Der Zweitmarkt-Anbieter Policen Direkt hat die aktuellen Standmitteilungen klassischer Lebensversicherungen unter die Lupe genommen. Dabei hat das Frankfurter Unternehmen zum dritten Mal die Neuregelung nach § 155 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) berücksichtigt. Seit dem 1. Juli 2018 müssen die Versicherer ihre Kunden umfassender informieren, was der Altersvorsorge-Vertrag wert ist: mindestens einmal pro Jahr.

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Die Studienmacher ziehen ein gemischtes Fazit: Inzwischen würden die jährlichen Infobriefe, die deutsche Lebensversicherer verschicken, mehrheitlich einen guten Eindruck vom Wert des Vertrages vermitteln. Auch setzten die Gesellschaften die gesetzlichen Vorgaben von 2018 um und lieferten die vorgeschriebenen Informationen. Bei der Verständlichkeit hinkt die Entwicklung aber weiter hinterher. Vorsorgesparer könnten so nicht immer beurteilen, ob ihr Geld dauerhaft gut und sicher angelegt ist.

Nach wie vor gäbe es jedoch noch große Qualitätsunterschiede. So zeigte sich beispielsweise, dass einige Gesellschaften ihrer gesetzlichen Veröffentlichungspflicht zwar nachkämen, aber von weiteren sinnvollen Angaben für die Bewertung absehen würden. „Vollständigkeit der Werte bedeutet allerdings nicht Verständlichkeit. Sehr oft fehlen weitere Angaben, um die Vertragsentwicklung auch nachvollziehen zu können.“, resümiert Henning Kühl, Chefaktuar von Policen Direkt und Versicherungsmathematiker (DAV).

Während einige Versicherer die neue Verordnung für weitreichende Verbesserungen der Schreiben genutzt hätten, informierten andere Versicherer weiterhin nicht so umfangreich und verständlich. Einzelne Unternehmen würden fast drei Jahre nach der Neufassung des §155 VVG für Bestandskunden immer noch keine überarbeitete Kunden-Information versenden. „Die Entwicklungen gehen hier mitunter auseinander. insofern ist in der Versichererlandschaft noch keine klare Linie erkennbar. Dabei lässt sich mit tabellarischer Darstellung sehr leicht gute Verständlichkeit erreichen.“, unterstreicht Kühl.

Auch große Versicherer scheitern an Mindestanforderungen knapp

Immerhin 66 von 74 untersuchten Lebensversicherern erfüllten die geltenden Mindestanforderungen komplett. Davon erhielten 22 Unternehmen die volle Punktzahl. Darunter befindet sich auch die Proxalto - die ehemalige Generali Leben.

Beim Blick auf die einzelnen Anbieter fällt auf, dass laut Studie auch größere Versicherer die Mindestanforderungen nicht ganz erfüllen. So scheitert beispielsweise die Allianz Leben mit einem Marktanteil von 29,26 Prozent zwar nur knapp und erreicht 53 von 57 möglichen Punkten in dieser Teilkategorie. Hier bemängelt das Analysehaus, dass die Beträge, mit denen der Kunde an den Bewertungsreserven beteiligt wird, teils gesucht oder gar selbst errechnet werden müssen.

Die Generali-Tochter Dialog erreicht bei den Mindestanforderungen nur 31,5 von 57 möglichen Punkten. Die Studienmacher bemängeln hier unter anderem die Ausweisung der garantierten Ablaufleistung bei Beitragsfreistellung sowie den Hinweis zur Höhe der Beteiligung an den Erträgen.

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Lebensversicherer mit Top-Standmitteilungen

Die Frage, ob die Versicherer die gesetzlichen Mindestanforderungen erfüllen, war jedoch nur eine Kategorie für die Beurteilung der Standmitteilungen, wenn auch mit 57 Wertungspunkten die umfassendste. Darüber hinaus nahm die Studie drei weitere Kategorien in den Blick.

Der zweite Bereich, der mit 30 Wertungspunkten gewichtet wurde, umfasst „wichtige optionale Angaben in den Infobriefen“. Bei den optionalen Angaben eingerechnet wird zum Beispiel, ob der aktuelle Rückkaufswert des Vertrages bei Kündigung transparent mit den Einzelwerten ausgewiesen wird: also Einzelwerte wie garantierter Wert, garantierte Überschüsse, Schlussüberschüsse (falls vorhanden) und Beteiligung an den Bewertungsreserven.

