Als vor ein paar Jahren die ersten digitalen Versicherer an den Start gingen, galten sie nicht nur als Hoffnungsträger - es wurde sogar debattiert, ob sie mittel- bis langfristig den etablierten Versicherern den Rang ablaufen könnten. Doch nun zeigt sich, dass der Anlauf auf den deutschen Versicherungsmarkt doch schwerer ist, als sich das die -nicht mehr ganz so jungen- Wilden vorgestellt haben. Ein aktuelles Beispiel ist das Berliner InsurTech Coya. Wie die Webseite FinanceFWD aktuell berichtet, hatten die Hauptstädter Schwierigkeiten, Geldgeber zu finden.

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Durchaus waren die Ambitionen groß, als der neue Player 2017 auf der Bildfläche erschien. „Das Ziel ist, Europas führender digitaler Sach- und Unfallversicherer zu werden“, sagte Gründer Andrew Shaw damals. 2018 startete man das Versicherungsgeschäft. Neben Hausrat- und Haftpflichtversicherungen bietet Coya ebenso Absicherung für Fahrräder und Hunde an, wofür man den Direktvertrieb, aber auch Vergleichsportale und Produktpartner nutzt.

Coya muss sparen

Doch nun muss Coya bei vielen Aktivitäten sparen, wie FinanceFWD berichtet. Das Portal zitiert aus einem Schreiben an Werbepartner. „Aufgrund bestimmter interner Geschäftsentscheidungen haben wir erhebliche Budgetbeschränkungen für all unsere Marketingaktivitäten erhalten“, heißt es darin. Dies bedeutet zum Beispiel das Aus für Affiliate-Programme, die auf „unbestimmte Zeit“ ruhen sollen: Es werden also keine Provisionen mehr für Empfehlungen und Klicks anderer Webseiten bezahlt. Auch bei Facebook sei die Werbung verschwunden und der Anbieter nicht mehr bei Check24 gelistet.

Die eingestampften Werbeaktivitäten hätten auch damit zu tun, dass es Coya im letzten Jahr schwergefallen sei Geldgeber zu finden, berichtet das Finanzportal. Und das, obwohl Coya 2020 durchaus kleine Erfolge vorzeigen konnte. Die eingesammelte Bruttoprämie wuchs kräftig um 148 Prozent, wenn auch von einem kleinen Niveau aus. Waren die Prämieneinnahmen mit 810.000 Euro in 2019 noch sehr überschaubar, so konnten im letzten Jahr bereits 2,02 Millionen Euro eingesammelt werden. Die Zahl der Kundinnen und Kunden erhöhte sich von 94.000 auf 124.000.

Es zeigt sich also deutlich ein positiver Trend: auch mit Blick auf Schäden und Kosten. Das Verhältnis von Prämien und Schadenskosten (Schadenquote) beläuft sich in 2020 auf etwas unter 60 Prozent. Im Vorjahr lag der Wert noch über der 100 Prozent-Marke. Folglich zahlte Coya mehr für die Schäden, als dass es an Prämien einnahm. Dennoch ist das versicherungstechnische Ergebnis noch im negativen Bereich: mit -4,41 Millionen Euro doppelt so hoch wie das Prämienvolumen. Aber auch hier ist eine positive Tendenz erkennbar (2019: -10,38 Millionen).

Auch wegen dieser Zahlen sei es Coya im letzten Jahr schwergefallen, externe Geldgeber zu finden, berichtet nun FinanceFWD. Sogar bei der Konkurrenz habe man vorgefühlt, auch wenn der Versicherer eine Stellungnahme dazu verweigert habe. Nun hätten die wesentlichen Gesellschafter noch einmal Geld zugeschossen: darunter Valar Ventures, Roland Berger und die Uniqa Versicherung. Als Co-CEO sei zudem Max Bachem zurückgekehrt, der zwischenzeitlich zur Axa abgewandert war. Damit will man nun aus eigener Kraft den Return schaffen und die Zahl der Kundinnen und Kunden in diesem Jahr verdreifachen.

Schwieriger Online-Markt

Dass neue Versicherer Start-Schwierigkeiten haben, ist nicht außergewöhnlich. Gerade zu Beginn, wenn ein Anbieter noch keinen Namen hat, muss viel Geld in Werbung und in den Aufbau der notwendigen Netzwerke und Servicekanäle gesteckt werden. Eine Vermutung sei aber, dass Coya zu sehr auf die digitale Karte gesetzt habe, schreibt das Finanzportal.

Aktuell höhere bewertete Konkurrenten wie Clark und Wefox haben sich von vorn herein breiter aufgestellt: etwa durch Kooperationen mit Maklern, White-Label-Lösungen und digitale Vertriebs-Services. Zudem haben etablierte Versicherer einen Vertrauensvorsprung: ein Grund, weshalb viele InsurTechs mittlerweile mit den Platzhirschen der Branche kooperieren.

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Dabei gestaltet sich das Online-Direktgeschäft in Deutschland teils schwieriger als in anderen Staaten: wenn auch mit steigender Tendenz. Laut einer Bitkom-Umfrage aus dem letzten Jahr hat zwar fast jeder Zweite (46 Prozent) schonmal eine Versicherung im Netz abgeschlossen. Am Belieb­testen sind Reise­rück­tritt-, Kfz-, Rechts­schutz- und Auslands­rei­se­kran­ken­-Policen. Aber 35 Prozent der Nutzer hielten den Zeit­auf­wand dafür zu hoch, 39 Prozent beklagten ein zu kompli­ziertes Verfahren. Hier sind die User teils anderes gewohnt: schnelle und einfache Verfahren wie bei Amazon, Netflix und Co. Eine forsa-Umfrage zeigt zudem, dass auf dem deutschen Markt persönliche Beratung stark gewertschätzt wird: Mehr als 81 Prozent der Kundinnen und Kunden ist diese beim Abschluss einer Versicherung sehr wichtig.

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