Im Kampf gegen die Rekord-Inflation hat die Europäische Zentralbank (EZB) die Leitzinsen zum vierten Mal in Folge angehoben. Der Zins, zu dem sich Geschäftsbanken frisches Geld leihen können, klettert auf 2,50 Prozent, wie die Notenbank am Donnerstag mitteilt. Allerdings fällt der aktuelle Zinsschritt mit 0,5 Prozentpunkten etwas niedriger aus als die letzten Erhöhungen. Grund ist die Sorge, dass ein zu hoher Zinssatz eine mögliche Rezession befeuern könnte.

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Ebenfalls zurückgefahren werden sollen die Milliardenschweren Anleihekäufe, mit denen Unternehmen und Staaten vor allem im südlichen Europa unterstützt wurden. Seit März 2015 bis November 2022 hatte die EZB mehr als 3,4 Billionen Euro in derartige Papiere gesteckt. Das damit verbundene Asset Purchase Programm (APP) war von Anfang an umstritten: Kritiker fürchteten unter anderem Marktverzerrungen, wenn derartig gewaltige Summen aktiv in den Markt gepumpt werden. Nun sollen ab März 2023 Gelder aus auslaufenden Wertpapieren nicht mehr voll in den Kauf neuer Anleihen gesteckt werden. Zudem ist vorgesehen, die Bestände monatlich um 15 Milliarden Euro abzuschmelzen.

Weitere Leitzins-Anhebungen wahrscheinlich

Im Pressetext zum jüngsten Zinsschritt machte die EZB deutlich, dass sie die Leitzinsen sehr wahrscheinlich weiterhin anheben wird. „Wir haben heute beschlossen, die Leitzinsen anzuheben, da die Inflation nach wie vor deutlich zu hoch ist und den Projektionen zufolge zu lange über dem Zielwert bleiben wird. Aus demselben Grund gehen wir davon aus, dass wir die Zinsen weiter deutlich anheben werden“, sagte EZB-Präsidentin Christine Lagarde. Die Französin deutete an, dass bereits im Februar ein weiteres Mal der Leitzins raufgesetzt werden könnte.

Laut Vorausschätzung der Statistikbehörde Eurostat lag die Inflation im November bei 10,0 Prozent und damit etwas unter den 10,6 Prozent vom Oktober. Grund für den Rückgang sei in erster Linie ein geringerer Anstieg der Energiepreise. Lebensmittel hätten sich jedoch weiter verteuert, berichtet die EZB - auch der Preisdruck auf die Wirtschaft halte an. Die EZB geht inzwischen davon aus, dass die durchschnittliche Inflation im Euroraum 2022 bei 8,4 Prozent liegen wird, bevor sie 2023 auf 6,3 Prozent sinkt.

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Aktuell deutet sich bereits eine Rezession an. Das Wirtschaftswachstum im Euroraum verlangsamte sich im dritten Quartal 2022 auf 0,3 Prozent. "Die hohe Inflation und verschärfte Finanzierungsbedingungen wirken dämpfend auf Ausgaben und Produktion, da sie die Realeinkommen privater Haushalte verringern und die Kosten von Unternehmen in die Höhe treiben", berichtet die EZB.

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