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Die Grundfähigkeitsversicherung ist immer noch eines der spannendsten Produkte am Biometrie-Markt. Denn sie hat das Potential, eine passende Lösung für viele Menschen in der Generation Y+Z zu sein. Gleichzeitig beobachte ich aber, dass wir auf den nächsten großen Reputationsschaden zurasen.

Denn oft deckt sich die Vorstellung des Kunden, was in einer GF-Versicherung enthalten ist, nicht mit dem, was dann tatsächlich im Leistungsfall geprüft wird.

Wie konnte es passieren, dass ein so einfaches Produkt dann doch missverstanden wird?

Seit gut zehn Jahren ist die Berufsunfähigkeitsversicherung so weit, dass es qualitativ keine wirklichen Unterschiede mehr gibt. Jeder Versicherer hat einen Tarif, der nach sechs Monaten BU rückwirkend leistet und auf abstrakte Verweisung und Meldefristen verzichtet.

Ein Preiskampf begann, der sehr schnell große Teile der Bevölkerung wegen des „risikoreichen“ Berufs ausschloss.

Die Dread Disease war die erste Alternative. Aber eine Einmalzahlung statt einer Rente konnte sich vermutlich auch wegen des Niedrigzins-Umfeldes in den letzten Jahren nicht durchsetzen.

Danach kam die Multi-Risk- oder auch Funktionale-Invaliditäts-Versicherung. Leistungen bei Unfall, Pflegebedürftigkeit, Organschäden und dem Verlust von drei Grundfähigkeiten lasen sich gut. Aber die nie so wichtige Versicherung auf Sachbasis konnte auch nicht das Vertrauen der Vermittler gewinnen.

Deshalb kam die Grundfähigkeitsversicherung. Die gab es damals zwar schon seit längerer Zeit von der Canada Life und nicht ganz so lange von der Allianz. Aber so vor ca. sieben Jahren begann der Siegeszug der GFV.

Und bisher ist die Tendenz eher steigend. Mittlerweile gibt es über 20 Anbieter einer Grundfähigkeitsversicherung am Markt. Aber was die GF-Versicherung ist und wer die Zielgruppe sein soll, da herrscht keine Einigkeit. Denn der große Widerspruch des Produkts ist ja, dass keine Grundfähigkeit einen Bezug zum Beruf hat, aber handwerkliche Berufe die Zielgruppe sein sollen. Deshalb denken auch viele, dass die Grundfähigkeitsversicherung eine Alternative zur Berufsunfähigkeitsversicherung sein könnte. Halt nur für Handwerker.

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Das stimmt aber halt nur bedingt. Denn Grundfähigkeitsversicherung ist heute nicht mehr gleich Grundfähigkeitsversicherung. Es gibt nämlich mittlerweile drei Generationen zu identifizieren:

  • Die erste Generation besteht aus einem einzigen Tarif, in dem alle Grundfähigkeiten enthalten sind. Bei manchen Anbietern kann ich mittlerweile die eine oder andere Klausel dazu wählen. Der Grundgedanke könnte hier gewesen sein, dass der Versicherer die wichtigsten Grundfähigkeiten ausgesucht hat, die jeder Mensch im Alltag so braucht. Und damit ist sowohl der berufliche Alltag als auch die Freizeit gemeint.
  • In der zweiten Generation gibt es zwei oder drei Tarife: meistens einen Basis-Tarif und dann aufsteigend einen Komfort- und einen Premium-Tarif. Dieses Modell ist auch das erfolgreichste im Vertrieb. Denn jeder Vermittler findet es super, wenn er drei Angebote zeigen kann und der Interessent dann das in der Mitte nimmt.
  • Seit ein oder vielleicht zwei Jahren gibt es die Tendenz zu extremer Modularität. Da gibt es dann nicht drei Modelle und ein paar Zusatzklauseln. Da gibt es dann einen Basis-Tarif und neun Bausteine. Und da die Kombinationsmöglichkeiten auszurechnen, übersteigt meine mathematischen Fähigkeiten.

