Im November 2003 ging OpenBC an den Start, das heutige Xing. Als Online-Netzwerk für Berufstätige war die Zielgruppe klar. Wenige Jahre später folgte die strategische Entscheidung, sich auf den deutsch-sprachigen Markt zu fokussieren, wo bis heute mehr als 18 Millionen Mitglieder zu Xing fanden. Zur gleichen Zeit wurde in den USA LinkedIn gegründet, mit der gleichen Zielgruppe, aber damals völlig unbekannt in Deutschland. Die Wachstumsraten waren enorm. Heute ist LinkedIn mit ca. 700 Millionen Mitgliedern Marktführer weltweit – außer inDeutschland. Hier liegt LinkedIn mit ca. 14 Millionen Mitgliedern noch deutlich hinter der Konkurrenz.

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Es geht darum, welche Ziele der Nutzer mit welchem Netzwerk besser erreichen kann, und welche Zielgruppe er wo besser adressieren kann.

Martin Müller ist Mister Matching: Berater, Trainer und Redner für Social Networking und Kundengewinnung durch LinkedIn- und XING Marketing.www.mister-matching.de/Doch die Mitgliederzahl ist nicht alles. Es geht darum, welche Ziele der Nutzer mit welchem Netzwerk besser erreichen kann, und welche Zielgruppe er wo besser adressieren kann. Ich selbst wurde im Oktober 2003, kurz vor dem offiziellen Start, Mitglied bei Xing, damals noch OpenBC. Schnell erkannte ich, dass ein Online-Kontakt hilfreich ist. Allerdings ist ein persönliches Gespräch in vielen Fällen sinnvoller, um Vertrauen aufzubauen und das Gegenüber besser einschätzen zu können. Da es zeitlich nicht machbar war, alle neuen Kontakte zum gemeinsamen Kaffee persönlich zu treffen und Zoom-Calls damals noch nicht bekannt waren, habe ich im April 2004 begonnen, Networking-Events zu organisieren. Die ersten 70 Xing-Kontakte wurden eingeladen, 25 kamen. Und hier konnte man durch 25 erste Eindrücke und 25 getauschte Visitenkarten schnell erkennen, wie werthaltig die Beziehung sein kann.

2007 haben die Hamburger die Events professionalisiert, seitdem bin ich (ehrenamtlicher) Xing-Ambassador in Köln und veranstalte bis zu 30 Business-NetworkingEvents pro Jahr. Das Motto „Online finden – offline binden“ ist schon damals entstanden.

Parallel war ich vom ersten Tag an auch bei LinkedIn und bin dort sogar Anfang 2004 als einer der fünf TopUser in Deutschland in die US-Zentrale nach Mountain View eingeladen worden. Damals wollte LinkedIn schnell in Deutschland starten. Ein Ziel, das dann revidiert wurde und erst seit 2016 wieder im Fokus steht. Wir wurden natürlich befragt, weshalb uns Xing besser gefalle; ein Hinweis war das Profilfoto und kurz drauf startete LinkedIn auch mit Profilfotos … Ich habe aber in beide Portale gute Einblicke auch hinter die Kulissen, so dass ich in meinen Trainings und Beratungen immer sehr gut empfehlen kann, welches Portal für den Nutzer passender ist.

Die Gemeinsamkeiten und Unterschiede

Beide Portale haben vieles gemeinsam: die Zielgruppe Berufstätige und das persönliche Profil als „Online-Visitenkarte“. Selbst für Wenignutzer ist ein professionelles Profil existenziell, denn das Online-Profil auf Xing und LinkedIn ist ein Teil Ihrer wahrgenommenen Kompetenz. Jede neunte persönliche Empfehlung wird heute bei Google überprüft (Quelle: ProvenExpert.com). Und wenn

dann das Profil einen erstklassigen Eindruck macht, ist die Empfehlung so gut wie angenommen.

In der täglichen Arbeit fällt auf, dass in LinkedIn überwiegend Mitarbeiter und Führungskräfte internationaler Firmen zu finden sind – bis hin zu DAX-Vorständen und auch zahlreichen Vorständen deutscher Versicherungsgesellschaften. Wichtig bei der Beurteilung und Auswahl des richtigen Netzwerks ist die persönliche Zielgruppe:

  • Je höher ein Angestellter in der Unternehmenshierarchie angesiedelt ist, desto eher wird man ihn auf LinkedIn finden und desto eher wird er in LinkedIn aktiv sein.
  • Je internationaler ein Unternehmen oder eine Branche aufgestellt ist, desto relevanter wird LinkedIn als Online-Netzwerk.
  • Je ausgereifter der Digitalisierungsgrad der Firma oder der Branche ist, desto eher wird man Entscheider in LinkedIn kontaktieren können.

Wenn es also darum geht, Kontakt zu internationalen Führungsebenen von Konzernen zu knüpfen und mit diesen zu kommunizieren, dann ist LinkedIn die erste Wahl.

