Die Europäische Zentralbank (EZB) hebt den Leitzins stärker an als ursprünglich angekündigt. Um 0,5 Prozentpunkte setzen die Frankfurter den Zins rauf, wie die Notenbank am Donnerstag mitteilt. Ursprünglich hatte sie im Juni einen Zinsschritt von 0,25 Prozentpunkten in Aussicht gestellt. Es ist die erste Erhöhung des Leitzinses seit 2011.

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Größerer Schritt gegen Inflation

Das Ziel: die aktuell galoppierende Inflation bekämpfen. Dieser Beschluss basiere auf der aktualisierten Beurteilung der Inflationsrisiken durch den EZB-Rat, teilt die Notenbank mit. "Der EZB-Rat gelangte zu der Einschätzung, dass im Zuge seiner Leitzinsnormalisierung ein größerer erster Schritt angemessen ist als auf seiner letzten Sitzung signalisiert", heißt es hierzu im Pressetext. Man peile an, die Inflation mittelfristig bei zwei Prozent zu stabilisieren. Im Juni lag die Inflation im Euroraum bei 8,6 Prozent.

Eine Anhebung der Zinsen wirkt indirekt auf die Inflation. Für Banken, Unternehmen und Privatpersonen verteuern sich dadurch Kredite: und so bremst der Leitzins zunächst die Nachfrage. Aufgrund dessen sollen auch die Preise sinken. Für viele Kundinnen und Kunden dürfte es aber zunächst teurer werden. Zum Beispiel sind die Bauzinsen in den letzten Monaten enorm angestiegen und haben sich seit Jahresbeginn fast vervierfacht. Wer eine Immobilie finanzieren will, muss folglich deutlich mehr Geld in die Hand nehmen. Die Erhöhung des Leitzinses dürfte den Bauzins weiter nach oben treiben.

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Würgt höherer Zins die Konjunktur ab?

Auch besteht die Gefahr, dass der höhere Zins die Wirtschaft zusätzlich ausbremst: in einer Zeit, in der dank Ukraine-Krieg, unterbrochenen Lieferketten und Energieknappheit eine Rezession droht. Nicht nur der private Konsum wird gedrosselt: auch die Unternehmen investieren weniger, wenn Kredite mehr Zins kosten. Angesichts einer drohenden Rezession komme die Zins-Erhöhung "eigentlich zur Unzeit", positionieren sich etwa die Volkswirte des Bankhaus M.M.Warburg.

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