Die gesetzlichen Krankenkassen steuern auf ein gewaltiges Finanzloch zu: mit Konsequenzen. Im Zuge des GKV-Stabilisierungsgesetzes wurde der durchschnittliche Zusatzbeitrag in der gesetzlichen Krankenversicherung um 0,3 Prozentpunkte angehoben. Ab 2023 beträgt er dann 1,6 Prozent. Zwar müssen die Krankenkassen nicht zwangsläufig ihren Beitrag anpassen - aber schon wegen der Finanzlage ist es wahrscheinlich, dass viele Anbieter ihre Mitglieder mehr zur Kasse bitten werden.

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Umso verwunderlicher ist es, dass der Gesetzgeber die Krankenkassen in diesem Jahr von der Pflicht befreit hat, ihre Versicherungsnehmer über eine mögliche Anhebung des Beitrages zu informieren. So sieht es ein Passus im GKV-Stabilisierungsgesetz vor. Normalerweise müssen die gesetzlichen Versicherer ihre Mitglieder per Brief anschreiben, wenn sie den Zusatzbeitrag raufsetzen. Doch von dieser Pflicht wurden sie bis Ende Juni 2023 befreit. Zuerst machte das Vergleichsportal Check24 auf diesen Umstand aufmerksam.

100 Millionen Euro Ersparnis

Für Versicherte ist das insofern ärgerlich, weil sie unter Umständen gar nicht merken, ob und wie die eigene Krankenkasse ihren Beitrag anhebt. Denn noch immer berechnen die Krankenkassen verschieden hohe Zusatzbeiträge. Die Webseite gesetzlichekrankenkassen.de weist derzeit eine Spanne von 15,00 Prozent Beitragssatz bei der -nur regional geöffneten- BKK Pfaff bis zu 16,30 Prozent bei mehreren Ortskrankenkassen aus. Erhöht der eigene Anbieter den Zusatzbeitrag, besteht ein Sonderkündigungsrecht bis zum Ende des Monats, in dem der neue Zusatzbeitrag gilt. Durch die fehlende Informationspflicht wird es nun wahrscheinlich, dass Versicherte ihr Sonderkündigungsrecht verpassen.

Informieren müssen die Krankenkassen dennoch: allerdings nicht individuell, sondern nur auf ihrer Webseite bzw. in den Mitgliederzeitschriften. Warum ausgerechnet in diesem Jahr die individuelle Informationspflicht ausgesetzt wird, obwohl zu erwarten ist, dass viele Kassen an der Beitragsschraube drehen, geht aus dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz nicht hervor. Normalerweise hätten die individuellen Anschreiben auch Informationen zum Kündigungsrecht und Wechselmöglichkeiten enthalten. Gegenüber dem „Spiegel“ positioniert sich das Bundesgesundheitsministerium, dass durch den Eingriff bis zu 100 Millionen Euro für Papier und Versandkosten eingespart werden könnten.

Weitherhin Informationspflicht für private Krankenversicherer

Anders sieht es hingegen bei den privaten Krankenversicherern aus. Sie müssen weiter ihre Kundinnen und Kunden schriftlich informieren, wenn sie die Prämien anpassen - und dies entsprechend begründen. Der PKV-Verband hatte bereits kommuniziert, dass die Prämien zum Jahreswechsel im Schnitt vergleichsweise moderat steigen werden: im Schnitt um drei Prozent.

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Allerdings warnen Branchenexperten, dass die Inflation erst im kommenden Jahr auf die Prämien der privat Krankenversicherten durchschlagen dürfte. Grund für die verzögerte Weitergabe ist, dass die Privatversicherer nur in zwei Fällen die Prämien korrigieren dürfen: wenn die Leistungsausgaben um zehn Prozent höher sind als ursprünglich kalkuliert und wenn sich die Lebenserwartung der Versicherten derart erhöht, dass die Anbieter höhere Gesundheitskosten haben. Dies führt dazu, dass steigende Kosten oft zeitlich verzögert weitergegeben werden.