Jens Baas, Chef der Techniker Krankenkasse (TK), warnt aktuell vor deutlich steigenden Beitragssätzen bei den gesetzlichen Krankenversicherern. Man müsse davon ausgehen, dass die gesetzliche Krankenversicherung im kommenden Jahr vor einer Finanzierungslücke von mindestens 16 Milliarden Euro stehen werde, „wahrscheinlich noch mehr“, sagte Baas dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).

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“Obergrenze von 40 Prozent gerissen“

Schon Anfang 2022 müssten die Beiträge kräftig steigen, mahnte Baas - auch deshalb, weil einer neuen Regierung nach der Bundestagswahl kaum Zeit zum Handeln bleibe. Dann werde „die erklärte Obergrenze von 40 Prozent bei den Sozialabgaben gerissen“. Ursache hierfür ist nach Ansicht des 54jährigen nicht die Coronakrise allein - sie verschärft die Situation aber. Zum einen würden die Kassen weniger Geld einnehmen, weil die wirtschaftliche Lage vieler Menschen schwierig sei. Zum anderen trieben teure Behandlungen und Therapien die Kosten nach oben. Die Gesundheitsreformen der letzten Jahre kosten ebenfalls Geld - unter anderem soll die Pflege verbessert werden.

Erschwerend kommt hinzu, dass Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) die Krankenkassen zwingt ihre Reserven abzuschmelzen. Denn schon jetzt klafft eine Finanzierungslücke von 16,6 Milliarden Euro im Gesundheitsfonds. Zwar beteiligt sich die Bundesregierung mit fünf Milliarden Euro, aber den Rest müssen die Kassen -und damit die Beitragszahler- selbst stemmen. Die Bundesregierung zieht acht Milliarden Euro aus den Rücklagen ein - der Fehlbetrag muss über steigende Zusatzbeiträge aufgefangen werden.

Mehr Zusatzbeitrag schon zum Jahreswechsel

Tatsächlich haben viele wichtige Kassenanbieter bereits zum Jahreswechsel 2020/21 ihren Zusatzbeitrag deutlich anheben müssen. Die Techniker Krankenkasse (TK) berechnet seit dem 1. Januar 2021 einen Zusatzbeitrag von 1,2 Prozent, was ein sattes Plus um 0,5 Prozentpunkte bedeutet. Mit knapp 10,67 Millionen Versicherten ist sie Deutschlands größter Krankenversicherer. Auch andere Branchengrößen wie die Barmer oder AOK Plus fordern teils deutlich mehr Beitrag.

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Diese finanzielle Situation könnte sich künftig noch verschärfen. Doch schon aufgrund der hohen Corona-Ausgaben -und der damit verbundenen Schulden- sieht Baas wenig Spielraum, Milliardensummen aus Steuermitteln in die Krankenversicherung zu pumpen. "Bleiben massive Kürzungen bei den Leistungen, höhere Zuzahlungen der Versicherten oder erneute verpflichtende Rabatte bei den Arzneimitteln", warnt der Krankenkassen-Manager.

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