Anfang Juni 2018 hatte die Axa knapp 18.000 Kundinnen und Kunden mit einer "Unfall-Kombirente ohne Beitragsrückgewähr" mit der Kündigung gedroht, sollten sie sich nicht bereit erklären, in die weniger attraktive Existenzschutzsicherung zu wechseln. Dies solle jedoch nicht Versicherungsnehmer gelten, die 2017 mindestens 58 Jahre alt waren, bereits eine Rente erhalten oder sich für ein anderes Produkt aus dem Hause Axa entscheiden. Grund für die Kündigungsaktion sei unter anderem der erhebliche medizinische Fortschritt. Dadurch hätten sich Kosten erhöht. Zugleich hätten die niedrigen Marktzinsen, zu denen ein Teil des Kundengelds angelegt wird, die Einnahmen verringert.

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Mitte 2020 hatte bereits die "Mehrheit" der betroffenen Kunden in die Existenzschutzversicherung gewechselt, erklärte eine Axa-Sprecherin damals. Die Kunden hätten zu Sonderkonditionen wechseln können. So sei in der neuen Absicherung unter anderem eine Absicherung gegen Krebserkrankungen enthalten. Allen anderen Kunden sei gekündigt worden, eine konkrete Zahl nannte sie nicht. Die Kündigungen würden zu den "individuellen Hauptfälligkeiten" wirksam - also zum Ende der Laufzeit der Kombirenten-Verträge.

Ist die Kombirente eine Unfall- oder eine BU-Versicherung?

Der Sachverhalt ist für die Axa klar: Nach Einschätzung des Versicherers handelt es sich bei der Kombi-Rente um eine Sachversicherung, die nach Ablauf des Versicherungsjahres sowohl vom Versicherer als auch Verbraucher einseitig gekündigt werden dürfe. Das Kündigungsrecht lässt sich die Axa auch in den AGB der Kombirente zusichern. Hier gilt es aber zu bedenken, dass die Axa ihre Police als "bezahlbare Alternative zu einer Berufsunfähigkeitsversicherung" beworben hatte und genau an diesem Punkt hakt die Verbraucherzentrale Hamburg ein. Denn solche Verträge zur Sicherung existentieller Risiken dürfen nicht vom Versicherer einseitig aufgekündigt werden. Auch für Vermittler bedeutet dies ein enormes Haftungsrisiko. Sie müssen Verbraucher unter Umständen auf das einseitige Kündigungsrecht des Versicherers aufmerksam machen, wenn sie funktionelle Invaliditätsversicherungen wie die "Kombi-Rente" als Alternative zur BU empfehlen.

Die Verbraucherzentrale Hamburg hatte bereits nach der angedrohten Kündigungsaktion Betroffenen dazu geraten, Widerspruch gegen die angedrohte Kündigung einzulegen und den Vorstand des Versicherers aufzufordern, auf das ordentliche Kündigungsrecht zu verzichten. Nach einer erfolglosen Unterlassungserklärung reichte die Verbraucherzentale Hamburg eine Klage beim Landgericht Köln ein. Im Januar 2021 ging der Streit in der ersten Runde verloren. Daraufhin legten die Verbraucherschützer Berufung ein (Az. 20 U 21/21).

Damit mussten sich die Richter am Oberlandesgerichts (OLG) Köln damit befassen. Ein Urteil wird für Freitag (17.12.21) erwartet. Gegenüber dem Online-Portal "boerse-online.de" bestätigten beide Prozessparteien und ein Gerichtssprecher nun, dass der Versicherer vor einer gerichtlichen Niederlage stünde. Demnach habe der Senat mitgeteilt bei der letzten Verhandlung am 5. November mitgeteilt, „dass die Berufung Aussicht auf Erfolg hat“.

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Eine Sprecherin der AXA bestätigte diese Darstellung und kündigte an, bei einer Niederlage vor den Bundesgerichtshof zu ziehen. „Unsere rechtliche Auffassung zu diesem Thema ist weiterhin eindeutig: Unser Vorgehen entspricht geltendem Recht.“ Sandra Klug, Abteilungsleiterin bei der Verbraucherzentrale, sprach von einer „guten Chance, die Berufungsinstanz für uns zu entscheiden“. Auch sie vermutet, dass letztlich der Bundesgerichtshof entscheiden muss. Der Streit hat eine grundsätzliche Bedeutung, weil zu klären ist, ob die Kombirente als Unfall- oder als Berufsunfähigkeitsversicherung zu betrachten ist. Je nachdem ist eine Kündigung durch den Versicherer möglich oder nicht.

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