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Xing hingegen ist eher im Mittelstand und bei Einzelunternehmern die Nummer eins: 59 Prozent der Mitglieder arbeiten in Unternehmen bis 500 Mitarbeitern, 46 Prozent der Mitglieder arbeiten in leitenden Führungsebenen und 47 Prozent der Mitglieder verfügen über ein monatliches Nettoeinkommen von über 3.000 Euro (Quelle: Xing Mediadaten). Diese Zielgruppe ist für die Mehrheit der Finanzdienstleister in Deutschland ideal.

LinkedIn hat technische Vorteile

Technisch gibt es Unterschiede, die Xing oft konservativ und rückständig erscheinen lassen. So ist die HashtagMarkierung (#) noch nicht möglich. Das Verknüpfen von Personen, für die ein Artikel relevant sein kann, geht ebenfalls nicht. Und auch beim Hochladen von Videos ist LinkedIn im Vorteil. Wenn es also darum geht, Artikel zu platzieren und hohe Reichweite zu generieren, ist LinkedIn auch für Makler zu empfehlen.

Der dortige Algorithmus präferiert mittlerweile Artikel mit einer längeren Verweildauer von Lesern und wertet dieses Kriterium höher als Likes und Teilungen. Die Xing-Startseite wirkt mit den Quadraten eher statisch, obwohl ganz aktuell dort auch Artikel erscheinen von Kontakten zweiten Grades, die dort als relevant eingestuft werden. Xing ist hier auf dem 2. Platz, holt aber gerade auf.

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Kritiker behaupten, Xing sei kein Social-Media-Portal, sondern eine Online-Lebenslauf-Datenbank. Richtig ist, dass die berufliche Entwicklung mit Stellenanzeigen und dem Talentmanager als Hochleistungs-Tool für Headhunter (und Vertriebler) einen Fokus darstellt. Spätestens vor einem geplanten Berufswechsel melden sich die Nutzer bei Xing an. Wichtig ist aber auch die Fülle von Fach- und Regionalgruppen, die in dieser großen Auswahl bei LinkedIn so nicht findbar ist. Weiterbildung und fachlicher Austausch stehen hier an erster Stelle, umrahmt vom Bereich kuratierter News, die individuell abonniert werden können. Ein weiterer Vorteil ist die Nutzbarkeit des Xing-Event-Managers. Mit wenigen Klicks kann man Online- und Offline-Events einstellen und die eigenen Kontakte einladen. Oder aber man kann die Zielgruppe zukaufen und adressieren. Gerade wenn es darum geht, den eigenen Expertenstatus aufzubauen, ist es hilfreich, regelmäßig mit Events, Fachbeiträgen und anderen Impulsen im Netzwerk sichtbar zu sein. Vier Themen lassen sich mit XING verbinden: „Network, News, Jobs und Events“.

Gerade aus meiner Arbeit mit vielen Finanzvermittlern in der Vergangenheit kann ich berichten, dass besonders die Direktansprache von Zielpersonen bei Xing sehr gut funktioniert. Während die Resonanz bei 100 aktuellen Kontaktanfragen in die Zielgruppe bei LinkedIn und Xing ungefähr gleichauf liegt, ist die Resonanz im Nachgang bei Xing weitaus höher, wenn es um schriftliche Kommunikation, Telefonate und Eventteilnahmen geht. Hier beginnt der persönliche Kontakt, der in der Finanzbranche ausschlaggebend ist. Das LinkedIn-Event-Tool ist noch im rudimentären und kaum nutzbaren Zustand, soll aber bald weiterentwickelt und ausgerollt werden.

Deutlich angestiegen ist in der letzten Zeit der Anstieg von automatisierten Spam-Nachrichten und Kontaktanfragen über LinkedIn. Xing ist hier weitaus weniger betroffen. Wird es doch von vielen Nutzern zumindest als eine sich selbst aktualisierende Visitenkartensammlung genutzt und bietet erstklassige Potentiale in der Direktansprache von Entscheidern. LinkedIn ähnelt in der Gesamterscheinung eher Facebook.

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Zusammenfassend haben beide Portale Vor- und Nachteile. Ich selbst empfehle für den Versicherungsvertrieb das Portal Xing, weil die Zielgruppe vorhanden und einfach anzusprechen ist. Rein innovativ ist LinkedIn in führender Position und hat aufgrund der Größe und Finanzkraft als Teil des Microsoft-Konzerns auch mehr Wachstumsmöglichkeiten. Die Zeit wird zeigen, ob Xing in Deutschland seinen Vorsprung halten kann oder eher unbedeutend wird. Wichtig bleibt eins: Erfolgreich können Vermittler in beiden Portalen wie im richtigen Leben nur sein durch die richtige AKTIVITÄT.

Hinweis: Der Text erschien zuerst im Versicherungsbote Fachmagazin

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