Die Bundesbürger sollen sich in Zeiten dauerhaft niedriger Zinsen mehr in Aktien engagieren: So ist der Rat vieler Finanzexperten. Doch ausgerechnet für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) gilt das nicht mehr:

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Nach dem Versagen im Wirecard-Skandal wurde den Beschäftigten der private Handel mit Aktien, Anleihen und weiteren Finanzinstrumenten weitestgehend verboten. Der Hintergrund: Statt Wirecard streng zu beaufsichtigen und Luftbuchungen in der Bilanz zu verfolgen, ging die Finanzaufsicht gegen Kritiker des mittlerweile insolventen Unternehmens vor, unter anderem mit einem Leerverkaufsverbot 2019. Es stellte sich heraus, dass einige Finanzaufseher selbst mit Wirecard-Aktien zockten.

“Große Frustration und Verunsicherung“

Doch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der BaFin sorgt dieses Aktienverbot nun für Ärger. Das „Handelsblatt“ berichtet am Freitag von einem Schreiben, welches Andreas Wolter, Personalrats-Chef der BaFin, an den Finanzstaatssekretär Jörg Kukies geschrieben hat. Darin würden die Beschränkungen als unverhältnismäßig beschrieben.

Es herrsche „große Frustration und Verunsicherung“ über die Einschränkungen sowie die Art und Weise, wie sie kommuniziert worden seien, schreibt Wolter. Und weiter: „Wir erachten den aktuellen Regelungsstand als unbefriedigend und verfassungsrechtlich bedenklich“. Die Mitarbeitenden würden die Verbote als Abstrafung für den Wirecard-Skandal empfinden.

Wolter verweist auf einen Konflikt: Einerseits will die BaFin Interessenskonflikte bei ihren Beschäftigten vermeiden. Andererseits ist sie darauf angewiesen, kompetente und engagierte Finanzexpertinnen und -Experten zu finden, die wirksam der Finanzbranche die Stirn bieten können. Hier habe der Personalrat „begründete Sorge“, dass es erschwert sein könnte künftig neues Personal zu finden — und sogar Beschäftigte das Haus verlassen könnten. Der Personalrats-Chef verweist zudem darauf, dass Praxiserfahrung und ein starkes Interesse an Märkten, Wirtschaftsdaten und Finanzprodukten für eine wirksame Finanzaufsicht gebraucht würden.

Letztendlich müssten die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter „erhebliche Einschränkungen beim Vermögensaufbau und der Altersvorsorge“ fürchten, mahnt Wolter. Hierfür werde eine finanzielle Kompensation gefordert.

Strenge Auflagen für persönliche Geldanlage

Bevor die strengen Regeln eingeführt wurden, konnten die Beschäftigten der BaFin recht frei mit Finanzpapieren handeln: auch wenn sie Firmen betrafen, die von der Behörde selbst überwacht wurden. So hatten einige BaFin-Beschäftigte auch mit Wirecard-Derivaten gehandelt: noch kurz vor dem Zusammenbruch des Unternehmens. Einen Mitarbeiter musste die Behörde im Februar 2021 sogar wegen des Verdachts auf Insiderhandel anzeigen.

Die Regeln wurden jedoch mit dem Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetz (FISG) im Juni 2021 deutlich verschärft. Zwar hat die BaFin nun auch erweiterte Befugnisse: etwa Rechnungslegungen von Unternehmen prüfen zu können oder eine solche anordnen zu lassen, wenn es den Verdacht auf Unregelmäßigkeiten gibt. Auch darf sie nun in verdeckten Testkäufen Finanzprodukte erwerben und Finanzdienstleistungen in Anspruch nehmen. Zugleich dürfen Beschäftigte der Watchdog-Behörde nicht mehr mit Papieren handeln, die an der Deutschen Börse gehandelt werden, bzw. wenn die Kapitalgesellschaft ihren Sitz bzw. ihre Niederlassung in der EU hat. Erlaubt ist den BaFin-Beschäftigten hingegen weiterhin, ihr privates Geld in Fonds und ETFs zu stecken, wie das „Handelsblatt“ schreibt. Auch dürfen Dritte beauftragt werden, sich um das private Portfolio zu kümmern.

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Die strengen Auflagen haben auch mit der Aufgabe der BaFin zu tun: Aufgrund ihrer Watchdog-Funktion könnten Beschäftigte über Informationen verfügen, die "normale" Akteure an der Börse noch nicht haben. Entsprechend droht nicht nur Interessenskonflikte bei der Aufsichts-Tätigkeit, sondern auch Insiderhandel.

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