Die gesetzlichen Krankenkassen steuern auf eine große Finanzierungslücke zu. Davor warnte Doris Pfeiffer, Chefin des GKV-Spitzenverbandes, in Berlin. “Für dieses Jahr bin ich noch optimistisch, dass die Zusatzbeitragssätze nicht weiter angehoben werden müssen“, sagte Pfeiffer. Doch schon im kommenden Jahr drohe ein Defizit im zweistelligen Milliardenbereich.

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“Ausgaben stiegen teils deutlich“

Doris Pfeiffer, Vorstandsvorsitzende des GKV-SpitzenverbandesGKV-VerbandUrsache hierfür sind nicht allein die Kosten der Corona-Krise. Auch die Gesundheitsreformen von Jens Spahn (CDU) gehen ordentlich ins Geld. Wenn auch vielfach notwendig: etwa wurden bessere Betreuungsschlüssel und mehr Personal in Kliniken angestoßen. Die Alterung der Gesellschaft und teure Preise für neue Medizin und Technik belasten zusätzlich das Finanzsäckel der Kassen.

Nun müssen sämtliche Reserven der Kassen während der Corona-Pandemie aufgebraucht werden. “Von den niedergelassenen Ärzten über die Kliniken bis hin zu Hebammen und Heilmittelerbringern stiegen die Ausgaben teils deutlich“, wird Pfeiffer in einem Pressetext des Verbandes zitiert.

In diesem Jahr könnten die Ausgaben noch aufgefangen werden, weil die Krankenkassen gesetzlich verpflichtet sind ihre Reserven abzuschmelzen. So sollen die Kassen allein acht Milliarden Euro aus ihren Finanzreserven an den Gesundheitsfonds abführen, damit dieser seine laufenden Zahlungsverpflichtungen erfüllen kann. Dem entgegen stehe ein einmaliger zusätzlicher Bundeszuschuss in Höhe von fünf Milliarden Euro. „Für das kommende Jahr zeichnen sich große finanzielle Herausforderungen ab“, warnt Pfeiffer. Die Rücklagen der Kassen und des Gesundheitsfonds würden bereits 2021 zum Großteil aufgebraucht sein.

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Höhere Zuschüsse gefordert

“Wer im nächsten Jahr stabile GKV-Finanzen haben möchte, muss jetzt die Weichen für eine adäquate Finanzierung stellen. Leistungskürzungen sollten im Interesse der Patientinnen und Patienten tabu sein, auf der anderen Seite wären höhere Beiträge kein gutes Zukunftssignal für den notwendigen wirtschaftlichen Aufschwung" sagte Pfeiffer. "Deshalb wäre ein dauerhaft erhöhter Bundeszuschuss der richtige Schritt. Die Bundesregierung ist gefordert, in der Haushaltsplanung entsprechende Mittel einzuplanen".

steigende Ausgaben für Kliniken und Arztpraxen

Ein Grund für steigende Kosten: steigende Ausgaben für Kliniken. Die Ausgaben der Krankenkassen für die Krankenhäuser stiegen im Jahr 2020 auf 81,5 Milliarden Euro. Hinzu kamen rund 700 Millionen Euro für zusätzliche Intensivbetten sowie vom Bund 9,4 Milliarden Euro an sogenannten Freihaltepauschalen. Diese Pauschalen sind Ausgleichszahlungen für Klinikbetten, die als Reserve für Corona-Patienten gezielt nicht belegt wurden oder aufgrund abgesagter oder verschobener Eingriffe frei geblieben sind.

Insgesamt erhielten die Kliniken im vergangenen Jahr 91,64 Milliarden Euro, also rund 14 Prozent mehr als 2019 (80,3 Mrd. Euro). Im Jahresdurchschnitt seien rund vier Prozent der Intensivkapazitäten in den deutschen Kliniken mit Corona-Patienten belegt gewesen, berichtet der GKV-Spitzenverband.

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Aber auch niedergelassene Ärzte haben mehr erhalten, berichtet der GKV-Verband: dank zusätzlicher pandemiebedingter Aufwände und der weiterhin gezahlten morbiditätsbedingten Gesamtvergütung. Im Ergebnis stiegen die Ausgaben für ärztliche Behandlungen um 7,3 Prozent auf 44,0 Milliarden Euro (2019: 41,1 Milliarden Euro). Gleichzeitig sei die Zahl der Patienten zurückgegangen – allein im ersten Halbjahr 2020 gegenüber dem ersten Halbjahr 2019 um rund sieben Prozent von 299,3 Millionen auf 277,3 Millionen kurativ-ambulante Fälle. Für das zweite Halbjahr lagen noch keine Zahlen vor: wahrscheinlich sind aber mehr Patienten behandelt wurden, da viele Operationen und Therapien, die aufgrund von Corona verschoben wurden, in dem Sommermonaten nachgeholt werden mussten.

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In Summe kommt die gesetzliche Krankenversicherung im Jahr 2020 auf ein Defizit in Höhe von 6,236 Milliarden Euro. Das Defizit 2020 der gesetzlichen Krankenversicherung setzt sich aus einem Minus beim Gesundheitsfonds in Höhe von 3,582 Milliarden Euro sowie dem Krankenkassen-Defizit in Höhe von 2,654 Milliarden Euro zusammen, berichtet der Verband.

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