In Deutschland wird die Zahl der Menschen in ambulanter oder stationärer Pflege in den kommenden zehn Jahren voraussichtlich auf rund 3,5 Millionen wachsen, darunter eine hohe Zahl von Demenzkranken. Klar ist, dass die Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung keinesfalls ausreichen werden. Bei hohen Pflegegraden wird die Rente zusätzlich aufgebraucht. So wird mancher Senior selbst nach einer lückenlosen Erwerbsbiografie zum Sozialfall. Die Versicherungswirtschaft, die stets auf die Notwendigkeit einer ergänzenden Altersversorgung hinweist, tut sich mit der privaten Pflegerente schwer. Das zeigt eine aktuelle Studie der infinma Institut für Finanz-Markt-Analyse GmbH.

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Stärkungsgesetz brachte keinen Durchbruch

Das Zweite Pflegestärkungsgesetz (PSG II) ist seit drei Jahren in Kraft. Für infinma war das Anlass, die Analyse der Marktstandards aus dem Jahr 2015 zu aktualisieren. Das ernüchternde Ergebnis: Von zwanzig Versicherern, die vor fünf Jahren noch 61 Tarife im Angebot hatten, sind nur noch neun Unternehmen und 39 Tarife übrig. Würde man Überschneidungen bei den Lebensversicherern herausrechnen, würde die Zahl weiter schrumpfen.

18 Bewertungskriterien

Ziel der Studie ist, die am Marktstandards in den Versicherungsbedingungen herauszuarbeiten und damit Kunden und ungebundenen Vermittlern einen konkreten Anhaltspunkt zum Produktvergleich zu bieten. Dabei wird die am häufigsten anzutreffende Ausprägung als Marktstandard definiert. Wie auf einer Checkliste lässt sich abhaken, ob ein bestimmtes Angebot dem entsprechenden Kriterium genügt:

  • Meldefristen für Pflegebedürftigkeit
  • Befristetes Anerkenntnis einer Pflegebedürftigkeit
  • ADL (Activities of Daily Living = Tätigkeiten des täglichen Lebens) als Leistungsauslöser
  • Gesetzliche Pflegegrade als Leistungsauslöser
  • Nachweis von Pflegebedürftigkeit auch wegen Demenz
  • Prognosezeitraum für Pflegebedürftigkeit
  • Rückwirkende Leistung
  • Leistungsbeginn
  • Meldepflichten bei Änderungen der Pflegebedürftigkeit
  • Leistungsdynamik zur Anpassung der Pflegerente an ein geändertes Preisniveau
  • Leistungsgarantie nach längerem Rentenbezug
  • Untersuchungen im Ausland
  • Leistungen im Ausland
  • Wiedereingliederungshilfe
  • Nachversicherungsmöglichkeit ohne besonderen Anlass
  • Umstellungsoption bei Gesetzesänderungen
  • Beitragsstundung bei Zahlungsschwierigkeiten
  • Beitragsstundung nach Leistungsmeldung

Auf eine Gewichtung wird bewusst verzichtet. Ein Defizit in einem Merkmal kann also nicht durch eine besonders kundenfreundliche Regelung an anderer Stelle kompensiert werden.

Auslandsrente bleibt die Ausnahme

Bei vielen Kriterien liegt das Anbieterfeld dicht beieinander. So sind ein Prognosezeitraum von sechs Monaten und eine ebenso lange rückwirkende Leistung einheitlich, ein Leistungsantrag auf Basis ADL ist in 37 von 39 Tarifen zulässig. Unterschiede gibt es im Detail: 17 von 39 Tarifen starten die Rente im Monat der Pflegebedürftigkeit, 22 aber erst im Folgemonat. Sehr differenziert stellt sich das Bild bei der Leistungsgarantie dar. Acht Tarife kennen diese Option gar nicht. Markstandard in 17 Tarifen ist eine lebenslange Rente nach 24 Monaten ununterbrochener Pflegerentenzahlung in Pflegegrad 4 oder 5 sowie eine Beitragsbefreiung bereits nach zwölf Monaten.

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Unzufrieden sind die Tester mit den Leistungen der Pflegerentenversicherung im Ausland. In der EU ist vielfach noch alles in Ordnung. Wer seinen Lebensabend in anderen Staaten verbringen möchte, muss sich aber bei 85 Prozent der Tarife auf Einschränkungen gefasst machen. Auch würden bei etwa 74 Prozent der Produkte die anfallenden Reise- bzw. Übernachtungskosten für die Untersuchung in der EU nicht übernommen. Dr. Jörg Schulz, Geschäftsführer der infinma GmbH, weist in diesem Zusammenhang auf den Brexit hin. Auch Altersruhesitze in Norwegen, der Schweiz oder in den USA sind heute nicht mehr so exotisch wie noch vor einer Generation.

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