Es gibt Risiken, für die findet man weltweit keinen oder nur sehr eingeschränkten Versicherungsschutz, weil die potentiellen Kosten so hoch sind, dass weder ein privater Versicherer noch mehrere die Kosten kalkulieren und übernehmen können. Die Risiken aus Atomkraft gehören dazu, eine Dürre, Pandemie: hierbei spricht man von sogenannten Kumulrisiken. Dass auch der Krieg nicht versicherbar ist, machte nun Joachim Wenning deutlich, Chef des weltweit größten Rückversicherers Munich Re.

Anzeige

“Krieg ist ruinös“ - und nicht versicherbar

In einem Interview mit dem „Handelsblatt“ auf den Ukraine-Krieg angesprochen, antwortete Wenning, dass diesen keiner auf dem Plan gehabt habe. „Kriegsgefahren haben wir in Extremszenarien im Blick. Aber wir modellieren sie nicht annähernd so präzise wie etwa Naturkatastrophen. Dafür fehlen jegliche Grundlagen. Außerdem gilt: Krieg ist nicht versicherbar, weil er ruinös ist.“ Deshalb seien in den wichtigsten Sparten wie Personen- und Sachversicherungen Kriegsschäden ausgeschlossen.

Ein Ende der Globalisierung durch Russlands Angriff auf die Ukraine fürchtet Wenning aber nicht. „Ich denke nicht, dass Russland die Bedeutung und die Macht hat, um weltwirtschaftliche Handelssysteme nachhaltig komplett zu verändern“, sagt er. Hierfür seien die drei Blöcke USA, China und Europa entscheidend, die „ihren Wohlstand durch internationalen Handel aufgebaut“ hätten. Ein Rückfall in die Regionalisierung der Weltwirtschaft würde zu Wohlstandseinbußen führen, die sich keiner leisten könne.

Gleichwohl sind die Versicherer direkt oder indirekt durch die Folgen des Ukraine-Krieges betroffen: Die Ratingagentur S&P hat die Kosten für die weltweite Versicherungswirtschaft auf 16 bis 35 Milliarden Dollar geschätzt. „Die meisten Versicherungssparten sind überwiegend national ausgerichtet, so dass auch die Sanktionen dort kaum eine Rolle spielen. In einzelnen Sparten können der Krieg und die Folgen hingegen durchaus spürbar werden“, hatte sich bereits der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) positioniert. Ein Beispiel sind Schäden durch mögliche Hacker-Angriffe im Rahmen der Cyberversicherung: oder die Gefahr, dass Unternehmen insolvent gehen, die vom Handel mit Russland abhängig sind und nun unter den Sanktionen leiden.

Drohende Rechtsstreite

Wenn er gefragt werde, welche Belastungen ganz konkret aus den rückversicherten Risiken für die Munich Re entstehen könnten, „dann muss ich Ihnen sagen, dass das im Moment niemand seriös abschätzen kann“, sagt Wenning dem Handelsblatt. Das Unternehmen würde aber selbst mit einem Worst-Case-Szenario gut zurechtkommen. „Bei den Spezialversicherungen, zum Beispiel Luftfahrt, Schifffahrt oder Transport, können Kriegsschäden direkt oder indirekt mitversichert sein“, so Wenning. Hier sei die Wahrscheinlichkeit, dass solche Fragen vor Gericht landen, relativ hoch, da es um viel Geld gehe.

Anzeige

Hier sind auch Cyberversicherungen ein Thema: Die Munich Re bietet sie umfangreich an, die Policenbedingungen zum Thema Krieg seien hier weltweit nicht einheitlich. „Aber stets ist intendiert, von Staaten ausgehende Attacken, sogenannten Cyberwar, von der Haftung auszuschließen“, so Wenning. Speziell Unternehmen könnten die private Versicherer hier keinen vollständigen Schutz bieten: „Die Nachfrage übersteigt das Angebot deutlich“. Hier sei eine Poollösung mit dem Staat gefragt - Wenning fordert einen staatlichen Notfallplan, falls es Angriffe auf die kritische Infrastruktur gebe.

Anzeige