein Viertel (25 Prozent) wird Umschichtungen vornehmen, wohingegen 15 Prozent sich zunächst bei ihrer Bank beraten lassen möchten.

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