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Allgemeine Infos und Verständlichkeit

Ein dritter Wertungsbereich umfasst weitere optionale Angaben, die unter „Bonus“ zusammengefasst werden. Hier werden zum Beispiel allgemeine Vertragsdaten positiv gewertet, etwa, ob alle versicherten und mitversicherten Personen inklusive Geburtsdaten in den Standmitteilungen genannt werden. Auch Informationen über die Versicherungssumme, den Beitrag und deren Zahlweise, den Vertragsbeginn und den Vertragsablauf der Police, zu möglichen Teilzahlungen und dem Rückkaufswert der Zusatzversicherungen bringen Extras. Nicht in die Wertung direkt ein floss die dritte Kategorie: die Verständlichkeit der Standmitteilungen. Hier wurde zum Beispiel untersucht, ob die Texte klar und verständlich sind oder auf viel „Versicherungssprech“ zurückgreifen, ob die Vertragswerte übersichtlich dargestellt sind und ob es ein Glossar gibt, das wichtige Begriffe erläutert.

Diese Angaben seien freiwillig: Doch Aktuar Henning Kühl hält sie für wichtig, um sich ein genaueres Bild von der Altersvorsorge zu machen. „Um die Qualität und die Entwicklung der Altersvorsorge beurteilen zu können, braucht es zusätzliche Angaben“, kommentiert Kühl. Gerade die aktuelle Lage zeige wie wichtig hier Transparenz ist. Schließlich bringe die Corona-Krise und die Begleitumstände den einen oder anderen Versicherungskunden in finanzielle Nöte. „Nur wer weiß, was sein Vertrag heute wert ist und was er jetzt damit erzielen kann, ist sich der finanziellen Tragweite der Entscheidung zu seiner Lebensversicherung bewusst“, sagt Kühl weiter. Besonders transparente Gesellschaften wiesen sogar auf Alternativen zur Kündigung hin.

Viele Unternehmen ließen die Chancen der jährlichen Standmitteilungen ungenutzt. Denn eigentlich bieten die Schreiben einen optimalen Kontaktpunkt, um Kunden wichtige Informationen an die Hand zu geben. Dadurch könnten mögliche Vorurteilen abgebaut beziehungsweise Vertrauen aufgebaut werden. Während beispielsweise zehn Unternehmen zur Nachhaltigkeit in der Kapitalanlage informierten, nutzten nur wenige Gesellschaften diese Gelegenheit für einen Hinweis auf ihr COVID-19-Serviceangebot.

Immerhin 49 Lebensversicherer erfüllten sämtliche BaFin-Anforderungen zu den Bewertungsreserven. Auch in diesem Jahr hat Policen Direkt untersucht, ob gesetzeskonform mit den Standmitteilungen auch über die Beteiligung an den Ertragsquellen informiert wird. Fast alle Unternehmen (70 von 74 Versicherer) kämen dieser Pflicht ordnungsgemäß nach. Bei diesen Versicherern seien diese Angaben direkt zu finden. Bei vier Gesellschaften seien die Hinweise wenig oder überhaupt nicht hilfreich. Laut Mindestzuführungsverordnung (MindZV) §15 sind die Kunden auf diese Veröffentlichung unter Angabe der elektronischen Fundstelle hinzuweisen. Einige Gesellschaften wiesen im Zuge dieser Hinweispflicht zudem darauf hin, wo ihre CSR-, Solvenz- und Geschäftsberichte zu finden sind.

Concordia Oeco hat transparenteste Standmitteilungen

Lediglich drei Anbieter konnten eine dreistellige Punktzahl erzielen: die Concordia Oeco Lebensversicherung AG wird Testsieger mit 122 Punkten. Dahinter platzieren sich Provinzial Leben Hannover und Öffentliche Lebensversicherung Sachsen-Anhalt mit immer noch 100 Punkten. Ebenfalls sehr gut mit 99 erzielten Punkten schloss die Victoria Lebensversicherung ab. Immerhin noch 98 Punkte erhielt die Debeka Leben.

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Darauf folgen die Universa Leben (97,5 Punkte), Alte Leipziger (97 Punkte), Continentale und Europa Leben (95,75 Punkte) sowie Axa Leben (95 Punkte). Der Run-Off-Versicherer Proxalto Lebensversicherung holte immerhin 94 Punkte. Im Durchschnitt erreichten die Unternehmen 85 Punkte. Doch wo Gewinner, da sind meist auch Verlierer. Die wenigsten Punkte im Ranking erzielte die Dialog Leben (40,5 Punkte). Ebenfalls überschaubare Ergebnisse haben Landeslebenshilfe (65 Punkte), Gothaer, R+V Lebensversicherung a. G. und R+V Lebensversicherung AG mit jeweiks 65,25 Punkten. Diese werden dicht gefolgt von LVM (65,5 Punkte) und DBV Leben (66,25 Punkte). Die Transparenzstudie mit den Einzelergebnissen ist auf der Webseite von Policen Direkt einsehbar.

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