„Ich muss Interessenten klar machen, dass die versicherten Grundfähigkeiten keinen Bezug zu meinem Beruf haben“

Für einen Vermittler ist die Modularität nicht schön. Denn ich kann nicht drei Vorschläge machen und der Interessent nimmt den in der Mitte. Aber sie ist für den Kunden super. Und für den Vermittler eine Chance. Denn mit diesen modularen Systemen kann ich viel gezielter den Bedarf abdecken. Und der liegt nicht immer darin, das Einkommen abzusichern.

Denn auch ein Akademiker, der vielleicht auch im Rollstuhl noch seinen Beruf ausüben könnte, ohne finanzielle Einbußen zu erleiden, hat vielleicht Hobbies, die Kosten verursachen, wenn er sie nicht mehr alleine ausüben kann. Das ist zum Beispiel immer der Fall, wenn es um Tiere geht. Denn die müssen auch gepflegt und gefüttert werden, wenn ich das nicht mehr kann. Und wer jetzt sagt, dass sich dann die Familie mehr um den Hund oder das Pferd oder was auch immer kümmert, muss bedenken, dass das dann auch von deren Freizeit weggeht. Zumal die Familie jetzt auch öfter andere Dinge für mich tun muss, weil ich eine Grundfähigkeit verloren habe. Denn auch im Garten oder im Haushalt bin ich dann vermutlich keine Hilfe mehr.

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Es entstehen also neue Kosten durch den Verlust einer Grundfähigkeit; egal, ob ich noch arbeiten kann oder nicht. An dieser Betrachtungsweise gefällt mir besonders gut, dass ich keine Überschneidung zur Berufsunfähigkeitsversicherung habe. Denn wenn ich die GF-Versicherung als BUV light verkaufe, wird der Kunde enttäuscht oder sogar wütend sein, wenn die Versicherung nicht zahlt, obwohl er nicht mehr arbeiten kann.

Mit den modularen Tarifen, aber auch mit allen anderen, kann ich unter Umständen auch eine Art BUV light basteln, was ja von vielen Vermittlern, aber auch von Interessenten dringend gesucht wird. Das ist vor allem dann möglich, wenn es berufsbezogene Bausteine gibt. Eine LKW-Klausel leistet zum Beispiel, wenn Berufskraftfahrer wie LKW- oder Busfahrer ihren Führerschein Klasse C oder D verlieren. Das ist ziemlich nah dran an einer Berufsunfähigkeitsversicherung. Wenn der LKW-Fahrer aber den Beruf wechselt, dann ist nicht der neue Beruf versichert wie in der BUV. Das muss ich dem Interessenten klarmachen.

Arbeitsunfähigkeits-Klausel lässt sich zur Umschulung nutzen

Außerdem kann ich über eine sogenannte Arbeitsunfähigkeits-Klausel einen starken Bezug zum ausgeübten Beruf herstellen. Denn diese Klausel leistet, wenn ich länger als sechs Monate krankgeschrieben bin. In der Spitze leisten diese Klauseln bis zu 24 Monate. Diese Zeit kann ich nutzen, um umzuschulen.

Welche Grundfähigkeitsversicherung dann am Besten passt, muss individuell bestimmt werden. Jedes Rating wäre hier irreführend. Deshalb haben wir uns auch dagegen entschieden, mit ASSEKURATA ein Rating zur Grundfähigkeitsversicherung aufzulegen, sondern eine Analyse etabliert, die die Tarife untereinander vergleichbarer macht. Das ist uns dadurch gelungen, dass wir uns nicht auf das Zählen von Auslösern konzentrieren, sondern darauf, wie sich die jeweiligen Einschränkungen medizinisch definieren lassen.

Hier kann man dann leicht die Schnittmengen zwischen den einzelnen Auslösern aufzeigen. Für den Vermittler bleibt es aber extrem wichtig, dass ich dem Interessenten klarmache, dass die versicherten Grundfähigkeiten keinen Bezug zu meinem Beruf haben. Handgebrauch würde ein Uhrmacher anders definieren als der Eisenbieger. In den Bedingungen des jeweiligen Tarifes ist aber definiert, wann geleistet wird. Und das ist eben unabhängig davon zu betrachten, ob ich meinen Beruf deswegen noch ausüben kann oder nicht.

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Hintergrund: Der Text erschien zuerst im Fachmagazin 01-2023 des Versicherungsboten.

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